Servus Systems!

27.10.2008
Das in der vergangenen Woche verkündete Aus für die Münchner IT-Fachmesse Systems hinterließ bei den Ausstellern gemischte Gefühle.

No "Ideas for better business"? Der Systems ist offenbar nichts mehr eingefallen - zumindest, was das bisherige Geschäftsmodell betrifft: Nach 39 Jahren zog Systems-Chef Klaus Dittrich am vergangenen Dienstag den Schlussstrich unter die älteste deutsche Computermesse und acht Jahre vergeblichen Kampf gegen Aussteller- und Besucherschwund.

Ihren Höhepunkt erlebte die 1969 ins Leben gerufene Systems in der Dotcom-Hochphase zum Jahrtausendwechsel, als sich der Münchner Event mit 3251 Ausstellern und 147 000 Besuchern schon als Gegengewicht zur IT-Leitmesse CeBIT in Hannover verstand. Doch schon ab 2001 ging es bergab: Immer mehr Anbieter zeigten der Isarmetropole die kalte Schulter, und analog zur Ausstellungsfläche schrumpften auch die Besuchermassen zu einem überschaubaren Publikum. Seit 2001 ist die Zahl der Teilnehmer von 121 000 kontinuierlich auf 39 000 Besucher (2008) gesunken, während sich zuletzt noch 1061 Aussteller in fünf von ehemals 15 Hallen präsentierten.

Ende der Talfahrt

Als Ersatz für die Systems soll zum einen die erfolgreiche IT Security Area künftig als eigenständige Sicherheitsmesse "ITSEC" antreten. Sie findet erstmals im Sommer 2009 (23. bis 25. Juni) statt und bietet neben IT-Security-Firmen auch Anbietern klassischer Sicherheitslösungen eine Präsentationsfläche. Zum anderen ist für Oktober ein noch namenloses ITK-Format geplant, das sich weniger auf Techniken oder Produktvergleiche als auf gegenwärtige und zukünftige Themen (etwa Green IT, Unternehmenskommunikation, Handel, Einsatz mobiler Systeme) konzentrieren soll.

Bei den Ausstellern löste die Nachricht vom Ende der Systems-Ära, die ihnen am zweiten Messetag im verschlossenen Briefumschlag überbracht wurde, unterschiedliche Reaktionen aus:

"Es war klar, dass mit der Systems etwas passieren musste, auch wenn der Security-Bereich immer sehr gut besucht war", zeigt Pino von Kienlin, Geschäftsführer der Sophos GmbH, Verständnis. Es sei zu begrüßen, dass 2009 ein neues Konzept den veränderten Bedürfnissen von Besuchern und Ausstellern Rechnung tragen werde.

"Aktivere Veranstaltungsformen sind gefragt - eine Messe ist ja von Natur aus eher ein passives Event", befürwortet auch Gerhard Eschelbeck, CTO bei dem Antispyware-Spezialisten Webroot, den Neuanfang.

Für ERP-Anbieter hatte die Systems als Plattform für den Mittelstandsdialog einen wichtigen Stellenwert. "Wir konnten hier stets gute Kontakte mit mittelständischen Entscheidern knüpfen", berichtet Stefan Holland, Marketier bei SAP Deutschland. Nichtsdestotrotz sei man auf die neue Plattform gespannt.

Der Web-Application-Firewall-Anbieter Deny All hat in München stets gute Geschäfte gemacht. Umso befremdlicher findet Thomas Kohl, Business Development Manager DACH, wie die Veränderungen kommuniziert wurden: "Gerne hätten wir früher davon erfahren!"

Aus dem Takt

Bestürzung kam aus der Open-Source-Szene: Für die SEP AG fungierte die Systems bisher als Hausmesse, die dem bayerischen Anbieter von Backup- und Recovery-Software gute Kontakte bescherte. "Ein Irrsinn, wenn wir in München - Deutschlands erklärtem IT-Standort Nummer eins - keine eigene attraktive IT-Messe hätten", meint SEP-Vorstand Georg Moosreiner.

"Das Herz der deutschen IT-Industrie schlug bisher im Doppeltakt: CeBIT im Frühjahr und Systems im Herbst - der Verlust der Systems bringt die Branche aus dem Takt", bedauert Sascha Siekmann, Technical Support Engineer bei dem Security-Dienstleister Cloudmark. "Servus Systems." (kf)