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SGI nimmt Transitive-Emulator in Lizenz

05.08.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der angeschlagene Workstation- und Serverbauer Silicon Graphics (SGI) hat in dieser Woche die "Quicktransit"-Emulationstechnik der britischen Startup-Firma Transitive in Lizenz genommen und bietet sie ihren Legacy-Kunden mit Mips-basierenden "Origin"-Servern an, um deren Anwendungen ohne großen Migrationsaufwand auf neuen "Altix"-Maschinen von SGI mit Itanium-Prozessoren von Intel ablaufen zu lassen.

Quicktransit, für Endkunden nicht erhältlich, ist seit September vergangenen Jahres erhältlich und wurde vom Informatikprofessor Alasdair Rawsthorne an der britischen Manchester University ersonnen. Es arbeitet mit drei Schichten, deren wichtigste ein Optimierungslayer ist, der Instruktionsblöcke in einer gecachten plattformunabhängigen "Intermediate Representation" vorhält (siehe "Startup erklärt Software-Portierung für überflüssig").

Für SGI ist die Lizenzierung aus zweierlei Sicht sinnvoll - es behält die Kundschaft auf den hauseigenen Maschinen und kann die hohen Quicktransit-Lizenzkosten teilweise an die Anwender weitergeben. Die wiederum werden sie zumindest teilweise gern zahlen, denn sie bekommen trotz der zwischengeschalteten Emulation mehr Leistung, und das auch noch für weniger Geld.

Gegenüber Origin-Systemen mit 600 bis 800 Megahertz schnellen Mips-Prozessoren erreichen Anwendungen, die auf Altix-Servern 1,5 oder 1,6 GHz schnellen Itanium-2-Chips mit Quicktransit ablaufen, pro CPU 100 bis 150 Prozent mehr Leistung. Und da die Altix-Server auch noch deutlich billiger sind, kann sich das Preis-Leistungsverhältnis schlagartig um 200 bis 300 Prozent verbessern, schreibt "Computerwire".

Für ein NUMA-Cluster vom Typ "Altix 350" mit 32 Wegen (dies wird laut SGIs Server-Marketing-Chef Jeff Greenwald die bevorzugte Plattform für die Transitive-Software) verlangt SGI vom Kunden für die Quicktransit-Lizenz 38.000 Dollar - ein guter HPC-Programmierer kostet im Jahr leicht das Dreifache, und den konfigurierten Altix-Server gibt es für weniger als 200.000 Dollar.

SGI schätzt, das es rund 1000 Origin-Anwender-Sites mit einer installierten Basis von mehr als 20.000 CPUs im Alter zwischen einem und sechs Jahren gibt. Geht man davon aus, dass HPC-Systeme im Schnitt alle drei Jahre erneuert werden, dann stehen in absehbarer Zeit zwischen 400 und 500 davon mit 10.000 CPUs für ein Upgrade an - auch wenn einige vermutlich schon einen echten Port ihrer Anwendungen von Irix auf Linux machen werden.

Trotzdem ergibt sich über den Daumen für SGI allein bei Hardware ein Umsatzpotenzial von über 100 Millionen Dollar, und falls die Kunden ordentlich Überkapazität ordern sogar deutlich mehr. Die Quicktransit-Unterstützung könnte für den Hersteller daher in den nächsten zwölf Monaten ein erheblicher Umsatzfaktor sein.

Das Problem dabei ist, welche Anwendungen via Quicktransit den Sprung auf die Altix-Hardware schaffen. Hardcodierte Echtzeit-Applikationen scheiden laut Leslie Tung, Produkt-Manager für SGIs Software, grundsätzlich schon einmal aus. Gleiches gilt für Programme, die an spezifische Origin-Peripherie und deren Treiber gebunden sind, wenn diese Geräte Altix-seitig nicht unterstützt werden. Ebenfalls nicht Quicktrans-fähig ist Software, die spezifische Eigenschaften von Mips und Irix verwendet, die im Itanium und in Linux nicht zu finden sind.

Was die Leistung angeht, garantiert SGI laut Tung, dass die Altix-Systeme mit Quicktrans mindestens genauso schnell laufen wie die alten Origins. Zielgruppe für den Umstieg sind Anwender aus den Bereichen Öffentliche Hand, Fertigung, Forschung und Bildungseinrichtungen. (tc)