Software-Präzedenz-Fall vor dem US-Supreme Court

Sind Programme patentierbar?

25.07.1975

NEW YORK - Um die Frage, ob ein Anwendungspaket aus einem Universal-Rechner eine neue Maschine macht, geht es in einem zweiten Rechtsstreit zur Frage der Patentierbarkeit von Software, mit dem sich der Supreme Court beschäftigt.

Wenn das höchste US-Gericht diese Frage mit "ja" beantwortet, dann ist damit rechtskräftig, daß ein Programm des Software-Spezialisten Thomas R. Johnston zur automatischen Auswertung von Bankbelegen patentrechtlich geschützt werden kann.

Das hohe Gericht hatte sich bereits im Jahre 1972 erstmals mit dieser Grundsatzfrage beschäftigt und damals entschieden, daß ein Code-Umsetzungsprogramm, das in den Bell-Forschungslaboratorien von den Ingenieuren Garry Benson und Arthur Tabbot entwickelt wurde, nicht patentierbar sei - Begründung: Es handele sich lediglich um eine Idee.

Ablehnung beim Patentamt

Genau wie im Johnston-Fall war über den Patentantrag der Bell-Wissenschaftler zunächst vom US-Patentamt abgelehnt worden. Die Revisions-lnstanz des "Court of Customs and Patents Appeals" gab jedoch den Anträgen statt. Die Sachlage ist allerdings in beiden Fällen unterschiedlich: Bensons und Tabbots System ist ein allgemeingültiger mathematischer Algorhythmus, während das Bankprogramm von Johnston eine individuelle Anwendungs-Lösung darstellt. Mit der Entscheidung durch den Supreme Court im ersten Problem-Fall 1972 wurde jedoch nicht ein für alle Mal ausgeschlossen, daß Software patentiert werden kann. Das Urteil von Richter William O. Dougtas läßt zukünftigen Antragstellern viele Wege offen. Patentierbar könne nämlich - wie Douglas in der Urteilsbegründung ausführte - alles sein, was Teil einer Maschine oder eines Apparates ist, oder doch zumindest bewirke, daß Bestandteile von Werkzeugen oder Geräten ihren Zustand ändern.

Das US-Patentgericht hatte im Johnston-Fall den Standpunkt vertreten, daß ein Anwendungsprogramm in Verbindung mit einem bestimmten Rechner diesen zu einem Spezialwerkzeug und damit zu einer ganz neuen Maschine mache. Den vorliegenden Tatbestand - so entschied das Gericht - erfülle das System Johnstons. Mit der Anrufung des obersten Gerichtes hat der Staatsanwalt, der das Patentministerium vertritt allerdings eine scharfe Gegenposition bezogen: auch die Banken-Software von Johnston sei weder Apparat noch Maschine, sondern eine gedankliche Konzeption, die nun einmal nicht patentierbar sei. Dieser Ansicht hat sich auch die US-Hersteller-Lobby "Computer & Business Equipment Manufacturers Association" (CBEMA) in einem "friend of the court statement" angeschlossen. Sie befürchtet schwerwiegende Konsequenzen für den freien Wettbewerb in der gesamten Computerindustrie, wenn von Anwendern geschribene Software-Programme patentrechtlich geschützt werden können- eine Haltung, die bei der Interessenlage der Hardware-Produzenten nur zu verständlich ist.