Datenbanken/Spezialdienstleister entwickelte auf der Basis vom M und Open M

Service vom Zahlungsverkehr bis zum Check von Tankinhalten

21.03.1997

ICP testete verschiedene Datenbanken auf ihre Eignung für den Aufbau eines elektronischen Abrechnungssystems. "Wir stellten fest, daß Open M aufgrund seiner multidimensionalen Datenbanktechnologie sowohl bei der Performance als auch bei der Datenverwaltung und der Transaktionsgeschwindigkeit vorne lag", erklärt Andreas Lowack, Leiter des ICP-Rechenzentrums. "Außerdem waren die entwickelten Applikationen ohne Modifikation sowohl auf Stand-alone-PCs als auch in Multiuser-Umgebungen lauffähig." Eine Unix-Plattform kam nach Ansicht des DV-Leiters nicht in Frage: "Wir hätten uns in diesem Fall zusätzliches Know-how für eine Datenbank und die Entwicklungssprache aneignen müssen und außerdem umfangreiche Einarbeitungsphasen in eine neue Betriebssystem-Umgebung gehabt." Die hohen Anforderungen des elektronischen Zahlungsverkehrs im Auge - eine Autorisierung einschließlich automatischer Sperrlisten- und Restriktionsprüfungen darf maximal zwei Sekunden dauern - entschieden sich die ICP-Entwickler für Open M. Die angebotenen Datensicherheitsfunktionen waren ein weiteres wichtiges Entscheidungskriterium.

DOS-Anwendung auf Windows portiert

Die Datenbank erlaubt den schnellen Dialog zwischen dem Front-end-Rechner und den Tankstellenterminals sowie die Datenverwaltung im Rechenzentrum. Die Kunden beziehungsweise deren Banken können über Wählleitungen mit den entsprechend kanalisierten und aktuellen Datenbeständen beliefert werden. Nachdem der Wunsch, Softwarekomponenten benutzerfreundlich auf den Tankstellensystemen darstellen zu können, immer größer geworden war, entschied die ICP-Leitung, die bis dahin weitgehend zeichenorientierten Anwendungen vom Betriebssystem DOS auf Windows zu portieren. Inzwischen wird die Software standardmäßig für den Einsatz unter Windows 95 ausgeliefert. Benötigt ein Kunde eine Client-Server-Installation, erhält er eine unter Windows NT lauffähige Version.

Die Software läuft im Rechenzentrum auf PC-Servern (Compaq). Für die externe Kommunikation lassen sich die PC-Arbeitsplätze durch VT-Emulation auf den Terminalbetrieb umschalten. Bisher ist diese Architektur noch mit einer Mainframe-Umgebung vergleichbar; die Umstellung auf den Client-Server-Betrieb mit Internet-Anbindung ist jedoch geplant. Aufgrund der geforderten hohen Übertragungsraten zwischen den Tankstellenterminals und den Front-ends laufen die Applikationen parallel auf zwei Servern. Aus Sicherheitsgründen ist der Daten-Server mit einem Shadow-PC zur permanenten Datenreplikation verbunden. Dieser übernimmt, falls auf einem Server ein Fehler auftritt, automatisch die Bearbeitung. Serviceprogramme der Datenbank sorgen nach der Fehlerbehebung für ein vollständiges, automatisches Recovery. Als zusätzliches Sicherungsmedium werden CDs eingesetzt, mit denen bis zu sechs Jahre alte Transaktionen detailliert nachvollziehbar und mit den auf den Tankstellenterminals erzeugten Belegen vergleichbar sind.

Ausgeklügelte Mechanismen transferieren die Daten zwischen dem Terminal und dem ICP-Server und kontrollieren die Rechtsgültigkeit jeder Transaktion durch Überprüfen der persönlichen Identifikationsnummern (PINs). Im Falle einer Störung werden die Speicherinhalte des betroffenen Terminals automatisch an das ICP-Rechenzentrum übertragen. Derartige Probleme können beispielsweise bei einem Blitzeinschlag in die Tankstelle auftreten. Mit Hilfe der Software werden die POS-Terminals zu Multifunktionsterminals, mit denen es den Tankstellenpächtern möglich ist, Preisinformationen beziehungsweise Preisänderungen sowie Tankuhrenstände und elektronische Peilungen einzugeben. Software und Terminals sind modular aufgebaut, so daß maßgeschneiderte Lösungen entsprechend den Kundenwünschen konfiguriert werden. Die Kommunikation zwischen den Servern im ICP-Rechenzentrum beziehungsweise der TSA-Software und den Tankstellen erfolgt über X.25-, ISDN- oder Wählverbindungen.

Die multidimensionale Struktur der Datenbank ermöglicht, daß mit nur drei PCs jährlich rund 45 Millionen elektronische Zahlungsvorgänge abgewickelt werden können. Diese Leistungsmerkmale reichen aus, um die Transaktionen während der vor- und nachmittäglichen Spitzenzeiten entsprechend den Zeitvorgaben abzuwickeln. Die verwalteten Datenbestände belaufen sich derzeit auf insgesamt 24 GB inklusive der temporär gespiegelten Daten. Hinzu kommen weitere Datenbestände aus anderen Applikationen. Es gibt Sperrdateien, die von Organisationen mit Schwerverkehrskarten, beispielsweise vom Deutschen Kraftverkehr (DKV), Union Tank (UTA) oder der Straßenverkehrsgenossenschaft (SVG) zusammengestellt und auf dem ICP-Server abgelegt werden.

