Kolumne

"Sinnvoll muss nicht sinnvoll sein"

27.06.2003
Jan-Bernd Meyer Redakteur CW

Die Heftigkeit, mit der Oracle, Peoplesoft und J.D. Edwards (JDE) im Fusionspoker aneinander geraten und sich in der Öffentlichkeit bekriegen, lässt nichts Gutes für Kunden und Mitarbeiter der drei Unternehmen erwarten. Man fragt sich, wie zusammengeschlossene Firmen und deren Angestellte als Einheit auftreten wollen, wenn sie sich bereits vor der Ehe gedemütigt und mit wechselseitigen Klagen überzogen haben.

Was aber gilt es jenseits der emotionalen Ebene zu bedenken? Ursprüngliche Verlautbarungen von Oracle ließen für die Peoplesoft-Produkte Schlimmstes befürchten. Oracle stellte in Aussicht, alle übernommenen Kunden auf seine E-Business-Suite zu überführen. Diese hemdsärmlige Art stieß allgemein auf Unverständnis. Prompt ruderte Oracle zurück. Alles ist nun doch anders, kein Peoplesoft-Kunde müsse auf Oracle-Anwendungen wechseln, die Peoplesoft-Produkte werden bis in das nächste Jahrzehnt hinein unterstützt. Schlecht ist solcher Stil allemal.

Wird nun alles gut? Nun, zur Zukunft der JDE-Produkte äußert sich Larry Ellison nicht in großformatigen Zeitungsannoncen. Dabei dürfte der Oracle-Chef sich mit einer feindlichen Übernahme hier ziemlich sicher ein Problem einhandeln. Peoplesoft und JDE werden mit Hochdruck ihre Firmenverschmelzung betreiben - insbesondere jetzt, da sie das Plazet der Aktionäre nicht mehr abwarten müssen. Oracle sähe sich so mit den Produkten zweier Firmen konfrontiert, die es zu konsolidieren gälte - und die jede Menge Überschneidungen zu Oracles Angebot aufweisen.

Peoplesoft-Anwender müssen ferner zur Kenntnis nehmen, dass Oracle in seiner Produktstrategie ähnlich verfährt wie Microsoft oder Sun: Auch Ellison will seine Kunden an sich binden, indem die Oracle-Anwendungen mit den Infrastrukturprodukten wie Datenbank, Application Server und Entwicklungs-Tools verkettet werden. Selbst wenn Oracle die Entwicklung und Pflege der übernommenen Produkte garantiert, stellt sich doch die Frage, wie sicher die Investitionen der hinzugewonnenen Kunden in ihre IT-Infrastruktur sein werden.

Betriebswirtschaftlich könnte die feindliche Übernahme von Peoplesoft für Oracle Sinn geben. Das weltweit zweitgrößte Softwarehaus bietet zwar - momentan - 6,3 Milliarden Dollar, würde aber im Gegenzug neben Kunden und Produkten mindestens zwei Milliarden Dollar an Barvermögen von Peoplesoft zurückbekommen. Für Mitarbeiter und Kunden jedoch steht der Deal unter keinem guten Stern. Aber vielleicht behält Peoplesoft ja Recht, und die Justizminister verschiedener US-Bundesstaaten wie Texas und Kalifornien setzen sich mit ihren in Aussicht gestellten Kartellrechtsklagen gegen Oracle durch. Dann hat Ellison den Platzhirsch gegeben - und nichts ist gewesen.