Web

SCO: Open Source bedroht die US-Wirtschaft

23.01.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - In ihrem Kampf gegen quelloffene Software ist die SCO Group jetzt auch vor den Capitol Hill gezogen: Das Unternehmen verschickte einen Brief an US-Senatoren und Kongressabgeordnete und behauptet darin, Open-Source-Software bedrohe die US-Wirtschaft, Innovation und sogar die nationale Sicherheit.

Das von SCOs President und CEO Darl McBride unterzeichnete Schreiben argumentiert, die GNU General Public License (GPL), unter der Linux und andere quelloffene Software erhältlich sind, stelle eine Gefahr für die amerikanische Softwareindustrie dar und widerspreche dem Digital Millennium Copyright Act (DMCA) und weiteren Copyright-Gesetzen. McBride wiederholt außerdem die Behauptung, Linux enthalte Code, der durch SCOs angebliche Rechte an Unix System V geschützt sei.

"Freie oder preisgünstige Open-Source-Software, voll von proprietärem Code, erobert einen zunehmenden Teil des Softwaremarkts", so der SCO-Chef. "Das bedeutet weniger Arbeitsplätze, weniger Softwareumsatz und weniger Anreize für Softwarefirmen zur Innovation."

Außerdem versteigt sich McBride zu der Aussage, quelloffene Software bedrohe die Sicherheit der Vereinigten Staaten. "Ich behaupte, dass Open-Source-Software - über das Internet weithin verfügbar - das Potenzial besitzt, die Feinde oder möglichen Feinde unseres Landes mit Computing-Möglichkeiten auszustatten, die per US-Gesetz untersagt sind."

Die Open Source and Industry Alliance (OSAIA), auf deren Website das am 8. Januar versandte Schreiben veröffentlicht wurde, kanzelte die Thesen als "maßlos übertrieben" ab. OSAIA-President Ed Black verwies etwa darauf, dass alle US-Softwarefirmen - auch Linux-Anbieter - den gleichen Exportkontrollen unterlägen, wie sie auch für SCOs Produkte gälten.

Auch sonst sind viele Formulierungen aus McBrides Tirade irreführend, wenn nicht inkorrekt. Beispielsweise schreibt der SCO-Chef: "Der Autor der GPL ist für seine Ansicht bekannt, dass proprietäre Software (das heißt Software als intellektueller Besitz, aus dem der Urheber Profit schlagen kann) unakzeptabel ist." Zwar ist Richard Stallman, Gründer des GNU-Projekts und President der Free Software Foundation (FSF), der Ansicht, Software solle keine Besitzer haben, doch heißt es in der Definition freier Software klar: "Free Software ist eine Sache der Freiheit, nicht des Preises."

McBride schreibt weiter, die GPL werde von ihren Autoren als Copyleft bezeichnet, "um zu betonen, dass es sich dabei um das Gegenteil von Copyright handelt". Das liest sich in den Grundsätzen der GPL ganz anders: "Um ein Programm mit Copyleft zu versehen, stellen wir zunächst fest, dass es einem Copyright unterliegt, dann fügen wir die Distributionsbedingungen hinzu", heißt es dort. "Proprietäre Software nutzt das Copyright, um dem Nutzer seine Rechte zu nehmen; wir verwenden Copyright, um diese Freiheit zu garantieren."

"Warum sollte eine Softwarefirma in die Entwicklung toller neuer Features investieren, wenn diese 'befreit' als Teil von Linux unter der GPL enden könnten?" fragt McBride ferner. Dies ist gar nicht möglich, solange eine Firma ihren Code nicht selbst unter GPL stellt. Das räumte sogar SCOs eigener Rechtsberater ein. "Man kann sein Copyright nicht unabsichtlich oder versehentlich abgeben", erklärte Mark Heise von der SCO-Kanzlei Boies Schiller & Flexner im August vergangenen Jahres. "Die GPL besagt, dass der legale Inhaber eines Urheberrechts dieses an die GPL übertragen muss. SCO hat dies nicht getan." (tc)