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September

29.12.1998
Von Michael Hufelschulte
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Schlagzeile des Monats gehört Peoplesoft: Den Softwerkern gelingt es nach fast vier Jahren Laufzeit und Investitionen von rund 100 Millionen Mark nicht, ihre Personalsoftware beim Siemens-Konzern erfolgreich unterzubringen. Das „Human Resource Management System“ wird mit den landes- und Siemens-spezifischen Gesetzen, Tarifen und Datenschutzverordnungen nicht fertig. Die Rotstift-Jongleure von McKinsey tragen schließlich dazu bei, daß sich Siemens zu einem Wechsel auf SAP-Software durchringt.

Noch eine Hochzeit im deutschen Softwaremarkt: Für weniger als 50 Millionen Mark schluckt die auf Dokumenten-Management und Workflow spezialisierte SER Systeme AG, Neustadt/Wied, das Dortmunder Softwarehaus Quantum. SER interessiert sich dabei weniger für die betriebswirtschaftliche Standardsoftware „Mega“ als für die 280 hochqualifizierten und projekterfahrenen Mitarbeiter von Quantum und für deren Kunden. Außerdem sind die Dortmunder Systemhaus-Partner der SAP AG und könnten SER auch Zutritt zu diesem Kundenkreis verschaffen.

SAP selbst kämpft derweil mit einem aufmüpfigen US-Kunden, dem Konkurs gegangenen Pharmahändler Fox Meyer Corp. Dessen Sequestor fordert Schadensersatz in Höhe von 500 Millionen Dollar, weil die SAP-Software entgegen allen Zusicherungen mit den Anforderungen und Datenmengen des Kunden nicht zurechtgekommen sei. Die Walldorfer geben den Schwarzen Peter an die Projektleitung weiter, die es offenbar nicht verstanden habe, für eine Installation dieser Größenordnung die richtige Hardware-Ausstattung zu wählen und die Software angemessen zu konfigurieren.

Wenig schmeichelhafte Gerüchte kreisen um SAP-Manager Paul Wahl. Der US-Geschäftsführer verläßt das Unternehmen überraschend, um an die Spitze einer kleinen amerikanischen Startup-Company namens Tristrata zu treten. Im CW-Gespräch sagt Wahl, daß er weder zu den SAP-Mitarbeitern gehört, gegen die wegen unerlaubter Insider-Geschäfte ermittelt wird, noch irgendeine Schuld am Scheitern des R/3-Projektes bei Fox Meyer trägt. Ihn habe schlicht die neue Aufgabe bei einer sehr vielversprechenden Startup-Company im Markt für Datensicherheitsprodukte gereizt.

Im Markt für Software-Entwicklungs-Tools schreitet der Konzentrationsprozeß voran. Nach der Fusion von Micro Focus und Intersolv schluckt jetzt Sterling Software den Anbieter Cayenne. Die Softwareschmiede war 1996 aus der Fusion von Cadre Technologies und Bachman Information Systems hervorgegangen - ein Merger, der nicht vom Erfolg gekrönt war. Trotz leistungsfähiger Modellierungs- und Design-Tools für die objektorientierte Programmierung mußte das Softwarehaus rückläufige Umsätze und Verluste in Kauf nehmen. Daher kam die rund 11,4 Millionen Dollar teure Übernahme durch Sterling beiden Anbietern sehr gelegen. Sterling hatte bereits im Juni die Synon Corp. übernommen.

Eines der großen Sommerthemen ist die Asienkrise, deren Dimension so richtig deutlich wird, als Hitachi sein Ergebnis für 1998/99 vorhersagt: Für das Geschäftsjahr, das am 31. März 1999 endet, erwartet der Konzern einen Verlust von 3,2 Milliarden Mark - das schlechteste Ergebnis seit 50 Jahren. Entlassungen, Gehaltskürzungen und eine Reorganisation sind die Folgen. In den nächsten Wochen melden weitere namhafte Konzerne aus Nippon schwache Ergebnisse.

Den Pionieren im Markt für weltweite satellitengestützte Handy-Netze ist das Mitleid der Branche sicher. Iridium muß den Start seines 66 Kommunikationssatelliten umfassenden Netzes vom 23. September auf den 1. November verschieben. Das Projekt kränkelt an allen Ecken und Enden: Satelliten fallen aus, und notwendige Lizenzen werden von zahlreichen Ländern verweigert. Sind die fünf Milliarden Dollar Anlaufinvestition bereits verloren? Dem ärgsten Rivalen Globalstar geht es nicht besser: Die russische Trägerrakete „Zenit-2“, die zwölf Satelliten ins All transportieren sollte, explodiert kurz nach dem Start in Kasachstan.

Telekom-Chef Ron Sommer schimpft wie ein Rohrspatz auf die deutsche Regulierungsbehörde. Sie erlaube „parasitären Wettbewerbern“ die Nutzung vorhandener Netze zu unangemessen niedrigen Preisen, klagte Sommer auf einer internationalen Konferenz, die das „Wall Street Journal“ ausgerichtet hatte. Große Netzbetreiber wie die Telekom würden gezwungen, an Ausgaben für die Netzinfrastruktur zu sparen - angeblich eine Katastrophe für die gesamte Volkswirtschaft.

Digital-Anwender, die nach der Übernahme durch Compaq um die Zukunft der Chiparchitektur „Alpha“ gefürchtet hatten, werden eines Besseren belehrt: Compaq rüstet die mit Tandem übernommenen „Himalaya“-Server von Mips auf Alpha um. Beobachter halten die Verschiebung von Intels IA-64-Architektur für einen wesentlichen Grund.

Mit Oracle und Hewlett-Packard schwächeln zwei internationale Traditionsunternehmen. Oracle leidet unter der Stagnation im weltweiten Datenbankgeschäft, in dem derzeit nur Microsoft mit seinem billigen SQL Server vorankommt. Mit einer Aufholjagd im Markt für betriebswirtschaftliche Standardsoftware will Unternehmensgründer Larry Ellison die Scharte auswetzen.

Hewlett-Packard leidet an strukturellen Problemen, die eine nur schleppende Geschäftsentwicklung zur Folge haben. Dem Unternehmen ist im Gegensatz zum Erzrivalen IBM der Sprung ins Servicegeschäft nur teilweise gelungen. Auch ging der Plan, den Mainframe-Markt mit Hochleistungs-Servern unter Unix aufzumischen, nur bedingt auf. HP krankt ferner an zu hohen Kosten und einer kaum noch durchschaubaren Unternehmensstruktur. Mit dem Abbau von zunächst 2500 Mitarbeitern will CEO Lewis Platt sein Problem in den Griff bekommen.