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Services treiben den Preis für EAI-Projekte

02.10.2001
Im Fahrwasser von E-Business-, CRM- oder SCM-Projekten hat das Thema Enterprise Application Integration enorm an Bedeutung gewonnen. Der Markt und vor allem das Geschäft mit EAI-Services wachsen ungeachtet der durch die Branche geisternden Schreckensmeldung, dass rund 60 Prozent der Projekte scheitern.

Von CW-Redakteur Joachim Hackmann

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Im Fahrwasser von E-Business-, CRM- oder SCM-Projekten hat das Thema Enterprise Application Integration (EAI) enorm an Bedeutung gewonnen. Der Markt und vor allem das Geschäft mit EAI-Services wachsen ungeachtet der durch die Branche geisternden Schreckensmeldung, dass rund 60 Prozent der Projekte scheitern.

EAI-Projekte stehen derzeit in zahlreichen großen Unternehmen aller Branchen auf der Tagesordnung. Viele Finanzhäuser und TK-Anbieter etwa müssen alte Systeme Web-fähig machen. Energieversorger haben im Zuge der Liberalisierung ihres Markts Services zur Kundenpflege (Customer Relationship Management = CRM) gestartet, und Konsumartikelhersteller sowie die Hightech-Branche beginnen EAI-Projekte im Rahmen von geplanten Verbesserungen der Lieferkette (Supply Chain Management = SCM). Doch unabhängig von der Branche gibt es Charakteristika, die einheitlich sind: So verantworten etwa immer die IT-Abteilungen die EAI-Projekte, auch wenn sie im Zuge von strategischen Vorhaben wie SCM und CRM von den Fachabteilungen angeregt werden. Da die Integration aus eigener Kraft nicht zu schaffen ist, werden stets externe Service-Provider ins Boot geholt.

Experten sind rar

Doch gerade Letzteres ist vielfach leichter gesagt als getan, denn die Dienstleister verfügen ebenso wenig wie die Anwender über ausreichend Fachkräfte auf diesem Gebiet. Nicole France, Analystin bei Gartner und Beobachterin des EAI-Servicemarktes, schätzt die Zahl der europaweit verfügbaren EAI-Spezialisten in den Dienstleistungshäusern auf 200 bis 700. Von diesen wiederum kümmerten sich lediglich 15 bis 25 Prozent ausschließlich um Integrationsprojekte und sind demnach in Augen der Gartner-Analystin Ernst zu nehmende EAI-Experten. Das sind erstaunlich wenige Berater, denn immerhin haben die Gartner-Kollegen aus der Marktforschungsabteilung ein Umsatzvolumen mit EAI-Dienstleistungen von europaweit 28 Milliarden Dollar im letzten Jahr errechnet. Für das Jahr 2005 erwarten sie, dass Integrationsservices im Wert von 96 Milliarden Dollar erbracht werden.

Nicht zuletzt wegen dieser Aussichten unternehmen derzeit alle Anbieter Anstrengungen, ihr Portfolio an EAI-Diensten auszubauen, indem sie etwa ihre Solutions-Center aufwerten. Diese sollen bei Bedarf auch Anwenderszenarien für Pilotprojekte nachstellen, als Entwicklungsumgebung dienen und Workshops oder Schulungen für Kunden veranstalten können. Zu den potenziellen Auftragnehmern von EAI-Projekten "gehören die üblichen Verdächtigen", so Nicole France, also Accenture, Pricewaterhouse-Coopers, IBM Global Services, Cap Gemini Ernst & Young sowie Deloitte and Touche. In Deutschland gesellen sich zu diesen Anbietern noch Namen wie Siemens Business Services (SBS), CSC Ploenzke sowie Unisys hinzu.

Software: Partnerschaften gleich Abhängigkeiten?

Trotz aller Anstrengungen der Service-Provider, eigenes Know-how aufzubauen, werden sie nicht auf das Wissen ihrer Softwarelieferanten verzichten können. In der Regel pflegen die Beratungshäuser Partnerschaften mit sieben bis acht EAI-Produktanbietern. Eine Zahl, die der Analystin France als angemessen erscheint. Allerdings ist diese Nähe zu den Herstellern ein zweischneidiges Schwert, denn Beratungsleistungen sollten aus einer neutralen Position heraus erbracht werden, solange noch keine Entscheidung für ein Produkt gefällt ist. Ein Consulting-Haus, das enge Bande zu bestimmten Anbietern unterhält, ist in seiner Urteilsfindung in diesem Bereich wohl kaum unabhängig.

