MWC2012

Sierra Wireless warnt vor LTE-Kinderkrankheiten

01.03.2012
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Ein pfiffiges LTE-Device stellte Sierra Wireless auf dem MWC vor: Den 4G LTE Mobile Hotspot AirCard 76xS. Unterwegs als mobiler Hotspot eingesetzt, lässt sich das Gerät zuhause oder im Office mit Hilfe des AirCard Hub als Router nutzen.
Der mobile Hotspot AirCard 76xS von Sierra.
Der mobile Hotspot AirCard 76xS von Sierra.
Foto: Sierra Wireless

Kleine mobile Hotspots, die mehreren Nutzern per WLAN einen Netzzugang per HSPA oder LTE bereitstellen, waren in den letzten Jahren primär eine Domäne der beiden chinesischen Hersteller Huawei und LTE. Mit der AirCard 76xS hat Sierra nun einen mobilen Hotspot vorgestellt, der der Konkurrenz auf Fernost den Schneid abkaufen könnte. Das beginnt bereits beim Äußeren: So vermittelt die weiche Kunststoffoberfläche einen wertigen Eindruck, der zudem von zwei externen Antennenanschlüssen unterstrichen wird. Ein Feature, das gerade bei günstigeren Modellen häufig fehlt. Den ersten positiven Eindruck rundet das 1,7 Zoll große Display auf der Vorderseite ab. Es informiert über Empfangsstatus, SSID etc. in Form von informativen Textmitteilungen.

Mit dem serienmäßigen Akku, der leicht von außen zu wechseln ist, erreicht das Gerät eine Laufzeit von bis zu 5 Stunden. Mit Hilfe eines größeren Akkus, der dicker ist, sind Betriebszeiten von bis zu zehn Stunden erzielbar. Der Clou ist jedoch der optional erhältliche AirCard Hub. Wird dieser als "Dockingstation" genutzt, verwandelt sich der Mobile Hotspot zum Office oder Home Gateway, das als Router fungiert. Dabei verfügt der Hub über einen integrierten Ethernet Switch sowie USB-Anschlüsse, um bis zu 22 Devices mit einem LTE-Breitbandzugang zu versorgen.

LTE noch immer in den Kinderschuhen

Auch von seinen inneren Werten her muss sich der Mobile Hotspot nicht verstecken: Im Gegensatz zur Konkurrenz aus Fernost, die im mobilen Einsatz häufig nur bis zu fünf Geräten einen Breitbandzugang ermöglicht, unterstützt Sierra bis zu zehn Devices. Im LTE-Betrieb unter Praxisbedingungen habe das Gerät, so Andrew Green, Vice President Mobile Computing bei Sierra Wireless, Transferraten von bis zu 92 Mbit/s bewältigt. Allerdings warnt Green die User vor zu hohen Erwartungen: "LTE steckt noch immer in den Kinderschuhen".

So müssten die Geräte etwa von Land zu Land an die spezifischen Konfigurationen der Carrier-Netze angepasst werden. Ein Anpassungsprozess, der schwieriger denn je sei, da das Signaling innerhalb der LTE-Netze sehr komplex sei und der Standard Raum für Interpretationen lasse. Schlecht abgestimmte Devices könnten dabei ein LTE-Netz schnell lahmlegen, da die wiederholte Übertragung von Daten für mehr Noise im sorge und so die anderen Teilnehmer ausbremse. Erschwerend käme hinzu, dass solche Geräte mehr Power seitens der Sendestation benötigten, die dann anderen Usern fehle.

LTE noch ohne Daten-Roaming

Eine andere Herausforderung sind die unterschiedlichen Frequenzen in den LTE-Netzen. "Ein einfaches Daten-Roaming, wie wir es von UMTS kennen", so Green, "ist derzeit nicht möglich." Bis echtes Multiband-Equipment für LTE verfügbar sei, werde es noch einige Zeit dauern, zumal in vielen Ländern noch neue LTE-Funkfrequenzen vergeben werde.

Deshalb rät der Manager Geschäftsreisenden auch davon ab, einfach von einem Business-Trip ein LTE-Tablet oder -Notebook mitzubringen: "Die Wahrscheinlichkeit, dass sie es dann in ihrem Heimatland nicht nutzen können, ist sehr hoch". Auch von der Idee, die Funkfrequenzen dann einfach per Software-Manipulation anzupassen, hält er nicht viel. Schließlich basiere das LTE-Design auf dem MIMO-Prinzip, das nur mit entsprechend abgestimmten Antennen seine Vorteile ausspielen könne.

Mit Blick auf Letzteres empfiehlt Green auch einen vorsichtigen Umgang mit externen Antennen. Unter mittelmäßigen bis guten Empfangsbedingungen werde der optimale Datendurchsatz in der Regel von den im Gerät eingebauten Antennen erzielt. Ob diese etwas taugen, kann der User zumindest erahnen, wenn er einen Ratschlag von Green beachtet: "Je niedriger die LTE-Frequenzen sind, etwa 700 oder 800 Mhz, desto länger müssen die Antennen sein."

Das Gerätedesign

Ohne Mobilfunkvertrag kostet der Hotspot zwischen 120 und 150 Dollar. Für den Router-Hub sind ebenfalls noch mal 150 Dollar fällig.
Ohne Mobilfunkvertrag kostet der Hotspot zwischen 120 und 150 Dollar. Für den Router-Hub sind ebenfalls noch mal 150 Dollar fällig.
Foto: Sierra Wireless

Diese physikalischen Grundbedingungen haben direkte Auswirkungen auf das Gerätedesign: Um entsprechende Antennen für niedrige Frequenzen zu verbauen, benötigen die LTE-Devices eine gewisse Mindestgröße und selbst die Gehäusebreite habe Auswirkungen auf die Empfangsqualität. Damit MIMO seine Vorteile ausspielen kann, benötigen die Antennen einen gewissen Mindestabstand voneinander. In besonders schmalen Gehäusen ist dieser jedoch kaum zu erzielen.

Für Anwender die angesichts dieser Unwägbarkeiten an LTE zweifeln, hat Green ein Trostpflaster parat: "Im Fallbackmodus beherrscht unser Mobile Hotspot mit HSPA+ Transferraten von bis zu 42 Mbit/s." Allerdings hat Sierras Technik ihren Preis: Ohne Mobilfunkvertrag kostet der Hotspot zwischen 120 und 150 Dollar. Für den Router-Hub sind ebenfalls noch mal 150 Dollar fällig.