Nach Berlin ist nun die Stuttgarter Zentrale an der Reihe:

SEL spart weiter kräftig Personal ein

21.07.1989

STUTTGART (bk) - Einmal mehr müssen zahlreiche Arbeitnehmer bei der Standard Elektrik Lorenz AG (SEL), Stuttgart, um ihren Job fürchten. Im gesamten Unternehmen sollen im Rahmen von Rationalisierungsmaßnahmen rund 1000 Stellen abgebaut werden. Davon betroffen ist auch der DV-Bereich.

Der Personalabbau bei der Stuttgarter Standard Elektrik Lorenz AG nimmt kein Ende. Nachdem sich in der Vergangenheit überwiegend die Berliner SEL-Mitarbeiter einen neuen Arbeitgeber suchen mußten, hat der Vorstand jetzt den Stuttgarter Raum ins Visier genommen. Grund: Nach der letztjährigen Neugliederung der SEL-Aktivitäten in sieben weitgehend selbständige Unternehmensbereiche sollen nun auch die Zentralbereiche im Stuttgarter Headquarter umstrukturiert werden.

Zentren mit Ergebnisverantwortung

Der SEL-Vorstand beabsichtigt, die Zentralbereiche Kaufmännische Verwaltung und Controlling, Finanzierung und Steuern, Personal- und Sozialwesen sowie Internationale Beziehungen "soweit wie möglich in interne Dienstleistungszentren mit Ergebnisverantwortung umzuwandeln". Damit werde das Unternehmen seine Kostenstruktur verbessern. Negative Begleiterscheinung der Umorganisation: Rund 1000 Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz. Von der Personaleinsparung betroffen ist laut Pressesprecher Wolfgang Schmid auch der DV-Bereich. Dort sollen etwa 100 Stellen der Umstrukturierung zum Opfer fallen. Allerdings, so Schmid, werde im DV-Sektor der größere Anteil der geplanten Einsparungen aus Sachleistungen kommen.

Auf scharfe Kritik ist das erneute Personalreduzierungsprogramm des SEL-Vorstandes bei der IG Metall Stuttgart gestoßen. Denn entgegen den Versprechungen der Unternehmensleitung, Kündigungen durch Versetzung, Weiterqualifikation, Teilzeitprogramme und Vorruhestandsregelungen weitgehend vermeiden zu wollen, räumt die Gewerkschaft dieser Vorgehensweise wenig Chancen ein. Aufgrund der Arbeitsplatzvernichtungspolitik des SEL-Vorstandes in der Vergangengenheit, so ein Sprecher, habe das Unternehmen kaum noch Spielraum, um 1000 Mitarbeiter durch solche Maßnahmen vor der Entlassung bewahren zu können. Deshalb forderte die IG Metall die Unternehmensführung auf, ..die Karten offen auf den Tisch zu legen und den betroffenen Arbeitnehmern zu sagen, wie ihre Arbeitsplätze erhalten werden können".

Seit 1987 macht das Stuttgarter Elektronikunternehmen vor allem durch Personalabbau von sich reden. Vor zwei Jahren trennte sich SEL von dem Geschäftsbereich Unterhaltungselektronik (ging an Nokia) und damit auch von 8200 Mitarbeitern Weitere 1000 Arbeitsplätze wurden zudem in anderen Unternehmensgruppen abgebaut. Personalstand Mitte 1988: 23 500. Seitdem mußten wiederum mehr als 1000 Mitarbeiter - vornehmlich in Berlin - die SEL verlassen. Erst kürzlich verkauften die Stuttgarter die angeschlagene DV-Division CTM Computertechnik Müller, Konstanz, und wurden dadurch weitere 700 Mitarbeiter los.