Anwender vermissen zuverlaessige Anzeige der verbleibenden Betriebsdauer

Sehr viele Laptop-Akkus halten die Herstellerversprechen nicht

19.03.1993

Wenn von Laptop-Batterien die Rede ist, steigt mir der Puls. Nicht etwa, weil man die Dinger korrekterweise Akkumulatoren nennen muesste, sondern weil ich mit ihnen so boese Ueberraschungen erlebt habe.

Vier Stunden, hiess es, koenne man mit dem Wang-Laptop netzunabhaengig arbeiten. Ich brachte es maximal auf zwei. Natuerlich aergerte ich mich jedesmal, wenn der laestige Hupton in immer kuerzeren Abstaenden auf den niedrigen Akkustand hinwies und damit ein vernuenftiges Weiterarbeiten verunmoeglichte. War keine Steckdose in der Naehe oder das Netzgeraet nicht zur Hand, gab es nur eins: abspeichern und abschalten.

Das muss eine Kinderkrankheit meines Mobilcomputers sein, dachte ich (man schrieb das Jahr 1985) und hoffte, dass sie bei neueren Geraeten ausgemerzt wuerde. Sie wurde nicht - im Gegenteil: Mit den gestiegenen Leistungsanspruechen der Anwender verschaerfte sich das Problem sogar noch.

Die groessten Stromfresser sind die Bildschirmbeleuchtung - mein Wang hatte noch gar keine -, die Speicherlaufwerke und der Prozessor. Die Hersteller geben sich zwar alle erdenkliche Muehe, die besten Kompromisse zu finden: Hintergrundbeleuchtung ja, aber zum Stromsparen reduzierbar. Grosse Festplatte ja, aber waehrend Arbeitspausen abschaltbar. Hochleistungsprozessor ja, aber in Stromsparausfuehrung und mit umschaltbarer Taktfrequenz. Nun mag die Technologie aber noch so raffiniert sein - ihre Grenzen lassen sich nicht wegzaubern: Je kompakter und leichter die Geraete werden und damit einem der wichtigsten Anwenderwuensche entgegenkommen, desto kleiner muss auch der Akku sein. Und das bedeutet zumindest vorlaeufig geringere Stromkapazitaet.

Auch ausgeschaltete Geraete verbrauchen Strom

So kommt es, dass mein 2,8 Kilo leichter Toshiba-Notebook-Computer trotz neuerer Technologie auch nicht laenger netzunabhaengig ist als der mehr als doppelt so schwere Wang-Laptop. Dass der Hersteller eine wesentlich laengere Akkulaufzeit verspricht (2,5 bis 3 Betriebsstunden) als gegeben ist (1,5 bis 2 Stunden), ist ein anderes, eher trauriges Kapitel. Aber da ist Toshiba in guter Gesellschaft: Auch die Akkus anderer Hersteller loesen nicht ein, was die Prospekte behaupten.

Zwar kann man durch Abschalten von Hard-Disk und Bildschirm bei Arbeitspausen und Umschalten auf eine niedrigere Taktfrequenz Strom sparen. Aber damit erreicht man nicht viel mehr als eine halbe Stunde zusaetzliche Galgenfrist. Verzichtet man auf die ueberaus nuetzliche "Autoresume"-Funktion (der Rechner praesentiert sich beim Einschalten exakt so, wie man ihn beim Abschalten verlassen hat), so bewirkt das hoechstens, dass sich der Akku im ausgeschalteten Zustand nicht so rasch entlaedt.

Womit wir bei der eigentlichen Schwachstelle des Mobilbetriebs waeren: dem Akkumulator. Dass dieser auch bei ausgeschaltetem Geraet Strom verliert, wissen nur wenige. Das steht natuerlich in keinem Prospekt, und der Verkaeufer wird sich hueten, das heikle Thema anzusprechen. Die Stunde der Wahrheit kommt spaeter, wenn man das frischerworbene Geraet einsetzt.

Theoretisch buessen Laptop-Akkus in den ersten 24 Stunden fuenf bis zehn Prozent ihrer Leistung ein, spaeter reduziert sich der Tagesverlust auf ein bis zwei Prozent. In der Praxis, wenn die Akkus schon etliche Ladezyklen hinter sich haben, kommt man auf wesentlich schlechtere Werte. Wenn ich zum Beispiel meinen frisch geladenen Toshiba-Notebook ein paar Tage nicht brauche, laeuft er hoechstens noch eine Stunde, und auch beim Powerbook von Apple ist nach zwei Tagen einiges vom eingespeisten Saft verschwunden.

Der Anwender haengt in der Luft

Ohne Anzeige der verbleibenden Akkupower haengt der Anwender vollkommen in der Luft: vielleicht arbeitet das Geraet noch zwei Stunden, vielleicht macht es aber auch schon nach 45 Minuten schlapp. Das haengt davon ab, wann der Benutzer es zum letzten Mal aufgeladen hat - und wie. Eine gruen aufleuchtende Ladelampe garantiert naemlich noch nicht, dass der Akku vollstaendig geladen ist. Oft ist das erst Stunden spaeter der Fall.

Leider sind auch die meisten Balkenanzeigen unzuverlaessig: Sie beruhen auf Strommessungen im Geraet, die je nach Betriebszustand unterschiedlich ausfallen und deswegen zu wilden Spruengen auf der Anzeige fuehren koennen. Eine loebliche Ausnahme macht Compaq mit den neuen Notebooks der "Lite"-Serie: Da ist im Akkupack selbst ein Prozessor eingebaut, der laufend an der Quelle ausrechnet, wieviel Strom noch vorhanden ist. Ein jederzeit abrufbares Balkendiagramm zeigt die verbleibende Betriebsdauer auf zehn Minuten genau. Steht der Balken dann auf Null, ist immer noch Strom fuer etliche Minuten Arbeit vorhanden.

