EG-Kommission will Sprachmonopol 1992 auflösen

Schwarz-Schilling widersetzt sich einem offenen TK-Markt

25.10.1991

PARIS (IDG) - Wenn es nach Bundespostminister Christian Schwarz-Schilling geht, wird eine weitere Liberalisierung des europäischen TK-Marktes noch länger auf sich warten lassen. Der Dienstherr der deutschen Telekom kündigte in einem Gespräch mit der "Financial Times" erneut Widerstand gegen die von der EG-Kommission für 1992 in Aussicht gestellte Aufhebung der nationalen Telefonmonopole an.

Schwarz-Schilling begründete seine ablehnende Haltung mit der Feststellung, daß er die Telekom angesichts der immensen Aufgabe der Modernisierung der ostdeutschen TK-Infrastruktur derzeit keinem zusätzlichen Wettbewerb aussetzen wolle. Gleichzeitig dementierte der Minister angebliche Pläne der Deutschen Bundesbahn, in Kooperation mit anderen europäischen Eisenbahngesellschaften durch ein eigenes TK-Netz das Sprachmonopol der Telekom untergraben zu wollen.

Ohne deutsche Mithilfe wird es nach Ansicht von Beobachtern jedoch äußerst schwierig, die TK-Liberalisierung innerhalb der EG weiter voranzutreiben und einen politischen Konsens über die Abschaffung der Monopole im Telefonverkehr zu erzielen. Nach wie vor besitzen außer in Großbritannien die nationalen PTTs das Monopol auf die Sprachkommunikation und beherrschen damit rund 90 Prozent des gesamten TK-Marktes. Experten mutmaßen, daß sich die EG-Kommission nun, ähnlich wie in den achtziger Jahren zu Beginn der Liberalisierung der TK-Märkte, auf die Römischen Verträge und das darin verankerte Prinzip des freien Wettbewerbs berufen werde, um auf diese Weise die Abkehr von den nationalen Monopolen durchzufechten.

Daß sich die bundesdeutsche Position nicht mehr lange wird halten können, konzidierte indirekt auch Schwarz-Schilling, der zumindest zu einem späteren Zeitpunkt eine Ausweitung des Wettbewerbs nicht anschließen wollte. Für die Aufhebung des Sprachmonopols in der Bundesrepublik sei allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit des Deutschen Bundestages erforderlich.