Aus arbeitslosen Akademikern werden Oracle-Systementwickler

Sechs Monate für den neuen Job büffeln

26.02.1999
Von Gabriele Müller Grenzüberschreitend arbeiten ein niederländischer Schulungsträger und ein deutsches Institut für Erwachsenenbildung in Düsseldorf zusammen. Gemeinsam qualifizieren sie arbeitslose Akademiker zu Oracle-Systementwicklern.

Nach zwei Jahren im Controlling und einem Jahr im Vertrieb eines kleinen Softwarehauses kam für Diplomkaufmann Alexander Missel das Aus. Der 31jährige wollte und konnte sich nicht mit seiner Arbeitslosigkeit anfreunden. Einen Ausweg fand er im Anzeigenteil seiner Lokalzeitung, in der das niederländische Schulungsunternehmen Richter Fast Lane Teilnehmer für einen erstmals stattfindenden Lehrgang zum Oracle-Systementwickler suchte.

"Ich wußte sofort, das war meine Chance", erinnert sich Missel. Für ihn stand fest, daß er wieder in einem Software-Unternehmen arbeiten wollte. "Aber dieses Mal wollte ich sicher gehen, daß meine Kenntnisse fundiert genug sind, um im neuen Job erfolgreich zu sein." Jetzt ist Missel einer von 18 Teilnehmern der halbjährigen Schulung, die von der niederländischen Firma und dem ASG-Bildungsforum, Düsseldorf, angeboten wird.

Bei den beiden Partnern gibt es eine klare Arbeitsteilung: Richter Fast Lane übernimmt die Konzeption und vermittelt die Inhalte. Denn mit den Schwerpunkten Consulting, Qualifizierung, Projektentwicklung und Projekt-Management setzen die Niederländer schon seit einigen Jahren auch auf Schulungen für Entwickler und Anwender.

Das Bildungsforum übernimmt die Administration und stellt die Räumlichkeiten. "Eine ideale Zusammenarbeit", freut sich René Vaanhold, Director Education Services Europe bei Richter FastLane. "Vieles im deutschen Arbeitsförderungsgesetz war doch neu und ungewohnt für uns." Denn anders als hier trägt beim westlichen Nachbarn der Teilnehmer oder spätere Arbeitgeber die Kosten für die Weiterbildung.

"Für uns und das Arbeitsamt ist das sicher eine ungewöhnliche Lösung", gibt ASG-Studienleiter Bernhard Brinkmann zu. "Aber warum sollen wir nicht voneinander lernen?" So ließen sich die Düsseldorfer Arbeitsmarktwächter schnell von den Erfolgen der Niederländer überzeugen. Deren Vermittlungsquoten aus den Lehrgängen der vergangenen Jahre liegen mit über 90 Prozent weit über dem Durchschnitt. Grund genug für das Arbeitsamt, innerhalb kürzester Zeit auf der Grundlage des Arbeitsförderungsgesetzes(AFG) Träger und Teilnehmer zu finanzieren.

Das Geheimnis des Erfolges ist für Richter Fast Lane nicht nur die internationale Marktführerschaft von Oracle im Bereich der Datenbanksysteme. "Natürlich werden gut ausgebildete Fachkräfte ohnehin vom Markt dringend benötigt", weiß Vaanhold. Als Besonderheiten des Schulungskonzepts führt er aber auch die strikte Praxisorientierung und die Erziehung zur Teamarbeit an. Im Lehrplan sind mehrfach Workshops vorgesehen, die die Teilnehmer in Arbeitsgruppen selbst gestalten müssen, um etwa eine Oracle-Datenbank für ein Unternehmen ihrer Wahl zu konzipieren.

Für den ersten Lehrgang wurden aus den rund 170 Interessenten 18 Teilnehmer ausgewählt. "Die sind im Alter von 25 bis 49 und haben alle einen unterschiedlichen beruflichen Werdegang - vom Mediziner bis zum Pädagogen", zählt Brinkmann auf.

Solche Mischung ist Methode. "Wir wollen gerade nicht die Technik-Freaks, die angeblich schon alle Vorkenntnisse haben", erklärt Vaanhold. "Wir wollen Problemlösungskompetenz vermitteln. Die können Deutschlehrer ebenso haben wie Biologen." Ohnehin sei der Knackpunkt längst nicht mehr die Lösung eines technischen Problems, sondern die Wünsche der Teilnehmer. "Wir werden oft gefragt, warum wir den Lehrgang nicht auf drei Monate verkürzen. Aber das kundenorientierte Denken erfordert ganz neue Qualitäten, die wir in einem halben Jahr vermitteln wollen", sagt Vaanhold.

Mit dabei ist auch Tobias Mann. Der 31jährige, der bis vor kurzem in einem Pharmaunternehmen tätig war und nebenberuflich an der Fernuniversität Hagen Betriebswirtschaft studiert, hat selbst gekündigt: "Ich bin mir sicher, mit dieser Spezialisierung schnell meinen Traumjob zu finden." Dafür lernt er den Umgang mit SQL, die Datenmodellierung mit Hilfe des Entity-Relationship-Modelling oderdie Entwicklung von Applikationen mit dem Case-Tool "Designer/2000". Nach jedem Unterrichtsmodul müssen die Teilnehmer einen Test bestehen, bevor sie nach erfolgreicher Abschlußarbeit das Diplom als Oracle-Systementwickler in die Hände gedrückt bekommen.

Auch wenn Mann und Missel den Lehrgang unbedingt beenden wollen,haben sie erste Kontakte zu potentiellen Arbeitgebern schon geknüpft. Für den Kontakt zur Wirtschaft sorgt nach drei Monaten auch eine Firmenpräsentation. "Wir sind optimistisch, daß hier schon die ersten Stellen vergeben werden", so Brinkmann und Vaanhold..

Oracle-Kurs

Der nächste Kurs zum Oracle-Systemanwender, den Richter Fast Lane in Düsseldorf mit dem ASG-Bildungsforum anbieten wird, startet am 3. Mai 1999. Interessenten können sich unter der Rufnummer 0211/1740200, Fax 0211/1740222 oder über E-Mail (asgasg-bildungsforum. de) informieren. Der Lehrgang dauert sechs Monate, die Teilnahme wird bei Vorliegen der Voraussetzungen nach dem AFG durch das Arbeitsamt gefördert.

Gabriele Müller ist freie Journalistin in Wuppertal.