Vor allem IT-Studenten informieren sich genau

Selbstbewusste Absolventen wissen bei der Jobsuche, was sie wollen

28.07.2000
Die Berufsanfänger von morgen sind gut informiert, selbstbewusst und kennen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt genau, so das Ergebnis des jährlichen Absolventenreports der CSC Ploenzke AG. Ihre Erwartungen an das Berufsleben können sie präzise formulieren. Allerdings stimmen Unternehmen und Bewerber in ihrer Einschätzung nicht immer überein. Von Ingrid Weidner*

Beim Absolventenkongress in Köln befragte die CSC Ploenzke AG im November letzten Jahres zum achten Mal Studierende, die unmittelbar vor ihrem Examen stehen. Was erwarten die Absolventen, wie bereiten sie sich auf den Berufseinstieg vor, und welche Branchen schätzen sie als attraktiv ein. In der aktuellen Studie wurden zum selben Thema erstmals auch Unternehmensvertreter befragt.

Von den 462 ausgewählten Studierenden sind 53,5 Prozent angehende Wirtschaftswissenschaftler und 9,5 Prozent Informatiker. Im Vergleich zu den letzten Jahren stieg der Anteil der Sammelgruppe "sonstige Studienfächer" auf 16,6 Prozent an. Dahinter verbergen sich Psychologie, Sprach- und Sozialwissenschaften. Insgesamt spiegelt sich die steigende Zahl der Hochschulabsolventinnen auch in der Studie wider. An der Befragung nahmen 37 Prozent weibliche Studierende teil. In diesem Jahr waren die Studierenden erstmals wieder jünger als im Vorjahr. Mit durchschnittlich 26 Jahren sind sie allerdings trotzdem älter als ihre europäischen Kommolitonen.

Die meisten Studierenden (98,9 Prozent) informieren sich intensiv über den Berufseinstieg. Das Internet ist mit 85,9 Prozent die häufigste Informationsquelle. Für Vorträge interessieren sich nur 48 Prozent der Antwortenden. Hier müssen sich Unternehmen mit anderen Veranstaltungen als attraktive Arbeitgeber darstellen. Auch der Meinung von Praktikern schenken nur noch 73,6 Prozent ihr Vertrauen, 1998 waren es noch 79 Prozent. Frauen und Informatiker scheinen bei der Berufsplanung nichts dem Zufall zu überlassen: Sie sind zu 100 Prozent informiert.

Die Studienabgänger von morgen bevorzugen ganz klar einen festen Arbeitsvertrag gegenüber der Selbständigkeit. Nur 5,8 Prozent können sich vorstellen, gleich ein eigenes Unternehmen zu gründen. Allerdings geht ein Existenzgründer vermutlich nicht zu einer Karrieremesse, bei der Vorstellungsgespräche für einen festen Arbeitsvertrag im Vordergrund stehen. Die Mitarbeiterzahl des künftigen Arbeitgebers spielt für ein Drittel der Befragten keine Rolle. Sehr wichtig sind dagegen ein gutes Betriebsklima, eine anspruchsvolle Tätigkeit und gute Weiterbildungsmöglichkeiten. Wie im letzten Jahr sind den Berufsanfängern günstige Karrierechancen wichtiger als die Qualität der Produkte. Unwichtig sind dagegen der Unternehmensstandort, die Möglichkeiten einer Promotion und ein flexibles Büro.

Die angehenden Akademiker wissen ziemlich genau, was sie sich unter einem idealen Berufseinstieg vorstellen. Für die meisten (69,9 Prozent) heisst der Traumweg "Training on the job". Ein Trainee-Programm wünschen sich nur 32,9 Prozent. Die Absolventen wünschen sich kurze Einarbeitungsphasen und möchten so bald wie möglich eigenverantwortlich arbeiten.

Bei der Frage, in welcher Branche die Absolventen gern arbeiten möchten, lagen die Dienstleister ganz vorn. Für drei Viertel der Befragten sind sie die idealen Arbeitgeber von morgen. Insgesamt möchten 63 Prozent der Wirtschaftswissenschaftler bei einer Unternehmensberatung ins Berufsleben starten, bei den Informatikern sind es 55 Prozent. Der öffentliche Dienst ist indes nur für 5,2 Prozent interessant; im Vergleich zum letzten Jahr allerdings ein leichter Anstieg. Einer wissenschaftlichen Laufbahn können nur wenige Examenskandidaten (8,5 Prozent) etwas abgewinnen. Allerdings votierten hier die Informatiker anders: Jeder fünfte kann sich vorstellen, in Forschung und Lehre zu arbeiten. Wenn es um die Attraktivität des künftigen Arbeitgebers geht, ist den Informatikern die flexible Arbeitszeit am wichtigsten.

Nach Ansicht der Befragten bereitet die Hochschule im Vergleich zu den vergangenen Jahren besser auf die Praxis vor. Trotzdem wünschen sich die Noch-Studierenden eine effizientere Hochschule. Gleichzeitig setzen die Absolventen auf Eigeninitiative, um die Lücke zwischen Theorie und Praxis zu schließen. 97,8 Prozent haben sich auf die Praxis vorbereitet. Besonders beliebt sind Praktika, die einen zielgerichteten Eindruck des Berufsalltags bieten. Neben- und Aushilfsjobs geraten hierbei ins Hintertreffen. Vermutlich trägt ihre gute Vorbereitung dazu bei, dass die Arbeitnehmer von morgen zuversichtlich an die neuen Aufgaben herangehen. Die Absolventen erwarten keine Probleme beim Berufseinstieg. Es sind die selbstbewusstesten Absolventen seit Beginn der Studie.

Allerdings sehen die befragten Unternehmensvertreter den Berufseinstieg nicht ganz so optimistisch; sie bewerten die Absolventen um eine halbe Note schlechter. Auch in anderen Punkten treten unterschiedliche Einschätzungen von Unternehmen und Absolventen deutlich hervor. Sprachkenntnisse sind für die Unternehmen weniger wichtig als erwartet. Dagegen legen sie mehr Wert auf eine abgeschlossene Lehre. Studierende schätzen DV-Kenntnisse, Praktika, Mobilität, Auslandsaufenthalt und Studiendauer wesentlich wichtiger ein als die Unternehmen. Dagegen stufen die künftigen Arbeitgeber Teamfähigkeit, Kommunikation, analytisches Denkvermögen und Kreativität höher ein als die Absolventen.

*Ingrid Weidner ist freie Journalistin in München.

Abb: Hochschulabsolventen verabschieden sich langsam von klassischen Informationsquellen und setzen auf elektronische Medien. Quelle: CSC Ploenzke