Web

SENSATION: HP kauft Compaq für 25 Milliarden Dollar

04.09.2001

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Ausgerechnet am ereignisarmen Labor Day überrascht uns aus den USA wohl die IT-Nachricht des Jahres 2001: Hewlett-Packard Co. will den texanischen Konzern Compaq Computer Corp. im Rahmen eines Aktientauschs mit einem Volumen von rund 25 Milliarden Dollar übernehmen. Eine offizielle Ankündigung des Deals soll einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge noch heute erfolgen. Die Chefetagen beider Unternehmen hätten dem Deal bereits zugestimmt, HP zahle für jede Compaq-Aktie 0,6325 eigene Anteilscheine. Damit hielten die Aktionäre von HP rund 64 Prozent am kombinierten Konzern, der als Hewlett-Packard firmieren soll, die von Compaq die verbleibenden 36 Prozent.

HP-Chefin Carly Fiorina (46) wird CEO (Chief Executive Officer) des neuen Gemeinschaftsunternehmens mit einem kombinierten Jahresumsatz von 87 Milliarden Dollar; Compaq-Boss Michael Capellas (ebenfalls 46 Jahre alt) besetzt den Posten des President. HPs CFO (Chief Financial Officer) Robert Wayman wird die gleiche Funktion im neuen Unternehmen bekleiden. Sein Compaq-Pendant Jeff Clarke übernimmt gemeinsam mit Webb McKinney, zurzeit President der Geschäftskundenabteilung bei HP, die Leitung des Integrationsteams. Die beiden Konzerne erwarten sich von ihrer Fusion in den kommenden Jahren Kostenersparnisse von 2,5 Milliarden Dollar. Obwohl dazu noch nichts verlautete, ist durch die zwangsläufig resultierenden Overheads mit Stellenstreichungen erheblichen Ausmaßes zu rechnen, falls das Geschäft wie geplant zustande kommt.

Unter hohem Kostendruck stehen beide vor allem im margenarmen PC-Geschäft, das aber bislang keiner von beiden aufgeben wollte. Durch die Kombination der Konzerne entsteht ein PC-Gigant mit gegenwärtig rund 19 Prozent Marktanteil am globalen Geschäft - die bisherige Nummer eins, Direktanbieter Dell, kommt auf 13 Prozent.

Im Server-Markt erreichen HP und Compaq zusammen einen Marktanteil von 37 Prozent. Beide hatten zuletzt laut aktuellen Gartner-Zahlen Federn lassen müssen - im Lowend-Bereich gegenüber Dell und im Highend gegenüber IBM, die im vergangenen Quartal als einzige hatten zulegen können.

Eine echte Macht entstünde darüber hinaus im lukrativen Servicegeschäft. Sowohl HP als auch Compaq bemühten sich in der Vergangenheit eher vergeblich um eine Stärkung ihrer Position in diesem Bereich. HP übernahm zwar das Desaster-Recovery-Business von Comdisco, scheiterte aber bei der Akquisition des Beratungsgeschäfts von PricewaterhouseCoopers. Compaq schaffte mit dem Kauf von DEC im Jahr 1998 auf einen Schlag den Einstieg ins Servicegeschäft, hat aber seither nur wenig zugekauft und zog zuletzt bei der Übernahme von Proxicom den kürzeren.

Allerdings stellt sich nun vor allem die Frage, wie die US-Kartellbehörden auf die Ankündigung reagieren. Im schlimmsten Fall könnten sie die Pläne glatt durchkreuzen. Im US-Ladengeschäft mit PCs würde das kombinierte Unternehmen beispielsweise zwei Drittel des Marktes dominieren, weil einige Konkurrenten (IBM, Packard Bell, Acer) sich hier zurückziehen. Compaq ist außerdem einer der größten Kunden von HPs Drucker-Konkurrenten Lexmark. Eine kartellrechtliche Untersuchung könnte sich in jedem Fall über Monate hinziehen und beispielsweise die Trennung von sich überlappenden Produktlinien fordern. Vom zuständigen Justizministerium liegt bislang keine Stellungnahme vor.

Eine ausführliche Berichterstattung lesen Sie ab heute Mittag im Thema des Tages.