Erfolgsfaktoren der Ideenfindung

Sind Tüftler Bremser und Visionäre Spinner?

22.12.2010
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Persönliche Gespräche unverzichtbar

Möglichkeit 2: Tüftler mit verschiedenem Background mischen

Manchmal fehlt diese wechselseitige Wertschätzung. Dann sollten Sie die Tüftler und Visionäre keinesfalls gemeinsam in einen Raum sperren. Sie kratzen sich, bildhaft gesprochen, nur die Augen aus. Zielführender ist es in solchen Situationen, Tüftler mit Tüftlern zu mischen - jedoch Tüftler mit einer unterschiedlichen Kompetenz und einem unterschiedlichen Erfahrungshintergrund.

Zurück zum Beispiel: Sie möchten als Autoindustriezulieferer ein neues, interaktives Cockpit entwickeln. Dann können Sie Tüftler aus Ihrer Organisation mit Tüftlern aus anderen Branchen mixen. Etwa mit Tüftlern aus dem Mobilfunkbereich. Und mit Tüftlern aus dem Bereich der Geldautomatenentwicklung. Und mit Tüftlern .... Sie merken: Sie müssen die Tüftler gezielt auswählen. Fragen Sie sich: Welche Kompetenzen benötigen wir im Workshop? Wo finde ich solche Experten? Wie bringe ich sie zusammen? Und: Wie schaffe ich es, dass sie sich verstehen? Denn die Tüftler bei einer Softwareschmiede oder bei einem Mobilfunker sprechen möglicherweise ein anderes Fachchinesisch als Ihre Tüftler. Also lautet eine zentrale Frage: Verstehen sich diese Experten überhaupt, wenn der eine von modernen Algorithmen und der andere von Kunststoffkrümmungsgraden spricht?

Fragen Sie sich als Organisator des Workshops, bevor Sie über dessen personelle Zusammensetzung entscheiden: Welchen Charakter haben die Ideen, die wir suchen? Geht es eher um das Entwickeln neuer Problemlösetechniken oder von Zukunftsvisionen? Wenn Sie den Ideencharakter sauber bestimmen, fällt es Ihnen leichter, die Frage zu beantworten: Wer sollte am Workshop teilnehmen?

Doch Vorsicht! Wählen Sie Teilnehmer nicht allein anhand ihrer Profession oder ihrer Funktion im Unternehmen aus. Führen Sie mit den Kandidaten persönliche Gespräche. Denn oft führen gerade berufliche und private Erfahrungen einzelner Teilnehmer, die zuvor niemand auf dem Monitor hatte, bei der Ideensuche zum entscheidenden Durchbruch. Ich habe in Kreativ-Workshops oft erlebt, dass die alles entscheidende Anregung von einem Teilnehmer mit einem Hobby kam, das zuvor keiner kannte - und das in keiner Personalakte stand.

So zeigte sich zum Beispiel bei einem Workshop zur allgemeinen Überraschung: Ein Teilnehmer ist privat sehr aktiv in einer Open-Source-Internet-Community war und programmiert mit anderen Community-Mitgliedern entsprechende Softwarelösungen. Und genau deshalb hatte er die zündende Idee. In einem anderen Workshop bei einem Kosmetikhersteller hatte eine Teilnehmerin die Erfolgsidee, die zuvor jahrelang für einen Medizintechnik-Produzenten gearbeitet hatte. Warum? Als es um die Form einer neuen Kosmetikbürste ging, musste sie an das Medizin-besteck ihres alten Arbeitgebers denken. Und schwups ...

Nehmen Sie sich also, bevor Sie die Teilnehmer eines Kreativ-Workshops bestimmen, Zeit, die Kandidaten kennen zu lernen - damit Sie ein Gespür dafür entwickeln, welchen "Mehrwert" diese eventuell einbringen könnten.