Die größte Sperrdatei enthält rund 800 000 Einträge, die permanent gepflegt werden müssen. Bei Transaktionen mit einer Schwerverkehrskarte bauen die Tankstellenterminals automatisch eine Verbindung zum ICP-Server auf. Die Antworten mit Freigabe- beziehungsweise Sperrvermerken dürfen nicht länger als zwei Sekunden dauern. Auch Angaben über individuelle Kreditlimits der Karten sind vom Server abrufbar. Zur Vereinfachung werden die Karten für den Zahlungsverkehr mit Werkstätten, Fährbetrieben, Tankstellen etc. eingesetzt; die Auszahlung von Bargeldvorschüssen der Fuhrunternehmer an ihre Lkw-Fahrer entfällt.

"Unsere Dienstleistung entspricht einer Trichterfunktion", erläutert Rechenzentrumschef Lowack. "Die Abwicklung der Transaktionen ist zentralisiert und läuft über einen Front-end-Rechner unseres Rechenzentrums. Wir bekommen von den Tankstellen alle mit Eurocheque-Karten, Kreditkarten und Tankkarten generierten Datensätze mindestens einmal am Tag überspielt, konsolidieren sie und leiten sie einmal oder mehrmals täglich über standardisierte Protokolle zur Verrechnung an die Hausbank oder eine Kreditkartenorganisation der Mineralölkonzerne weiter." Es gibt keine direkte Abrechnung zwischen den verschiedenen Kreditkartenunternehmen und den Tankstellen; die Verrechnung erfolgt über die Hausbanken der Mineralölhersteller. ICP ist den Kunden vorgelagert und sorgt dafür, daß die gesamte Kartenverarbeitung im Netz funktioniert. Ebenso übernimmt der Service bei Kommunikationsproblemen zwischen POS-Terminals und dem Netz die zur Freigabe der Zahlungsvorgänge notwendige telefonische Autorisierung.

Die insgesamt 12000 POS-Terminals werden zentral verwaltet und gewartet; neue Programmversionen oder modifizierte Softwarekomponenten gehen per Download vom ICP-Servicezentrum aus an die verschiedenen Systeme in den Tankstellen. Auch lassen sich die Terminals kurzfristig in einen anderen Programm-Modus versetzen. Bei Eurocheque-Karten und den vier klassischen Kreditkarten (American Express, Diners, Eurocard und Visa) sind die Merkmale standardisiert. Die verschiedenen Karten für den Schwerlast- und Berufsverkehr haben andere, individuelle Merkmale, so daß es hier keine Normierung gibt. Die jeweiligen Programmfunktionen müssen für die unterschiedlichen Kartentypen von der TSA-Applikation bedarfsgerecht aktiviert werden.

TSA-Programm wählt sich in die Systeme ein

Das Hamburger Service-Rechenzentrum bietet Mineralölkonzernen einen Service zur zentralen Koordination und Disposition der für die angeschlossenen Tankstellen bestimmten Waren. So ruft beispielsweise die Dispositionsabteilung eines großen Kunden kontinuierlich Informationen über die verbliebenen Tankinhalte der einzelnen Tankstellen ab. Neben der effiziente-ren Materialdisposition werden gleichzeitig auch die Fehlmengen festgestellt, die zwar pro Tankstelle nicht allzu groß, bei einem Tankstellennetz summiert jedoch nicht unerheblich sind. Früher wurden diese Werte manuell mit Peilstäben gemessen, was aber zu relativ ungenauen Ergebnissen führte. Mittlerweile wählt sich das TSA-Programm zum definierten Zeiten in die Tankstellensysteme ein, fragt die Uhrenstände ab, analysiert die Verkäufe an den einzelnen Zapfpunkten, mißt über elektronische Peilstäbe die Tankinhalte und verändert die Preise auf den elektronisch gesteuerten Anzeigetafeln.

Tankstellenautomation

Die Gesellschaft für International Cards Processing GmbH, ICP, Hamburg, hat sich auf die Mineralölindustrie und Tankstellenbetreiber spezialisiert. Ihre 35 Mitarbeiter sind mit Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von POS-Terminals sowie mit den Applikationen zur Abwicklung des elektronischen Zahlungsverkehrs befaßt. Das Programmpaket "TSA" der Hamburger Dienstleister wurde in M entwickelt. Diese standardisierte Programmiersprache (ANSI, ISO) wird vom amerikanischen Datenbankanbieter Inter Systems integriert mit seiner Datenbank Open M angeboten. Die Trennung der Datenmodelle und Prozesse von den Betriebssystem-Funktionen macht Open-M-Applikationen portabel.

Angeklickt

Jährlich 40 Millionen elektronische Zahlungsvorgänge wickelt die ICP, Gesellschaft für International Cards Processing, Hamburg, ab. Die entsprechendeSoftware läuft unter der Datenbank Open M auf drei PC-Servern (Compaq). 12000 POS-Terminals werden von dem System bedient.

*Jürgen Koch ist freier Fachjournalist in München.