Sharepoint - für einfaches Dokumenten-Management

04.02.2010
Von Jürgen Rentergent 
Microsoft baut die Funktionen des "Sharepoint Server" aus, doch klassischen Dokumenten-Management-Systemen können sie noch nicht das Wasser reichen.

Für Unternehmen häufen sich die Gründe, über die Einführung eines Enterprise-Content-Managements (ECM) nachzudenken. Zum einen wäre da das Chaos bei der Ablage von Papierdokumenten und elektronisch gespeicherten Informationen sowie die wachsenden Ansprüche an eine moderne Projekt- und Teamarbeit (Collaboration-Funktionen). Zum anderen steigen die rechtlichen Anforderungen und die Belastung der E-Mail-Infrastruktur durch intensiven Mail-Verkehr. Da ECM-Lösungen von Spezialanbietern oft schon aufgrund der Lizenzkosten das Budget von kleinen und mittelständischen Unternehmen sprengen, fällt logischerweise das Augenmerk auf die Produktpalette von Microsoft als Alternative.

Microsoft adressiert mit dem 2001 eingeführten "Sharepoint Portal Server" folgende Anwendungsszenarien aus den Bereichen Collaboration:

  • Einfaches elektronisches Dokumenten-Management (Lowend-EDM),

  • Web-Content-Management,

  • elektronische Formulare,

  • Workflow und

  • Portale.

Die Architektur des "Sharepoint Server 2007" unterscheidet sich von anderen ECM-Produkten erheblich, weil kostenlose Erweiterungen des Windows-Betriebssystems - nämlich die Windows Sharepoint Services (WSS) - die Grundlage für Content-Management-Funktionen liefern. Diese Services stellen dem Tool wichtige Grundfunktionen wie etwa Metadatenverwaltung, Versionierung und Check-in/-out zur Verfügung. Auch die Workflow-Funktionen basieren auf einer für alle Microsoft-Produkte gemeinsamen Grundfunktionalität. Hier kann Sharepoint auf die Windows Workflow Foundation (WWF) zurückgreifen, die jeder Nutzer als kostenfreie Komponente des .NET Frameworks 3.0 herunterladen kann.

Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal der Sharepoint-Lösung ist die gute Integration von Microsoft Office 2007. Das hat für die Office-Anwender einige Vorteile:

  • Outlook: Sharepoint-Listen lassen sich einfach per Konfigurationsmenü in Outlook einbinden und sind damit auch offline verfügbar.

  • Infopath: Sharepoint Server 2007 kann Browser-fähige Infopath-Formulare erzeugen. Damit lassen sich Nutzer Formulare verarbeiten, ohne dass spezielle Software installiert werden muss. Dies gilt sowohl für Anwendungen im Extranet als auch im Internet.

  • Excel: Es gibt Schnittstellen zu Excel-Services und -Web-Services. Zudem besteht die Möglichkeit, Excel-Arbeitsblätter im Browser darzustellen.

Deutsche ECM-Anwender interessieren sich besonders für Funktionen für die Archivierung, elektronische Aktenverwaltung, Verwaltung großer Dokumentenmengen sowie Postkorb- und Cold-Anwendungen (Computer Output on Laserdisk). Dafür bietet Microsoft im Sharepoint-Standardprodukt wenig Unterstützung. Vor allem decken die Lösungen nicht die Anforderungen an eine "revisionssichere Langzeitspeicherung" von Dokumenten gemäß GoBS (Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme) ausreichend ab.

Da Microsoft die Software jedoch offen konzipiert hat, haben Solution-Provider die Produktlücken an vielen Stellen mit Eigenentwicklungen geschlossen. Dadurch fallen allerdings zusätzliche Kosten für Lizenzen, Customizing, Training etc. an. Wer auf diese Weise zu einem vollwertigen Dokumenten-Management kommen möchte, sollte das Gesamtkonzept frühzeitig auf seine Investitions- und Betriebskosten prüfen. Der Sharepoint Server ist kein Ersatz für ein Dokumenten-Management-System (DMS), bietet aber an anderen Stellen Funktionen, die dem klassischen DMS fehlen.

E-Mail-Archivierung mit Exchange 2010

Dieses Jahr wird es von Microsoft interessante Neuigkeiten zum Thema Enterprise-Content-Management (ECM) geben: Zum einen wird der Hersteller die neue Sharepoint-Version 2010 auf den Markt bringen, zum anderen steht "Exchange 2010" kurz vor der Freigabe.

