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Siemens will Hardwaregeschäft in Joint-venture mit Fujitsu einbringen

16.06.1999
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Update: Bevor die Siemens AG heute um elf Uhr in Bonn Stellung zur geplanten Kooperation mit Fujitsu nimmt, hat die COMPUTERWOCHE weitere Details erfahren. Nach Informationen von Meta-Group-Analyst Luis Praxmarer wird das neue Unternehmen Fujitsu Siemens Computers heißen und zum 1. Oktober 1999 mit Sitz in den Niederlanden und rund 9600 Beschäftigten an den Start gehen.

Es wird ein Joint-venture mit 50/50-Beteiligung von Siemens und Fujitsu geben. Die Kooperation wird nur Fujitsu Europa und den Siemens-Bereich Computer Systems (siehe unten) betreffen. Es wird keinen "Golden share" geben, der Aufsichtsrat der Neugründung wird paritätisch besetzt.

Sämtliche bisherigen Produktstrategien von Siemens - PC, NT, Intel und Solaris, BS2000 - sollen weiterhin Gültigkeit haben.

Bei der offiziellen Ankündigung handelt es sich zunächst nur um ein "Memorandum of Understanding" - die Einzelheiten müssen erst noch ausgearbeitet werden.

Der Servicebereich von Siemens, ITS, und Siemens Business Systems (SBS) sind von dieser Entscheidung nicht betroffen. Ebenso dürfte der direkte Vertrieb beziehungsweise das Account Management nicht Teil des neuen Unternehmens sein.

Kommentar des Meta-Group-Mannes zu der Fusion: "Die lange Partnerschaft zwischen Siemens und Fujitsu (20 Jahre im Mainframe- Bereich, Siemens war Mitgründer von Fujitsu vor ca. 60 Jahren) ist sicherlich positiv zu bewerten. Außerdem sind kurzfristig keine Entlassung geplant." Die Kooperation stärke die Position von Fujitsu/Siemens in Europa und Asien in bezug auf weltweite Vertriebsabdeckung, kritische Masse im Volumengeschäft und gemeinsame Entwicklung, Produktion und Forschung.

Im PC-Bereich dürfte laut Praxmarer auf den ersten Blick eine starke Ergänzung geschaffen sein (Geschäftskunden versus Privatkunden, Händlerstrukturen sowie Ergänzung des Siemens-Portfolio durch die Fujitsu-Notebooks). Speziell in Deutschland sei natürlich eine absolute Marktführerschaft gegeben. In den USA sei aber immer noch keine führende Position erreicht. Auch wenn Auswirkungen auf ICL und Amdahl offiziell nicht geplant seien, müsse man hier die weitere Entwicklung abwarten.

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Die Siemens AG will offenbar ihr komplettes Hardwaregeschäft auslagern und in ein Gemeinschaftsunternehmen mit der Fujitsu Computer GmbH einbringen.

Nach den Aussagen hochrangiger Informanten aus dem bayerischen Unternehmen gegenüber der COMPUTERWOCHE soll der gesamte Siemens-Geschäftsbereich Computer Systems (CS) in die neue Firma übergehen. Der Münchner Konzern steckt demnach mitten in den Vorbereitungen. So werden angeblich bereits Foliensätze, die für Präsentationen vorgesehen sind, mit dem neuen Firmensignet "Fujitsu-Siemens" beschriftet.

Noch nicht ganz klar ist, ob es sich bei der Neugründung um ein Joint-venture von Siemens und Fujitsu handeln wird. Aus unternehmensnahen Kreisen verlautet jedoch, es sei "mittlerweile ziemlich klar, daß beide Unternehmen ein Joint-venture aufziehen werden". Ebenfalls noch ungeklärt ist, ob die weltweit zirka 8000 und deutschlandweit etwa 6500 CS-Mitarbeiter an 17 europaweiten Standorten in die neue Firma übergehen werden.

Über die Beteiligungsverhältnisse indes soll es schon detaillierte Vorstellungen geben: In Europa wird Siemens demnach 50 Prozent der Firmenanteile plus einen sogenannten "Golden Share" halten, der bei Pattsituationen in Abstimmungen zu Firmenangelegenheiten den Ausschlag gibt. Für den Rest der Welt erhält Fujitsu diesen Golden Share.

Bestätigen sich die Informationen - eine Ankündigung steht offenbar unmittelbar bevor-, dann wird auch der letzte deutsche Computerbauer der Vergangenheit angehören. Die Siemens AG hatte im vergangenen Jahr im Zuge einer Firmenneuordnung acht Arbeitsgebiete definiert. Eines davon ist Information & Kommunikation (IuK). Dieser Unternehmenszweig teilt sich in die drei Geschäftsbereiche IC-Netze (ICN), Siemens Business Services (SBS) und IC-Products (ICP). Zu letzterem gehört das Geschäftsfeld CS.

Zum Sektor Computer Systems innerhalb des Geschäftsbereichs IC-Products gehören die Divisionen Volume Products (VP) und Enterprise Products (EP). Beide wurden im Zuge der Neuordnung von Siemens im März 1999 aus der Taufe gehoben und sollten ab dem 1. April 1999 ihre Arbeit aufnehmen. Ein Informant aus Siemens-Kreisen sagte, daß beide Computersegmente aber bis zum 1. Juni noch nicht als funktionale Einheiten an den Start gegangen seien. Zum CS-Bereich gehören die Produktionsstätten in Augsburg und Paderborn. In der eigenständigen PC-Systeme (PCS) GmbH & Co KG in der bayerischen Fuggerstadt werden PCs und NT-Server mit maximal zwei Intel-Prozessoren produziert. In Paderborn stellt Siemens die größeren Intel-"Primergy"-Server (ab vier CPUs), die "RM"-Unix-Server sowie die mit Mips-CPUs ausgestatteten BS/2000-Einstiegsgroßrechner her. Der CS-Bereich habe im Geschäftsjahr 1998 (Ende: 30. September) "keine roten Zahlen" geschrieben, so ein

Firmensprecher. CS erwirtschaftete acht Milliarden Mark Umsatz.

Zu den Informationen gaben weder Fujitsu - O-Ton: "Kein Dementi, aber auch keine Bestätigung. Kein Kommentar" - noch Siemens eine Stellungnahme ab.