IDC-Studie: Silicon Graphics macht Hausaufgaben sehr gut

Schwaeche der Mainframes kommt Workstation-Herstellern zugute

26.02.1993

Nach der IDC-Untersuchung konnten die Workstation- und Workstation-Server-Anbieter 1992 weltweit zwar einen Anstieg verkaufter Systeme von 18,6 Prozent verzeichnen. Dem steht jedoch kein gleicher Anstieg bei den Werten zur Seite, die diese Systeme repraesentieren. Der diesbezuegliche Aufschwung betrug lediglich 9,9 Prozent.

Vor allem die aggressiven Preiskaempfe der fuehrenden Hersteller seien schuld daran, dass die Anzahl abgesetzter Systeme keinen entsprechenden Geldfluss in die Kassen der Rechneranbieter ausgeloest haetten. Hier taten sich besonders Hewlett-Packard (HP) und Sun Microsystems hervor. Sie warteten auch zu Beginn dieses Jahres schon wieder mit Sonderangeboten auf, wenn man fuer das jeweils eigene Produkt bisher benutzte Rechner der Konkurrenz eintauscht.

Fuer die allgemein abgeflaute Konjunktur der gesamten Workstation- Branche machen die IDC-Forscher mehrere Faktoren verantwortlich: Neben weltweiter rezessiver Tendenzen haetten beispielsweise eine reduzierte Ausgabenpolitik des US-amerikanischen Behoerden- und Verteidigungsapparates fuer schleppendes Wachstum gesorgt. Trotzdem sehen die Marktforscher zumindest fuer die USA hoffnungsvoll ins laufende Jahr. Sie setzen auf eine Wende in der amerikanischen Wirtschaft, die durch den Machtwechsel im Weissen Haus eingelaeutet wurde.

Fuer die Maerkte Europas und Japans hingegen mahnen die Analysten zur Vorsicht. Waehrend in den USA im zweiten Halbjahr 1992 positive Tendenzen zu verzeichnen waren, befand sich die Situation fuer Workstation-Anbieter in Europa "in einem schlechten, in Japan in einem ernsten" Zustand.

NEC in Japan mit starkem Zuwachs

Einen Grund fuer die geographisch unterschiedlich ausgepraegte Marktsituation sieht IDC darin, dass US-Unternehmen sehr viel aufgeschlossener gegenueber Downsizing-Aktivitaeten seien. Auch in Zukunft wuerde die Abloesung von Mainframe- und Minicomputern den Verkaeufen der Workstation-Hersteller zugute kommen.

Bei der Bewertung der Markt- und Konkurrenzsituation der Workstation-Branche fuer 1992 haben die IDC-Forscher ein Glanzlicht ausfindig gemacht: die Silicon Graphics Inc. (SGI). Die Autoren der Studie bescheinigen den Kaliforniern, die Einverleibung der ehemaligen Mips Computer Inc. vor knapp einem Jahr mit Bravour verdaut zu haben.

Dies koennen die Analysten auch anhand von Zahlen verdeutlichen: In Sachen weltweit ausgelieferter Workstation-Systeme nimmt SGI mittlerweile mit einem Marktanteil von 5,1 Prozent den fuenften Rang hinter Sun, HP, der DEC und IBM ein. Die insgesamt 29 000 abgesetzten Rechner bedeuten ein Stueckzahlwachstum von 107,1 Prozent. Auch wertmaessig legte SGI erheblich zu: Mit einem Plus von 48,5 Prozent weist der ehedem vor allem als Grafikspezialist eingefuehrte Hersteller mit Abstand die hoechsten Zuwachsraten aus.

Von dieser Aussage ist allerdings die japanische NEC ausgenommen, die noch erfolgreicher als SGI operierte. Allerdings laesst sich das starke Ergebnis der Japaner in erster Linie auf das gute Abschneiden im Mutterland zurueckfuehren, wo man laut IDC mittlerweile an HP und Sun vorbeizog und Nummer eins unter den Workstation-Anbietern ist.

Fuer SGI spricht ein entscheidender Wechsel in der Produktstrategie: Mit der Einfuehrung der starken Server-Systeme "Challenge" traten die Kalifornier vor kurzem endgueltig aus dem Kreis der Anbieter spezialisierter Systeme heraus.

Sun konnte bei der Zahl ausgelieferter Systeme nicht mit dem Branchendurchschnitt mithalten. Obwohl die McNealy-Company immer noch doppelt soviel Rechner an den Mann bringt (217 600) wie der an zweiter Stelle rangierende Hersteller HP (99 000), verlief das Jahr 1992 nach Meinung der Analysten eher enttaeuschend fuer Sun.

HP verkaufte erstmals mehr Workstations auf Basis der PA-RISC- Architektur als auf Basis der Motorola-CPU. Dabei war vor allem Europa ein lohnendes Terrain.

Bei der IBM machen die Marktforscher vor allem im kommerziellen Multiuser-Geschaeft einen positiven Trend aus: Die Wachstumsraten in diesem Segment ueberstiegen diejenigen des in der Studie untersuchten Workstation-/Workstation-Server-Bereichs.

Negativ fiel das Jahr fuer DEC aus. 3,6 Prozent weniger ausgelieferte Systeme korrespondieren mit einem wertmaessigen Rueckgang von 14,5 Prozent. Vor allem in Europa habe das Midrange- Schwergewicht erhebliche Einbrueche erlebt.

Das haenge mit "Image"- Problemen zusammen: Zum einen trage die nicht klare Positionierung der Mips-basierten Decstations gegenueber den Alpha-Systemen zu Verwirrung und einem Rueckgang bei den Verkaufszahlen bei.

Zum anderen habe DEC die eigene Unix-Strategie nicht ueberzeugend vermarkten koennen. Zumindest auf dieses Argument reagierten die Manager in Maynard vor zwei Wochen durch eine weltweit uebertragene Veranstaltung, in der vor allem ein eindeutiges Bekenntnis zu OSF/1 Thema war.