BVB legt Branchenbilanz vor

Schwache Nachfrage bestimmt 1993 den deutschen DV-Markt

02.04.1993

Eine Verbesserung der Branchensituation ist auch im laufenden Jahr nicht absehbar. In der juengsten Umfrage des Bundesverbandes fuer Buero- und Informations-Systeme e.V. (BVBerklaeren die 210 Mitglieder die seit 1992 nachlassende Investitionsbereitschaft in Schluesselbranchen zum wesentlichen Faktor fuer die Geschaeftsentwicklung 1993. "Fuer die kommenden sechs Monate rechnen 70 Prozent der Hardwarefirmen mit keinen Umsatzsteigerungen", berichtete der BVB-Vorsitzende Rudi Haeussler. Etwas besser sei die Stimmung bei Softwarehaeusern und Dienstleistern. Etwa die Haelfte von ihnen erwarte im naechsten halben Jahr eine Geschaeftsbelebung und plane deshalb auch Personalaufstockungen. Aber auch Softwerker und Serviceanbieter muessten sich mit einstelligen Wachtumsraten zufriedengeben.

Allerdings hoffen die Unternehmen, dass die fernoestlichen Anbieter, die inzwischen selbst mit Problemen zu kaempfen haben, die Preisschraube nicht weiter anziehen koennen. "Auch der von US- Marktfuehrern und Direktvertreibern noch nicht beendete Preisverfall bei PC-Hardware und -Standardsoftware wird mit 15 bis 20 Prozent 1993 weniger hoch ausfallen", schaetzt Haeussler.

Deutlich positive Impulse fuer die Branche sollen dagegen in diesem Jahr vom Markt fuer Mobilkomunikation ausgehen. Hier rechnet Haeussler jedoch nicht nur mit den groessten Zuwachsraten, sondern auch mit dem fuer "Massenmaerkte typischen Wettbewerb ueber die Preise" und deshalb mit einem deutlichen Preisverfall.

Der BVB-Vorsitzende betonte, dass der Vergleich zwischen 1991 und 1992 "optisch" verzerrt wuerde, wenn die vereinigungsbedingte Sonderkonjunktur in Deutschland ausser acht gelassen werde.

Positive Impulse durch Mobilkommunikation

Ohne den temporaeren Nachfrageschub aus den neuen Bundeslaendern verzeichnete der Gesamtmarkt von 1990 bis 1992 demnach "kontinuierliche Zuwachsraten in der Groessenordnung von durchschnittlich sechs Prozent". Das Marktsegment Kommunikationstechnik sei sogar um knapp zehn Prozent gewachsen. Selbst der Computermarkt sei, so Haeussler weiter, zwischen 1990 und 1992 noch um durchschnittlich drei Prozent gewachsen, und das trotz des extremen Preisverfalls und des fuer 1992 hochgerechneten relativen Produktionseinbruchs von 20 Prozent.

Im Jahr 1993 werde das Produktionsvolumen weiter "dramatisch" zurueckgehen; auch beim Aussenhandelsdefizit rechnet der BVB-Chef mit einem Anstieg von "mindestens zehn Prozent".

Den Saldo im Aussenhandel von 11,69 Milliarden Mark wertete Haeussler als Indiz dafuer, dass "Deutschland wohl den Kampf um die Massenproduktion von standardisierten PC- und Peripherieprodukten verloren hat". In diesem Bereich wiederhole sich das, was andere High-Tech-Consumermaerkte bereits erlebt haetten.

Produktionsrueckgang, nachlassende Nachfrage und das erhoehte Aussenhandelsdefizit sieht der BVB nicht als die einzigen Gruende fuer die Misere der Buero-, Informations- und Kommunikationsindustrie an. Die Konjunkturkrise erweise sich bei genauerer Betrachtung auch als Management-Krise. "Die in unserer Branche relativ jungen Topmanager haben auf dem Karrierepfad von der Hochschule bis in die Fuehrungsposition in den zurueckliegenden zehn bis 15 Jahren nur Wachstums-, selten aber Krisen-Management kennengelernt," meinte Haeussler. "Schoenwetterkapitaene tun sich jetzt schwer, trotz notwendiger harter Marktanpassung mit den richtigen Teams auf Erfolgskurs zu bleiben."

Apple-Chef und BVB-Vorstandsmitglied Gerhard Joerg fuegte hinzu, dass unabhaengig vom Alter der Fuehrungspersonen in Rezessionszeiten andere Anforderungen an das Management gestellt wuerden. Teamarbeit sowie eine Fokussierung auf Kunden- und Marktnaehe seien gefragt. Ausserdem muessten viele Unternehmen dringend ihre "organisatorischen Probleme" in den Griff bekommen.