Telekommunikationsriesen stecken Claims ab

Siemens will über GTE US-Präsenz verstärken

26.07.1985

MÜNCHEN/NEW YORK (bi) - Die Siemens AG will ihre Präsenz im US-amerikanischen Telekommunikationsmarkt ausbauen. Im Zusammenhang mit "Spekulationen" (O-Ton München) des Wall Street Journals über weltreichende Kooperationen zwischen den expansiven Bayern und der General Telephone and Electric Corp. (GTE) bestätigte man in München indes nur "Verhandlungen".

GTE verfügt über eine ähnliche Struktur wie die AT&T vor ihrer Deregulierung; ihr Marktanteil wird auf derzeit 8 Prozent beziffert. Insgesamt zirka 20 regionale und überregionale Telefongesellschaften kontrolliert die Nummer drei im nordamerikanischen Telekommunikationssektor. Nummer zwei, die MCI Communications Corp., wurde kürzlich - vorbehaltlich der Zustimmung der US-Behörden - zu 16 Prozent von IBM übernommen (vergleiche CW Nr. 27/85). Analysten sehen den Zug der beiden Großunternehmen zunächst einmal als eine Reaktion (für die Öffentlichkeit) auf den Deal der IBM in Sachen MCI. Auch könnten beide Konzerne von den kontinentübergreifenden Märkten des Partners partizipieren. Neben Marketingvorteilen sehen die US-Watcher jedoch auch Gemeinsamkeiten für eine künftige Produktforschung und -entwicklung im Hinblick auf Value Added Networks (VAN). Die Pluspunkte der Deutschen könnten in erster Linie in einer breiteren Vertriebsbasis liegen, für GTE jedoch in zusätzlichem technischen Know-how, speziell im Bereich Bürokommunikation. Diese Aussagen stammen von Michael Kennedy, einem Mitarbeiter des der IBM nahestehenden Marktforschungsunternehmens Gartner Group.

Für Siemens wäre eine Zusammenarbeit mit GTE ein weiteres Standbein im US-Tele-Markt. Eingeführt sind die Deutschen bereits mit digitalen Nebenstellenanlagen sowie Paketvermittlungssystemen.

Die amerikanische Siemens-Tochter Databit Incorporated hat für die Western Union Telegraph Corp., kurz "Wutco", bereits 1982 das Paketvermittlungssystem EDX-P aufgebaut.

Dieses auch für Mehrwertdienste, die sogenannten VANs, konzipierte Wutco-Netz umfaßt nach Angaben aus dem Hause Siemens derzeit 26 Netzknoten in EDX-P-Technik, die in 17 großen Städten installiert wurden. Mehrere Service-Rechner bieten Mehrwertdienste, so zum Beispiel Trade Support Service, Information Service sowie einen "Easylink"-Service für den Verkehr von inkompatiblen Terminals.

Die auf die amerikanischen Netzgegebenheiten (56 KBit/s) ausgelegten Netzknoten enthalten von der Siemens-Tochter neuentwickelte Netzprozessoren, mit den Funktionen der Paketierung und Depaketierung (PAD) und nach der CCITT-Empfehlung X.3 und eines X.25-Konzentrators. Auch Zusatzequipment für Sprachkanäle werde von Siemens und Databit bereitgestellt. Als wesentlichen Vorteil US-Produkten gegenüber stellen die Siemens-Leute die von CCITT standardisierte Schnittstelle X.75 zwischen den Netzknoten dar. Das gesamte Netz könne In allen Hierarchiestufen durch eine gemeinsame, zentrale Netzverwaltung bedient werden.

Bis zum Mai dieses Jahres, so eine Kundeninformation aus München, haben die Siemens-US-Ableger in 12 von 22 Bell-Betriebsgesellschaften interne Betriebsnetze mit EDX-P-Rechnern installiert. Darüber hinaus habe Siemens/Databit Auftrage über fünf weitere private Datenpaketvermittlungsnetze in den USA erhalten, unter anderem von der Boeing Computer Services.