Der "Computer-Detektiv" ist noch in weiter Ferne

Sherlock Holmes mit Flow Charts?

08.08.1975

MÜNCHEN - Die Tagespresse sieht ihn schon: den neuen Beruf "Computer-Detektiv". Beschäftigt bei Kripo und Versicherungen, spürt er auf, wo mit Hilfe dar EDV-Anlage Straftaten begangen wurden oder begangen werden könnten. Schon bekannte Fälle: jene betrügerischen RZ-Mitarbeiter, die im Überweisungsverkehr fingierte Gehälter oder Rechnungszahlungen auf eigene Konten leiten und alsbald abkassieren. Jener smarte Amerikaner, der es fertigbrachte, über ein Jahr lang unbemerkt nur alle Cent-Beträge bei Gehaltsüberweisungen auf sein eigenes Konto hinüber zu programmieren, brachte es bei über zehntausend Gehaltsbeziehern auf ein sechsstelliges Dollarvermögen. Sein simpler Programmiertrick: der nicht auffällige Befehl dieser Abrundungen dem letzten Überweisungsempfänger gutzubringen. Das war jahrelang er selbst: sein Name beginnt mit Zw. Die Sache flog auf, als ein neuer Mann eingestellt wurde: der Pole Zybranski.

Sabotage per EDV?

Neben Betrug und Untreue gibt es noch andere denkbare Methoden, den Computer als Tatwerkzeug zu mißbrauchen. EDV-Mitarbeiter - bestochen oder gegen den eigenen Arbeitgeber rachedurstig - könnten Auftragseingänge verschwinden lassen oder verzögern oder Warenauslieferungen sabotieren, wenn sie nicht gar das ganze Datenträger-Archiv durcheinanderbringen. Gegen alle diese Mißbrauchsfälle hat sich ein neuer Versicherungsmarkt aufgetan. Die Hermes Kreditversicherungs AG, Hamburg, die Zentraleuropäische Versicherung, Stuttgart, und die Provinzial Feuerversicherungsanstalt der Rheinprovinz, Düsseldorf, waren Schrittmacher. Die ersten paar Dutzend Policen für große EDV-Anwender sind längst ausgeschrieben.

Keine Rentabilität

Nicht aber auch Arbeitsverträge für Sherlock Holmes-Kräfte mit Flußdiagramm statt Lupe. German Karg, bei der Zentraleuropäischen zuständig für den Bereich EDV-Mißbrauchs-Versicherung, zur CW: "An einen Beruf Computer-Detektiv glaube ich nicht". Gründe: noch ist der Interessenten- und Kundenkreis für diese Spezialversicherung viel zu klein, um die Beschäftigung solcher Fachkräfte rentabel erscheinen zu lassen. Kargs Firma läßt die Risiko-Berechnungen für EDV-Versicherungen von einem Mathematiker der Universität Hohenheim erstellen.

Karg kann sich auch nicht vorstellen, daß man - wie vor einer Brandversicherung - im RZ des Interessenten eine Betriebsbegehung vornehmen und dabei Karten, Bänder, Platten und das Personal genau unter die Lupe nehmen könnte. hs