Speichergeschäft schlecht, Logik im Vormarsch

Siemens setzt bei Halbleitern zukünftig mehr auf das Know-how der Mitarbeiter

28.08.1998

Der Halbleiterbereich der Siemens AG ist in den vergangenen Wochen in die negativen Schlagzeilen geraten: Verluste in Höhe von rund einer Milliarde Mark erwartet Siemens-Chef Heinrich von Pierer in diesem Geschäftsfeld für das Jahr 1998 (30. September). Als erste Konsequenz daraus wurde die für das Jahresende geplante Schließung des Speicherwerks im englischen North Tyneside angekündigt. "Das Werk ist mit einem Ausstoß von 3500 Wafern pro Woche zu klein und nicht rentabel genug. Hinzu kommt die für uns negative Entwicklung der englichen Währung", begründete Ulrich Schumacher, Chef des Bereichs Halbleiter und Mitglied des Vorstands bei Siemens, die Entscheidung.

Höhere Kapazitäten trafen auf kleinere Märkte

Zeitgleich zur Kapazitätsausweitung bei Siemens brach der Markt für die Produkte weg, die Vorhersagen auch von Analysten trafen nicht ein: So schätzte beispielsweise Dataquest den Halbleitermarkt für das Jahr 1996 auf 156 Milliarden Dollar, erzielt wurden aber nur 132 Milliarden. Im Jahr darauf sollten gar 176 Milliarden Dollar umgesetzt werden, tatsächlich waren es 137 Milliarden. Für das laufende Jahr prognostizierte man ein Marktvolumen von 203 Milliarden Dollar, es dürften aber nur zirka 130 Milliarden werden.

Für Schumacher ist klar, wer die Schuld an der Misere trägt: "Die koreanischen Hersteller mit ihren Dumping-Preisen, die unter den Produktionskosten liegen." Wenn sich die Talfahrt der DRAM-Preise weiter fortsetzt, mag der Vorstand nicht ausschließen, eines der verbleibenden vier Werke (USA, Frankreich, Taiwan, Dresden) ebenfalls abzustoßen. Der Standort Dresden scheint als "Leitwerk" aber gesichert, am ehesten könnte es die Fabrik im französischen Essonnes (Kooperation mit IBM) treffen.

Die ungünstigen Ergebnisse bei den Speichern überschatten die Erfolge in den anderen Halbleiterbereichen. So sei man weltweit die Nummer eins bei ICs für Chipkarten. Diese Abteilung erzielt zusammen mit dem Bereich Signalprozessoren ein ausgeglichenes Resultat, alle anderen Geschäftsfelder lieferten Gewinne. Traditionell stark sei Siemens in den Märkten für Kommunikation, Automobile und Industrie.

Schumacher ist überzeugt, daß sich die Wertschöpfungskette in den kommenden Jahren in Richtung Lösungsgeschäft beziehungsweise intellektuelles Know-how verlagern wird. Erst Intellectual Property (IP) machten aus einem Stück Silikon den Wert eines Chips aus. Dazu will Siemens eine "Logikinitiative" starten, bei der IP die zentrale Rolle spielt: als strategische Waffe, als Einnahmequelle durch Lizenzvergaben, als Anreiz für Kunden und Kooperationspartner und sogar als eigenes Geschäftsfeld bei IP-Brokern.