Adobe-Chef

Shantanu Narayen im Exklusiv-Interview

04.04.2011
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.

Kundenwünsche, Integration, UX

NARAYEN: Die Anzahl spannender neuer Features, die wir tatsächlich in die Programme einbauen, ist immer niedriger als die, die wir einbauen könnten. Unser Job ist nun mal die kontinuierliche Innovation, und da versuchen wir eine Balance zu finden. In diesem Bereich werden wir sicher mehr im Bereich Services anbieten - Browserlab zum Beispiel kommt ohne lokale Installation aus, und nur wer es benötigt nutzt es.

Was ich aber am häufigsten von unseren Kunden höre ist: Helfen Sie uns dabei, unsere neuralgischen Punkte zu beseitigen. Darauf liegt der Fokus. Und wenn jemand acht oder zehn Stunden pro Tag seine Existenz auf unserer Software aufbaut, dann finde ich sie wirklich nicht teuer - die Leute geben vermutlich mehr für Kaffee oder dergleichen aus als für unsere Programme.

HOPSTEIN: Wenn ich das ergänzen darf: Vielen Kunden gefällt es, dass zum Beispiel Photoshop jetzt auch Videofunktionen bietet. Es gibt viele Fotografen, die Video als neues zusätzliches Geschäft für sich entdecken. Und dann finden sie es großartig, wenn sie da auch mit Photoshop arbeite können - eben weil das genau das Programm ist, das sie schon wie ihre Westentasche kennen. Die Nutzer wollen überzeugende Lösungen für ihre Workflows, und genau darauf konzentrieren wir uns bei der Produktentwicklung.

Wir gehen wirklich raus zu den Kunden und fragen sie: Wie macht Ihr Euren Job? Dürfen wir Euch ein bisschen über die Schulter schauen, damit wir besser verstehen, was Ihr da den ganzen Tag lang macht? Und diese Erfahrungen haben wir zum Beispiel genutzt, um in den beiden letzten Versionen der Creative Suite die Anzahl der Klicks erheblich zu reduzieren, die man braucht, um gängige Aufgaben zu erledigen.

NARAYEN: Und der Erfolg der Master Collection zeigt uns einfach, dass die Kreativen tatsächlich mehr Programme verwenden wollen. Wer früher nur Print gemacht, möchte jetzt vielleicht auch Web oder Video machen. Die Leute wollen sich weiterbilden, weiterentwickeln. Weil sie davon leben.

Warum gibt es bislang kaum eine Integration zwischen Photoshop und Lightroom?

NARAYEN: Zumindest was die Unterstützung der unterschiedlichen Kameras angeht, machen wir ja mit Camera RAW schon einen guten Job. Letztlich geht es ja aber immer um die Frage: Wie passt man das Produkt am besten an die Nutzung an? Lightroom wird verstärkt von digitalen Fotografen benutzt, die es als das richtige Werkzeug für ihren digitalen Workflow ansehen. Photoshop ist aber immer eines von diesen Produkten gewesen, die einem als Gold Standard in puncto Imaging sehr viel kreative und Verwaltungsfunktionen angeboten haben.

Wir werden die Integration zwischen Photoshop und Lightroom sicher weiter vorantreiben. Mit Lightroom haben wir in vieler Hinsicht aber auch versucht, den Aspekt User Experience stärker zu pushen - und ich denke, wir haben das ziemlich gut hinbekommen.

Wenn also Lightroom so etwas wie ein "poster child" in Sachen UX darstellt - werden wir dann zukünftig mehr dieser Art in Ihren anderen Produkten sehen?

NARAYEN: Das versuchen wir mit jedem neuen Release. Wir müssen natürlich unseren Bestandskunden ermöglichen, mit dem Produkt zu wachsen. Auf der anderen Seite wollen wir aber auch neue Nutzer dazugewinnen. Das ist die Balance, die wir schaffen müssen. Wie bekommen wir es hin, dass unsere bestehenden Kunden ihre Aufgaben einfacher erledigen können, und wie gewinnen wir neue Anwender? Ich denke, dass wir uns mit jeder kommenden Version in beiden Bereichen verbessern werden.