Wie allerdings die im Compaq-Prospekt versprochene Betriebsdauer ("Wir garantieren Ihnen mehr als drei Stunden") erreichbar sein soll, ist mir ein Raetsel. Egal, wie lange ich das Testgeraet am Stromnetz anschloss, ueber eine Stunde und 50 Minuten kam der Balken nie.

Akkus wollen geliebt werden

Inzwischen habe ich auch dafuer eine moegliche Erklaerung: Die Anwender sind schuld - also ich und alle andern, die das Geraet in der Hand hatten. Wir haben den Akku falsch behandelt, und deshalb gibt er nicht mehr das her, was er bei pfleglichem Umgang leisten koennte.

Wie man Akkus richtig behandelt, ist allerdings eine wahre Kunst. "Laden Sie eine leere Batterie moeglichst bald wieder auf", steht im Handbuch des Apple Powerbook, "wenn Sie eine entladene Batterie laenger als zwei Wochen aufbewahren, kann sie so stark beschaedigt werden, dass sie nicht mehr aufgeladen werden kann." Genau das ist mir beim Toshiba-Notebook passiert. Eines der beiden Akkupacks funktioniert nach zwei Jahren gar nicht mehr, das andere, das ich fuer beinahe 200 Schweizer Franken als Ergaenzung gekauft hatte, nur noch teilweise. Kein Wunder, hatte ich doch manchmal die Geraete bis zu zwei Wochen vernachlaessigt.

Was bei solch laengerfristiger Lagerung zu tun waere, kann man wiederum im Apple-Handbuch nachlesen: den "Batteriekontakt unterbrechen" (falls es dafuer keinen Schalter gibt, den Akku aus dem Geraet nehmen) und alles "an einem kuehlen und trockenen Ort aufbewahren". Neckisch ist vor allem der Nachsatz: "Wenn Sie die Batterie laenger als sechs Monate lagern, koennen Sie sie unter Umstaenden nicht wieder aufladen." Fazit: Einmal gekauft, wollen Laptops also auch regelmaessig gebraucht werden. Das bestaetigt sogar das Toshiba-Handbuch, das sich sonst beim Thema "Batterien" eher wortkarg gibt: "Do not leave the computer unused for extended periods of time."

Widerspruechliche Angaben liest man zum Thema Laden der Akkus. "Let the battery run out before you recharge it", steht bei Toshiba. "Vermeiden Sie es, die Batterie ganz zu entladen", warnt hingegen Apple und praezisiert: "Geschieht dies gelegentlich, wird die Batterie nicht beschaedigt. Wenn Sie die Batterie jedoch wiederholt vollstaendig entladen, wird ihre Lebensdauer verkuerzt."

Compaq wiederum raet zu einem Mittelweg: "The battery should be completely discharged every 60 to 90 days to maintain optimum performance." Ganz sicher scheinen die Compaq-Fachleute aber auch nicht zu sein. "If battery performance is not improved after this action, it will have to be replaced."

Den Hersteller wird?s wohl mehr freuen als den Anwender, der das teuer bezahlen muss und auch noch mit einem Umweltproblem konfrontiert ist: Nikkel-Cadmium-Akkus enthalten hochgiftige Materialien und muessen deshalb rezykliert oder sorgfaeltig entsorgt werden. Auch die moderneren Nickel-Metallhydrid-Akkus gehoeren keinesfalls in den Kehrichtsack. Sie bergen ein aetzendes Elektrolyt, das sich ueberdies in Verbindung mit Sauerstoff selbst entzuenden kann.

Fazit: Den Laptop oder Notebook mit der idealen Stromversorgung gibt es noch nicht. Akkus muss man haetscheln und pflegen, sonst streiken sie sehr bald. Wie man das am besten tut? Nun, da muss wohl die Intuition ins Spiel kommen, die der eingangs zitierte Batteriefachmann angesprochen hat.

Einen Trost kann ich akkugeschaedigten Anwendern aber noch bieten. Wer auf Komfort wie Hard-Disk, Hintergrundbeleuchtung und schnelle Prozessoren verzichten kann, soll sich Palmtop-Computer wie die von Sharp oder Poqet anschauen: Sie sind nicht nur kleiner und leichter als Notebooks, sondern laufen zum Teil mit normalen Haushaltbatterien, und zwar nicht nur zwei, drei Stunden, sondern mindestens doppelt so lang. Fuer Textverarbeitung oder einfache Tabellenkalkulationen genuegen sie vollauf.

*Felix Weber ist freier Journalist in Zuerich.

So funktioniert ein Akkumulator

Im Akkugehaeuse stecken zwei Elektroden, zum Beispiel eine aus Cadmium und eine aus Nickel. Dazwischen ist das sogenannte Elektrolyt: Wasser, in dem elektrisch aktive Substanzen wie etwa Schwefelsaeure geloest sind. Chemische Reaktionen zwischen Elektroden und Elektrolyt setzen unter anderem Elektronen frei - ein Strom fliesst.

Im Betrieb wird das Elektrolyt chemisch gebunden. Pumpt man mit einem Ladegeraet Elektronen in den Akku, geschieht der umgekehrte Vorgang: Das Elektrolyt wird zurueckgebildet, und der Akku kann wieder Strom abgeben.