Bisher gab es zwischen Exchange und einem ECM-System nur Berührungspunkte, wenn eingehende E-Mails in traditionellen DMS-Anwendungen abgelegt wurden. Die gestiegenen rechtlichen Anforderungen und eine zunehmende Belastung der Mail-Infrastruktur sind die wichtigsten Gründe für die E-Mail-Archivierung. Diesen Markt haben sich die klassischen DMS-Anbieter und einige Spezialanbieter bislang untereinander aufgeteilt.

Microsoft positioniert sich in diesem Umfeld mit Exchange 2010 neu. Die kommende Version unterstützt einfache und preiswerte Speichermedien. Damit entfällt die Aufgabe, E-Mails aus Kostengründen von teuren Speicherlösungen zu kostengünstigen Medien zu verschieben. Zudem bekommt Exchange 2010 ein neues Replikationsverfahren, das es erlaubt, auch mit einfachen Storage-Techniken eine ausreichende Datensicherheit und Verfügbarkeit zu gewährleisten. Die Einführung der Database Availability Group (DAG) wertet den Exchange Server ebenfalls auf. Sie ermöglicht es, Mail-Datenbanken zu spiegeln und flexibel auf mehrere Server zu verteilen. Kopien der Mail-Bestände lassen sich auf mehrere Server verteilen, so dass Backups entfallen. Damit wären sogar aufwändige Raid-Technik und teure SAN-Speicher verzichtbar.

Erstmals reagiert Microsoft auf die Aufbewahrungspflicht: Exchange 2010 bietet Archivpostfächer, in die sämtliche E-Mail-Objekte automatisch und unveränderbar kopiert werden. Der Anwender kann zwar weiterhin in seinem Postfach E-Mails löschen oder verändern. Die Eingriffe werden jedoch protokolliert, und berechtigte Personen können bei Bedarf auf die Originale zugreifen sowie die Historie des Dokuments verfolgen.

Dieses Konzept deckt sicher nicht alle Anforderungen an die E-Mail-Archivierung ab. Um organisatorische und gesetzliche Anforderungen bezüglich der Aufbewahrung zu erfüllen, reichen die Exchange-Bordmittel jedoch aus. In jedem Fall löst Exchange 2010 die PST-Dateien ab, die bislang beim Auslagern von E-Mails erstellt wurden.

Besser suchen mit Sharepoint Server 2010

Die neue Sharepoint-Version bringt unter anderem folgende Verbesserungen:

• Überarbeitete Benutzeroberflächen (Multifunktionsleiste/Ribbons wie bei Microsoft Office 2007);

• erweiterte Workflow-Funktionalität und neue Werkzeuge zur Workflow-Modellierung;

• reichhaltigere Wiki-Funktionen;

• bessere Einbindung von Fremddaten via Business Data Catalog (BCS);

• Unterstützung für Hochverfügbarkeit (High Availability);

• überarbeitete Backup- und Recovery-Funktionen;

• Bibliotheken sollen nun auch für eine große Anzahl von Objekten geeignet sein;

• neue Schnittstellen für Ajax, Silverlight und LINQ (Language Integrated Query).

Microsoft hat versichert, dass die neue Version auch vorherige Sharepoint-Ausführungen unterstützt. Dennoch müssen kundenspezifische Anwendungen wohl angepasst werden. Der Aufwand dürfte kleiner ausfallen als beim Upgrade des Sharepoint Server 2003 auf die Version 2007, weil die Architektur unverändert bleibt.

Sharepoint 2010 enthält eine gegenüber der Vorgängerversion verbesserte interne Search-Engine. Die Suchfunktion des Sofwareherstellers Fast, den Microsoft im Jahr 2008 übernommen hat, wird jedoch nur in der Enterprise Edition integriert. Viele Anwender dürfte zudem die angekündigte Internet-Version von Sharepoint interessieren. Damit sollen sich öffentliche Web-Auftritte besser betreiben lassen.

Fazit: Ein ausgereiftes Collaboration-Tool

Microsoft bietet mit dem Sharepoint Server und den dazugehörenden Basistechniken ausgereifte Funktionen für die unternehmensweite Teamarbeit. Dazu stellt die Software leistungsfähige Suchfunktionen, ein integriertes, aber rudimentäres DMS und Web-Content-Management sowie Portalfunktionen bereit. Anwender mit ausgeprägten Anforderungen an klassische DMS-Funktionen werden mit dem Sharepoint Server nicht weit kommen, es sei denn, sie ergänzen die Microsoft- Lösungen um Produkte von Drittanbietern.