Andererseits sehen es die Kunden gern, dass der Informationsfluss zwischen Hersteller und Integrator den kürzesten Weg nimmt und ihr Dienstleister steten Zugriff auf Supportleistungen des Produktlieferanten hat. Aus dieser Zwickmühle gelangt der Anwender nur, wenn er sich zumindest bei der Produktauswahl selbst schlau macht und aktiv wird, denn "Kunden finden sich zwangsläufig in einer schlechten Position wieder, wenn sie bei der Produktentscheidung nicht maßgeblich mitreden können", warnt France.

Auch wenn bei diesem zentralen Part des Projekts die Rolle des Dienstleisters auf ein Minimum beschnitten werden sollte, sind die externen Helfer keineswegs verzichtbar. Die bislang betriebenen und von den Gartner-Experten analysierten Projekte haben zudem in der Endabrechnung gezeigt, dass nur ein kleiner Teil der Gesamtkosten auf Lizenzzahlungen an die Produkthersteller entfallen. Für jede Mark, die Anwender an Hersteller von EAI-Software überweisen, sind weitere fünf bis sieben Mark für Services aufzuwenden, so das Ergebnis der Gartner-Erhebung.

EAI - eine Chance für die "Kleinen"

Dabei sind es nicht immer die großen Beratungshäuser, die sich das Servicebudget sichern können. Zu weiteren wichtigen Dienstleistern im EAI-Umfeld zählen etwa die Software AG, Infosys, sd&m und Hewlett-Packard. Auch allgemein weniger bekannte Firmen konnten sich in der EAI-Branche etablieren. In Berlin ist etwa ein Servicehaus aktiv, das sich mit seinen 280 Mitarbeitern fast ausschließlich auf den EAI-Markt konzentriert. SPM Technologies, vor rund acht Jahren gegründet, spricht vornehmlich die großen Unternehmen aus den Branchen Finanzen, Versicherung, Logistik und Produktion an und betreibt dort Projekte zur Integration geschäftskritischer IT-Architekturen. Dazu hat die Servicefirma eine eigene Vorgehensweise entwickelt, bei der SPM- und Kundenmitarbeiter gemeinsam die Räume und Labors von SPM nutzen. Zur Zeit arbeiten beispielsweise acht Mitarbeiter der Post AG im Hause SPM an einem EAI-Projekt.

Auf einen anderen interessanten Ansatz stieß Gartner-Expertin France in Minden, Westfalen. Dort ist die Amadee AG ansässig, deren Kerngeschäft sich um die Integrationsplattform "Eenex" rankt. Doch der Produkthersteller, Arbeitgeber für etwa 120 Mitarbeiter, vertreibt diese Software nicht nur, sondern benutzt sie auch für einen Hosting-Service. Dieser Dienst, der wahlweise transaktionsabhängig oder als Pauschalbetrag in Rechnung gestellt wird, ist so etwas wie eine ASP-Lösung für EAI und richtet sich vornehmlich an mittlere und kleine Unternehmen. Für die Teilnahme an diesem Transaktionsservice benötigen Interessenten lediglich einen "Eenex Integrator" auf ihren Clients, die Server-Komponente betreibt hingegen Amadee.

Dieser Ansatz könnte Wegbereiter für eine neue Form von Diensten in diesem Umfeld sein, glaubt zumindest Nicole France. Sie erwartet in den kommenden Monaten weitere Angebote, die vornehmlich dazu einladen, ähnlich dem Amadee-Dienst die EAI-Infrastrukur außer Haus zu geben oder zumindest von einem externen Dienstleister betreiben zu lassen. Vor allem die Management-Service-Provider (MSPs), die sich die Verwaltung von IT-Umgebungen aus der Ferne auf die Fahnen geschrieben haben, sieht die Gartner-Analystin in einer guten Position, ihre Dienste auch in den EAI-Bereich ausweiten zu können.

Kriterien für die Auswahl eines EAI-Dienstleisters

Zahl der EAI-Berater - sind es tatsächlich ausgewiesene Experten?

Branchen beziehungsweise Prozess-Know-how,

aussagekräftige Referenzen aus der Branche,

Erfahrungen mit Integrationsprojekten,

Partnerschaften mit Produktherstellern,

ERP-Know-how,

Einsatz von bewährten Methoden,

klare Vorstellungen über Projektverlauf,

finanzielle Stabilität,

räumliche Nähe sowie

soziale Kompetenz.