Schwierige Mitarbeiter haben oft schwierige Chefs

01.10.2003
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Jeder kennt ihn, keiner mag ihn. Ob ewiger Nörgler, Besserwisser oder griesgrämiger Zeitgenosse, es gibt viele Gründe, weshalb Mitarbeiter das Etikett schwierig erhalten. Doch es gibt Auswege aus der Misere. Offene Gespräche und gemeinsam erarbeitete Lösungsansätze können beiden Seiten aus der Sackgasse helfen.

Seit über einem Jahr ärgert sich der IT-Leiter eines mittelständischen Unternehmens schon über den neuen Kollegen. Beide Seiten belauern sich, weisen sich gegenseitig die Schuld am schlechten Klima zu. Der Neue sei ein eloquenter Blender, der seine Arbeit schlecht organisiert, Termine nicht einhält und ein völliges Chaos veranstaltet. Jede sachliche Kritik treffe auf taube Ohren, klagt der Vorgesetzte. Er ermahnt ihn immer wieder, hört sich die Beschwerden der Teamkollegen an und übernimmt schließlich selbst die Aufgaben des angeblichen Faulpelzes, um das Projekt nicht zu gefährden. Alle fühlen sich gestresst, die dicke Luft in der Arbeitsgruppe frustriert und lähmt alle.

Vernünftige Argumente helfen nicht weiter

Solche oder ähnliche Situationen sind vielen Führungskräften und Mitarbeitern vertraut. Frühe Unterlassungsfehler lassen sich in diesem Stadium nur schwer korrigieren, etwa die verpasste Chance, den neuen Kollegen schon während seiner Probezeit auf seine unzulängliche Arbeitsweise hinzuweisen. "Die wenigsten sprechen Konflikte schon in der Probezeit an. Auch im Privatleben neigen wir dazu, Probleme vor uns her zu schieben anstatt sie zu lösen," erklärt der Diplompsychologe Johannes Thönneßen aus Dormagen die Zurückhaltung von Vorgesetzten.

Anfängliche Disharmonien mit neuen Kollegen entschuldigen sie gerne mit Eingewöhnungsschwierigkeiten und sehen großzügig darüber hinweg. Ändert sich aber auch über Monate hinweg nichts und die Probezeit verstreicht ungenutzt, wächst die Frustration auf beiden Seiten. Chefs fürchten, alles gute Zureden und sachliche Argumente fruchten nicht, der betroffene Mitarbeiter fühlt sich nicht verstanden und verliert seine Motivation.

Was tun in solch verfahrenen Situationen? Sachliche Argumente helfen nicht weiter, meint Nigel Nicholson, Professor für Organisationspsychologie und Direktor des Center of Organizational Research an der London Business School. "Wir haben alle verschiedene Vorstellungen davon, was vernünftig ist." Versuchen Führungskräfte, widersprenstige Mitarbeiter mit "Reden und Verkaufen" auf ihre Seite zu ziehen, schließt sich stattdessen oft ein endloses Katz-und-Maus-Spiel an. Der Betroffene beteuert, bestimmte Aufgaben zu erledigen, doch er entzieht sich immer wieder dem Einfluss des Vorgesetzten.