Server-Betriebssysteme auf dem Prüfstand

30.01.2003
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.

Die hohen Kosten der Herstellerabhängigkeit haben in den 80er und frühen 90er Jahren Anwender scharenweise zu Unix wechseln lassen. Gegen diesen Trend konnte sich nur IBMs AS/400 mit dem Betriebssystem OS/400 behaupten, einem stabilen, einfach zu bedienenden und relativ preisgünstigen System. Doch Unix enttäuschte in einer Hinsicht: Feine Unterschiede zwischen den Derivaten verhinderten die Unabhängigkeit und erschwerten den Wechsel zur Konkurrenz.

Seit Ende der 90er Jahre stößt Linux auf zunehmendes Interesse. „Linux ist in der Lage, das zu halten, was Unix einmal versprochen hat“, bringt es Thomas Uhl, Vorsitzender der Linux-Arbeitsgruppe in der IBM-Anwendervereinigung Guide Share Europe (GSE), auf den Punkt. Weil das quelloffene Betriebssystem auf einer ganzen Reihe von Rechnern - vom Mainframe bis zu PDAs und Netzwerk-Appliances - läuft, bietet es sich für eine Konsolidierung an. Seine Stabilität und seine Ähnlichkeit mit Unix führen zu geringen Betriebskosten.

Noch ist Linux - so die Butler Group im Einklang mit fast allen Analysten - für einen breiten oder gar durchgehenden Einsatz auf den Servern in Rechenzentren nicht reif genug. Aber die Anbieter der heute im Highend arbeitenden Unix-Systeme sollten sich an die eigene Geschichte erinnern. Einst behaupteten die Mainframe-Hersteller, Unix werde nicht so bald die technische Perfektion ihrer „großen Eisen“ erlangen. Es hat nicht lange gedauert.

Eine weitere Konkurrenz erwächst den Unix-Anbietern durch Microsoft. Windows NT wurde bei seinem Erscheinen eher abfällig belächelt. Es hat in wenigen Jahren die Unix-Spezialisten für Intel-Umgebungen an den Rand gedrängt. Der Branchenriese aus Redmond hat die proprietären Differenzen der Unix-Derivate weidlich ausgeschlachtet und ist mit dem Argument einer einfachen Administration seines System hausieren gegangen. Bill Gates und sein Management haben bemerkt, dass Server ein gutes Geschäft hergeben, und setzen, zumal der Desktop-Markt ausgereizt ist, mit Energie auf diese Expansionsmöglichkeit. Mit Windows 2000 machen sie Ernst, und sie werden mit Windows Server 2003 das Server-Segment noch kräftiger bearbeiten.

Die sich im Umfeld von Linux und Windows 2000 beziehungsweise dessen Nachfolger abzeichnenden Entwicklungen versucht die Butler Group unter dem Aspekt Produktstrategie mitzubewerten. Der Kern der Studie dreht sich aber um detaillierte technische Eigenschaften der Betriebssysteme. Je mehr sie zu leisten vermögen, je mehr Features sie mitbringen, desto mehr Punkte erhalten sie. Die maximale Punktzahl ist dabei zehn. Dabei stellen die Butler-Analysten die technischen Aspekte in sechs Gruppen zusammen, die nach heutigen Anforderungen für die Beurteilung von Betriebssystemen von zentraler Bedeutung sind.