Die Linux-Preziosen werden nicht alle verschenkt

SGIs Open-Source-Strategie hat Grenzen

31.01.2003
MÜNCHEN (ls) - SGI hat Linux so erweitert, dass es auf Rechnern mit 64 und mehr CPUs laufen kann. Vorerst werden die neuen Softwaretechniken aber nicht alle als Open Source Allgemeingut werden.

Ohne größeren Anpassungsaufwand unterstützt keine normale Linux-Distribution mehr als acht symmetrische Prozessoren in einem Rechner. Im neuen Computer "Altix 3700" von SGI gehen aber bis zu 64 Itanium-2-CPUs gleichzeitig ans Werk, wobei sich weitere Rechner dieses Typs über ein spezielles Interconnect-System zu einem einzigen Supercluster mit über 1000 Prozessoren zusammenschalten lassen. Dabei nutzen sie auch noch - im Gegensatz zu normalen Clustern, deren CPUs jeweils einen dedizierten Speicher adressieren - das RAM gemeinsam und gleichzeitig (siehe CW 1/2/2003, Seite 12).

Gleichwohl laufen diese Systeme mit Linux. Damit entkräftet SGI ein wichtiges Argument jener Computerhersteller, die immer wieder das Acht-CPU-Limit von Linux anführen. Denn bei deren stärkeren Rechnern handelt es sich durchweg um Maschinen, die mit proprietären Betriebssystemen arbeiten und exorbitante Gewinne abwerfen. Der sich daraus ergebende Vorteil von SGI und seine Interessen am Absatz der auch nicht gerade billigen eigenen Systeme haben zur Folge, dass die im Hause entwickelten Techniken in wichtigen Teilen nicht als Open Source zugänglich sind.

Die Grundlage des Altix-Betriebssystems "Linux for SGI" ist die Linux-Distribution Red Hat 7.2, das SGI in einzelnen technischen Eigenschaften, beispielsweise in Sachen Scheduling, optimiert hat. Darauf setzt ein Block "SGI Open Source Enhancements" auf, der Open-Source-Software enthält, die von SGI oder durch wichtige Beiträge seiner Mitarbeiter in Community-Projekten entwickelt wurde. Dazu gehören unter anderem das seit dem Jahr 2000 quelloffene Dateisystem "XFS", "Linux Failsafe", eine verbesserte Memory-Nutzung und die Numa-Unterstützung für Linux.

Auf dieses Grundgerüst setzt der Anbieter ein Softwarebündel namens "SGI Pro-Pack" in Version 2.1 auf, das genau jene Programme enthält, die Linux über die Acht-CPU-Grenze heben. Diese Erweiterung und Plug-ins sind nur zum Teil quelloffen und nicht als Linux-Standards von der Community akzeptiert, wenn auch binärkompatibel zu Red Hat.

Das Pro-Pack lässt sich in drei Gruppen gliedern. Es enthält erstens Ressourcen-Management-Tools für die Feinabstimmung der Prozessor- und Memory-Zuteilung. Dabei handelt es sich beispielsweise um getunte Bibliotheken wie die Message-Passing-Interface-(MPI-)Bibliothek "MPT", die Mathematikbibliothek "SCSL" und die Memory-Buffering-Bibliothek "FFIO". Hinzu kommen die quelloffene Kernel-Erweiterung "Processor and Memory Placement" (CpuMemSets) und das Open-Source-Tool "Comprehensive System Accounting" (CSA).

Das zweite Subset der Daten-Management-Tools von Pro-Pack gliedert sich um das Dateisystem XLS und dient dazu, den I/O-Durchsatz auf mehr als 2 GB/s zu heben. Dazu nutzt SGI unter anderem den quelloffen vorliegenden Device-Treiber XSCSI, den die Linux-Community bisher nicht als Standard akzeptieren mochte. In der dritten Pro-Pack-Gruppe finden sich System-Management-Tools zur Partitionierung und zur Optimierung des Systemverhaltens. Hierzu gehört der "Performance Co-Pilot" (PCP), der inzwischen Open Source ist.

Einzelteile werden Open Source

Eine weitere Säule für High-Performance-Computing ist eine Verbesserung des Daten-Managements. SGI verwendet dafür eine Linux-Anpassung von "CXFS", einem auch für andere Betriebssysteme entwickelten Shared-File-System für Storage Area Networks (SANs).

SGI wird einzelne der jetzt noch proprietären Softwarepakete, darunter Compiler und Libraries, in absehbarer Zukunft als Open Source freigeben.