Wenn dem IT-Chef der Kragen platzt

"Sie müssen sich an unsere Richtlinien halten"

26.05.2013
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ist freiberufliche Beraterin und Trainerin in IT-Projekten sowie als Autorin tätig.
In der fiktiven H.UMOR AG knirscht es in der Zusammenarbeit zwischen IT und Fachabteilungen. Projektleiterin und Autorin Sabine Niodusch hat einen typischen Dialog für COMPUTERWOCHE-Leser nachgezeichnet.
Sabine Niodusch ist freiberufliche Beraterin und Trainerin in IT-Projekten sowie als Autorin tätig.
Sabine Niodusch ist freiberufliche Beraterin und Trainerin in IT-Projekten sowie als Autorin tätig.
Foto: Niodusch Consulting

Tim Lenze, CIO der H.UMOR AG, schnaubt: "Wenn Sie ein Projekt umsetzen wollen, halten Sie sich besser an die Regeln." "Und die wären?", fragt Sven Wintermann, neuer Leiter Innendienst, leicht ironisch. Lenze schüttelt den Kopf: "Offensichtlich hat Ihnen noch niemand unsere Spielregeln erklärt. Für jedes Projekt gilt:

  • Die Fachabteilung legt die fachlichen Anforderungen an das Projekt fest und dokumentiert sie im Projektantrag.

  • Mit der IT werden die Anforderungen besprochen, Vorteile, Nachteile, Dringlichkeit und Kosten.

  • Dann prüft die IT, ob und mit welchem Aufwand sich das Projekt realisieren lässt. Je nach Dringlichkeit gibt es eine vage Terminzusage."

Sven Wintermann, neuer Leiter Innendienst: "Warum braucht die IT so lang, um eine App zu entwickeln?" - IT-Chef Lenze antwortet: "Ihre Anwendung muss sich mit der ganzen IT vertragen."
Sven Wintermann, neuer Leiter Innendienst: "Warum braucht die IT so lang, um eine App zu entwickeln?" - IT-Chef Lenze antwortet: "Ihre Anwendung muss sich mit der ganzen IT vertragen."
Foto: Michael Kowalski - shutterstock.com

Wintermann unterbricht ihn: "Dann können wir das Projekt vergessen, da tragen mir die ITler tausende Bedenken vor, warum was nicht geht und weshalb das Projekt plötzlich Millionen kosten würde. Ihre Richtlinien sind unrealistisch."

"Das ist Ihre Sicht der Dinge", kontert Lenze. "Da Sie selten ein Vorhaben auf der grünen Wiese starten, müssen Sie sich an unsere Richtlinien halten."

"Hier ist ein iPhone", nestelt Wintermann seines aus der Tasche. "Damit kann ich mir in 30 Sekunden eine kostenlose App herunterladen - und fertig ist die Anwendung. Und mit Ihnen soll ich mich jetzt über Regeln unterhalten."

"Wenn Sie länger im Unternehmen bleiben wollen, empfehle ich Ihnen das dringend", knurrt Lenze. Wintermann murmelt etwas, das "wie uncool" klingt. "Herr Lenze, Sie sind doch ein kluger Mann", schmeichelt Wintermann plötzlich. "Es gibt in der IT doch immer eine Abkürzung." "Stimmt", sagt Lenze schmunzelnd, "aber die wollen auch die Leute vom Marketing und aus der Personalabteilung haben. "

"Was muss ich tun, damit ich bevorzugt behandelt werde?", lässt Wintermann nicht locker. "Wenn Sie mir erstens versichern, dass Ihr Projekt zu einem festen, am besten vom Gesetzgeber vorgegebenen Endtermin live gehen muss." "Und zweitens?", ist Wintermann neugierig. "Sie sollten wasserdicht begründen können, dass es für Sie keinen anderen Ausweg gibt, als die Lösung sofort von der IT zu bekommen. Um die Schritte eins bis drei und den schriftlichen Projektantrag kommen Sie nicht herum. Je nach Projektbudget unterhalten Sie sich nicht nur mit mir, sondern mit unserem CEO, Dr. Simon Profitlich." Lenze lässt eine Pause entstehen. "Ich weiß nicht, wie gut Sie Profitlich kennen, doch der fühlt Ihnen auf den Zahn und holt zudem meinen Rat ein." Wintermann zieht die Stirn in Falten. "Ganz schön langatmig. Mit dem iPhone ging das schneller."

"Im Gegensatz zu Ihrem Spielzeug da", und Lenze lässt es abschätzig klingen, "sind Sie mit Ihren Anwendungen nicht allein auf der Welt. Sie müssen in die gesamte IT eingebunden werden und sich mit ihr vertragen."

"Ist ja schon gut", gibt Wintermann nach. "Wäre doch cool, wenn Ihre Anwendungen so schnell installiert wären wie diese Apps." "Kennen Sie eine IT, die dazu imstande wäre?", fragt Lenze provozierend. "Naja, bei meiner letzten Firma durften wir alles auf das iPhone laden", erzählt Wintermann. "Und?" wird Lenze neugierig. "Irgendwann hat die Staatsanwaltschaft wegen Veruntreuung von Betriebsgeheimnissen ermittelt", muss Wintermann zugeben. "Und so gut geht es denen im Moment nicht. Deswegen bin ich ja jetzt hier." IT-Chef Lenze triumphiert: "Um zu lernen, wie man richtig mit der IT umgeht und dass iPhones zwar nette Spielzeuge sind, man sie aber im betrieblichen Kontext nur so nutzen darf, wie die IT es vorgibt!"(hk)

* Sabine Niodusch ist freiberufliche Beraterin und Trainerin in IT-Projekten sowie als Autorin tätig.