3090-Serie ergänzt 308X-Familie - Quattro-Modell 400 erst Mitte 1987:

Sierra-Ankündigung vertröstet IBM-Großkunden

22.02.1985

STUTTGART (cmd) - Mit einem selten umfangreichen Announcement im Hard- und Softwarebereich überschüttete Big Blue Anwender und Marktbeobachter dieses Mal geradezu: Die Ankündigung umfaßt unter anderem - "als Ergänzung der 308X-Familie im oberen Leistungsbereich" (O-Ton IBM) - die zwei neuen Prozessor-Modelle 3090-200 und 3090-400, in denen erstmals 288-KBit-Chips verwendet werden, sowie neue VM-Produkte für die 4361 und 4381. Zudem erlaubt das neue Benutzersystem IX/370, das unter VM/SP läuft. Unix-System-V-Anwendungen auf Rechnern von Big Blue zu fahren (siehe auch Seite 4).

Im Vorfeld des Announcements war am meisten über die neuen Großrechner von IBM spekuliert und diskutiert worden (Stichwort "Sierra"). Angekündigt wurden jetzt zwei Versionen, nämlich die 3090 Modell 200 mit zwei Zentralprozessoren (Verfügbarkeit: November dieses Jahres) sowie die 3090 Modell 400 mit vier Zentralprozessoren (Verfügbarkeit: zweites Quartal 1987) mit jeweils 18,5 Nanosekunden Zykluszeit. Beide Rechner unterstützen wie die 308X-Familie die /370- und /37O/XA-Architekturen und können unter den Betriebssystemen MVS/370, MVS/XA, VM/HPO und gegebenenfalls unter der neuen Funktion VM/XA Systems Facility (SF) betrieben werden.

Wie bei der 308X-Familie findet bei den 3090-Modellen die TCM-Packungstechnik Verwendung; neu dagegen ist der erstmalige Einsatz von 288-KBit-Speicherchips sowie von bipolaren Logikchips in ECL-Technik (Emitter Coupled Logic).

Das kleinere, dyadische Modell 200 ist von der Leistung her mit der 3084 Q vergleichbar (siehe Abbildung) und hat einen Zentralspeicher von 64 MB sowie einen Erweiterungsspeicher von 64 oder 128 MB für Paging und Swapping. Dadurch - so die IBM Deutschland GmbH bei der Ankündigung - sei das automatische Auslagern und Einlesen von Seiten mit einer erheblich höheren Geschwindigkeit als bei dem Zugriff auf Magnetplatten möglich. Die 32, 40 oder 48 Kanäle erlauben jeweils eine Datenübertragungsrate bis zu 3 MB pro Sekunde. Die interne Durchsatzrate der 3090 Modell 200 beträgt nach Angaben von IBM bei kaufmännischen Anwendungen das 1,7- bis 1,9fache, bei technisch-wissenschaftlichen Anwendungen aufgrund der verbesserten Gleitkomma-Arithmetik das 1,9- bis 2,9fache des ebenfalls dyadischen Rechners 3081 KX. In der größten Ausbaustufe kostet die kleine 3090-CPU 15 568 290 Mark und mit Erweiterungsspeicher rund 17 Millionen Mark, jeweils ohne Mehrwertsteuer.

Das Modell 400, das beim Kunden -aus dem Modell 200 aufgerüstet wird, verfügt über einen Zentralspeicher von 128 MB, einen Erweiterungsspeicher von maximal 2S6 MB sowie über höchstens 96 Kanäle. Der Aufrüstpreis liegt bei 13 521 990 Mark (ohne Mehrwertsteuer). Gegenüber dem kleineren Rechner erwartet sich Big Blue einen 1,7- bis 1,9fachen Instruktionsdurchsatz von der 3090-400. Den außergewöhnlich langen Zeitraum zwischen Ankündigung und Verfügbarkeit kommentiert IBM dahingehend, daß man so den Kunden einen "etwas längeren Planungszeitraum" gebe.

Für die 308X-Familie wie für die beiden neuen Prozessoren kündigte IBM außerdem ein ganzes Bündel neuer Softwarekomponenten an:

Extended Recovery Facility (XRF) ist eine neue Funktion im MVS/XA und ermöglicht, doppelt vorhandene kritische Systemelemente sowie neue Funktionen beim VTAM/NCP und IMS Version 2 zu nutzen. Verfügbarkeit: zweites Quartal 1986.

VM/XA Systems Facility (SF), eine Weiterentwicklung des VM/XA Migration Aids, ergänzt die MVS/XA-Systemmöglichkeiten. Zum einen unterstützt es die Umstellung auf MVS/XA, zum anderen kann damit bei Dual- und dyadischen Prozessoren die Gesamtleistung einzelnen, isoliert voneinander betriebenen Gastsystemen zugeordnet werden. Zusammen mit der neuen Systemfunktion Start Interpretative Execution (SIE) Assist besteht IBM zufolge ein nur geringer Leistungsunterschied gegenüber einem Prozessor-Direktbetrieb.

