Scrum: Auf der Suche nach Visionären und Coaches

19.10.2011
Welche Eigenschaften und Kompetenzen Anwärter für die Rolle von Scrum Master und Product Owner mitbringen sollten, haben Boris Gloger und André Häusling in einer Umfrage in der Scrum-Community eruiert.

Die Selbstorganisation des Teams ist einer der wichtigsten Punkte in Scrum. Der Scrum Master ist Coach und Moderator. Er hat bei der Einführung von Scrum zunächst die Aufgabe, die Prozesse zu etablieren. Er muss bereit sein, alle Hindernisse für das Team aus dem Weg zu räumen und sich dabei gegen organisationsinterne Widerstände durchzusetzen.

"Die besondere Herausforderung für den Scrum Master lässt sich am ehesten mit der Situation der Führung im ehrenamtlichen Umfeld vergleichen", sagt André Häusling, Geschäftsführer von Scrumjobs, einer auf die Vermittlung von Scrum-Profis spezialisierten Personalberatung. "Auch im Ehrenamt müssen Ergebnisse erzielt werden, ohne dass sich eine Führungskraft auf disziplinarische Macht stützen kann. Motivation ist das wichtigste Führungsinstrument."

Treiber der Innovation

Um in die richtige Richtung zu marschieren, muss das Team die grundlegende Vision eines Unternehmens und eines Produkts verstanden haben. Also suchen Arbeitgeber nach einem Visionär.

Dieser übernimmt die Rolle des Product Owners. Die Definition, Vermittlung und Priorisierung klarer Anforderungen an das Entwicklungsteam, das Verständlichmachen der Kundensicht und das Sicherstellen des wirtschaftlichen Erfolgs eines Projekts sind seine Aufgaben. "Product Owner müssen den Mut und die Leidenschaft haben, zu 100 Prozent hinter einem Produkt zu stehen", betont Häusling. "Sie sind Treiber der Innovation, indem sie ein Gespür für Märkte und ihre Trends entwickeln oder selbst Trends setzen."

Bevor es an die konkrete Suche geht, sollte der Arbeitgeber für die Rollen des Product Owners und des Scrum Masters Kompetenzprofile ausarbeiten. "Die Frage, die sich ein Unternehmen stellen sollte, ist: Was soll der zukünftige Product Owner oder Scrum Master kennen, können, beherrschen oder trainieren, also an andere vermitteln?", erklärt Häusling.

Für ihr Buch "Erfolgreich mit Scrum - Einflussfaktor Personalmanagement" haben er und Mitautor Boris Gloger insgesamt 132 Mitglieder der Scrum-Community befragt, welche Fähigkeiten sie von Scrum Mastern und Product Ownern verlangen.

Das Profil des Product Owners

Das Ergebnis der Umfrage hat gezeigt, dass der Schwerpunkt der fachlichen Kompetenzen des Product Owners auf Produkt und Markt liegen sollte: Branchen-Know-how und Marktkenntnis, Erfahrung im Produkt-Management, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Scrum-Mindset und Produktwissen wurden als Kernkompetenzen eingestuft. Kompetenzen in Marketing und Vertrieb sollten vorhanden sein, werden aber nicht dezidiert gefordert. Skills in der Softwareentwicklung (ob klassisch oder agil) sind nicht notwendig.

An methodischen Kompetenzen soll der Product Owner Verfahren des Produkt-Managements, agile Methoden der Produktentwicklung, Scrum-Methoden, Führungsinstrumente, Selbstführung, Präsentationsmethoden sowie Methoden aus Marketing und Verkauf beherrschen.

Als soziale Kompetenzen des Product Owners werden Empathie, Konflikt-Management, Begeisterungsfähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Organisationsfähigkeit und Überzeugungsfähigkeit erwartet.

Von den persönlichen Kompetenzen stuften die Teilnehmer der Befragung Selbstdisziplin, Integrität, Kritikfähigkeit und Selbstreflexionsfähigkeit als gleichermaßen wichtige Voraussetzungen ein.

Das Profil des Scrum Masters

Die höchsten Anforderungen werden an den Scrum-Mindset des Scrum Masters gestellt. Er muss die Scrum-Denkart nicht nur beherrschen, sondern auch trainieren und weitergeben.

An fachlichen Kompetenzen sind Kenntnisse des agilen Software-Engineerings, des Change-Managements und der Teamentwicklung sowie Führungs- und Management-Kompetenz zentrale Punkte des Profils. Branchen-Know-how, klassisches Software-Engineering und klassische Softwareentwicklung wurden am seltensten gefordert und müssen lediglich "gekannt" werden. Als methodische Kompetenzen soll der Scrum Master die Scrum-Verfahren und -Tools beherrschen, aber auch Moderationstechniken sind besonders gefragt. Selbstführung und Methoden des Change-Managements wurden als ebenso wichtig eingestuft. Weniger relevant sind Kompetenzen in den Methoden und Werkzeugen der Softwareentwicklung.

In den sozialen Kompetenzen ist das Profil des Scrum Masters ausgeglichen: Empathie, Konflikt-Management, Begeisterungsfähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Kommunikationsstärke, Organisationsfähigkeit und Überzeugungsfähigkeit werden in gleich starker Ausprägung des Beherrschens gefordert.Ausgewogen ist das Profil auch bei den persönlichen Kompetenzen: Selbstdisziplin, Integrität, Kritikfähigkeit sowie Selbstreflexionsfähigkeit stellen zentrale Forderungen dar. (hk)

Dolores Omann ist freie Journalistin in Wien.