Das neue MVS/XA-Release SP 2.1.3 ist ab sofort verfügbar und enthält unter anderem verbesserte Recovery-Funktionen mit einem erhöhten Level von Speicherkorrektur bis zu zwei Kilometer vom Rechner entfernten Bildschirmen, Druckern oder anderer Peripherie gegenüber einer bisherigen Entfernung von 60 beziehungsweise 120 Metern. Sie kostet 27 400 Mark und ist ab dem dritten Quartal dieses Jahres verfügbar.

Der neue Seitendrucker 3820 ist für Benutzer gedacht, die keinen lokalen Anschluß an einen Zentral- oder Abteilungsrechner haben. Die Merkmale des 3800-kompatiblen Laserdruckers: Rasterpunkt-Architektur, Einzelblattverarbeitung mit Vorder- und Rückseitendruck, Leistung maximal 20 Seiten pro Minute. Der Drucker kommt im September auf den Markt und kostet 86 500 Mark (ohne Mehrwertsteuer).

Die neue ASCII-Steuereinheit 7 mit Kanalanschluß ermöglicht die Kommunikation mit Voll-Duplex-ASCII-Datenstationen und wird softwaremäßig wie eine lokale Bildschirm-Steuereinheit 3274-D unterstützt. Die Steuereinheit ist vom zweiten Quartal dieses Jahres an verfügbar und kostet 47 740 Mark (ohne Mehrwertsteuer). und -erneuerung, um Systemausfälle durch Speicherfehler zu minimieren. Die neuen Releases JES2 2.1.5 und JES3 2.1.5 nutzen nun ebenfalls die 31-Bit-Adressierung und sind ab Herbst dieses Jahres verfügbar.

Engagement im T/W-Bereich ausgeweitet

Besonders breiten Raum nehmen in der jüngsten Big-Blue-Ankündigung auch neue Hard- und Softwareprodukte für die Bereiche Benutzersysteme beziehungsweise technischwissenschaftliche Anwendungen ein. Für die 4361-Modelle 4 und 5 senkt Big Blue zudem die Preise um rund zehn Prozent.

Die neue Kanalverlängerungseinheit 3044, die Glasfaserkabel verwendet, erlaubt den Anschluß von

Das interaktive Benutzersystem IX/370 für Multi-User- und Multi-Tasking-Betrieb erlaubt die Nutzung von Unix-Funktionen auf IBM-Systemen. Es basiert auf dem Unix-System V, Release 2, unterstützt die meisten von dessen Funktionen und enthält zusätzliche Erweiterungen von IBM. Ein Serie/ 1-Rechner mit entsprechender Software ermöglicht den Anschluß von ASCII-Datenstationen, so daß Unix-Anwender auch die /370-Architektur und VM nutzen können. Unter anderem können mehrere IX/370-Subsysteme zu einem Mastersystem und mehrere IX-Mastersysteme unter einem VM-System integriert werden. Zudem wird damit das virtuelle Speicherkonzept unterstützt und auf Datei- und Satzebene erweiterter Zugriffsschutz implementiert. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Kommunikation zwischen IX/370, PC IX, PC Xenix und gegebenenfalls anderen Unix-Systemen. IX/370 ist nach eigenem Bekunden der IBM "kein strategisches Produkt". Man wolle damit lediglich das Anwendungsspektrum für die /370 erweitern. Statement zum Thema Unix-System V: "Wir gehen unseren eigenen Weg."

Das IBM-Anwendungssystem für die individuelle Datenverarbeitung steht mit dem neuen MVS/AS für MVS/SP jetzt auch für MVS zur Verfügung (Auslieferung ab Dezember dieses Jahres). Außerdem erklärt Big Blue seine Absicht, unter anderem eine Schnittstelle zu relationalen Datenbanken zu entwickeln, intelligente Workstations zu unterstützen sowie eine Version für MVS/XA zu entwickeln.

An Benutzer, die VM auf einer 4361 oder 4381 einsetzen wollen - insbesondere im technisch-wissenschaftlichen Bereich - , richtet sich das neue VM/Entry: ein funktionsfähiges VM-System auf der Basis von VM/SP mit allen CMS-Funktionen.

Das Engineering/Scientific Support System (E/S3) ist ein vorgeneriertes System auf VM-Basis mit Anwendungsprogrammen und Dialogstrukturen. Es bietet dem Benutzer eine interaktive Lösung für das Schreiben von Berichten, die Erledigung von Verwaltungsaufgaben sowie die Verwendung etlicher IBM- und Nicht-IBM-Softwarepaketen.

Das neue E/S3-Entry stützt sich auf das VM/Entry und enthält darüber hinaus eine Netz-Unterstützung, Fortran-Programmentwicklungshilfen sowie eine Auswahl von Programmen für Ingenieure und Wissenschaftler.

Um bei technisch-wissenschaftlichen Anwendungen die Vorteile der Parallelverarbeitung nutzen zu können, wurde die "VS Fortran Program Multitasking Facility" für MVS/XA und MVS (3Q84, 3081, 4381-3, 3090) entwickelt. Nach Angaben von IBM haben Messungen ergeben, daß die Durchlaufzeit von Programmen mit einer Parallelität von 83 bis 93 Prozent um den Faktor 1,7 bis 1,8 bei dualen oder dyadischen Prozessoren und um den Faktor 2,6 bis 3,3 bei Vierwegprozessoren verbessert werden konnte.