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Google vs. Bing

Schummeln, Schlammschlacht und blanke Nerven

02.02.2011
Kein Mensch sucht im Internet nach Begriffen wie "mbzrxpgjys". Oder "juegosdeben1ogrande".

Kein Mensch außer 20 Google-Mitarbeitern, die Mitte Dezember den sinnfreien Buchstabensalat in frisch installierte Notebooks tippten. Ihre Mission: Den Erzrivalen Microsoft beim Schummeln in seiner Suchmaschine Bing zu erwischen. Microsoft reagierte auf die Vorwürfe mit einer beherzten Schlammschlacht, die alte Feindschaft lebte plötzlich wieder auf.

Der Verdacht, Microsoft könnte Googles Suchergebnisse zum Verfeinern von Bing anzapfen, muss den Marktführer ziemlich auf die Palme getrieben haben. Anders ist der erstaunliche Aufwand nicht zu erklären, den Google betrieb, um den Erzrivalen beim Schummeln zu erwischen. Bei rund 100 sinnlose Buchstabenkombinationen, eine Suche nach denen normalerweise keinen einzigen Treffer ergeben hätte, wurden die Suchergebnisse manipuliert. Zum ersten und einzigen Mal überhaupt, wie Google betont - denn Suchergebnisse per Hand nachzujustieren gilt als absolutes Tabu.

Die Websites, die bei dem so gefälschten Ergebnis ausgegeben wurden, enthielten die komischen Suchbegriffe natürlich nicht einmal. So führte die Suche nach "mbzrxpgjys" auf die Homepage des Blackberry-Herstellers Research In Motion (RIM) . Alles um sicherzugehen, dass wenn die gleichen Treffer bei Bing auftauchen, sie definitiv irgendwie auf Google zurückgehen müssen. Am 17. Dezember stellten die Google- Mitarbeiter ihre Such-Fallen auf. Sie suchten nach den vorbereiteten Begriffen und klickten die Links auch an - in Microsofts Browser Internet Explorer und bei eingeschalteter Bing-Toolbar.

Laut Google hat es zwei Wochen gedauert, bis Bing anbiss: Etwa für "mbzrxpgjys" oder "hiybbprqag" zeigte die Microsoft-Suchmaschine die gleichen Ergebnisse wie Google an. Inzwischen ist das nicht mehr so, doch natürlich gibt es Screenshots. Google vermutet, dass die Microsoft-Software die Suchanfragen und danach vom Anwender tatsächlich angesteuerten Websites "nach Hause telefoniert". Diese Daten würden dann zum Finetuning von Bing benutzt.

"Für uns ist das Schummeln", polterte Amit Singhal, der bei Google für den Suchalgorithmus zuständig ist. "Wir wollen, dass diese Praxis aufhört." Schließlich seien dadurch manche Bing-Suchergebnisse eine "billige Nachahmung" der von Google, konnte er sich zum Schluss eine Spitze gegen die Konkurrenz nicht verkneifen.

Von Microsoft kam erstmal - Schweigen. Doch dann sammelte sich der kampferprobte Windows-Riese und schlug zurück - dorthin, wo es wehtut. Warum gebe es soviel Suchmaschinen-Spam - für den Verbraucher völlig nutzlose Websites ohne Inhalt, die als Treffer ausgegeben werden, fragte Bing-Manager Harry Shum bei einer Branchenveranstaltung rhetorisch in die Runde. Und hatte auch gleich eine Antwort parat: Weil Google gut an den Werbeanzeigen auf diesen Seiten verdiene. Dass der "Clickstream" für das Verfeinern der Bing- Ergebnisse eingesetzt werde, bestreitet Microsoft dabei gar nicht. Es sei aber nur einer von rund 1000 Parametern, den Google nun völlig unangemessen in den Vordergrund zerre.

Der gereizte Schlagabtausch um die "mbzrxpgjys"-Affäre zeigt letztendlich vor allem, dass bei beiden Erzrivalen das Nervenkostüm gerade ziemlich strapaziert ist. Aus unterschiedlichen Gründen allerdings. Microsoft versucht schon seit Jahren, Googles Dominanz im Suchmaschinenmarkt zu knacken - konnte den Marktanteil bisher aber trotz massiver Investitionen nur um wenige Prozentpunkte verbessern. Das ist zu wenig, um im Internet-Geschäft endlich Geld zu verdienen. Deshalb stapeln sich Quartal für Quartal die Verluste - zuletzt waren es wieder 540 Millionen Dollar. Davor rund 550 Millionen, davor 700. Da kann man schon mal nervös werden.

Aber auch Google ist trotz der komfortablen Führung auf dem Suchmaschinenmarkt nicht sorgenfrei. Die Marktdominanz ruft Wettbewerbshüter auf den Plan, denen kleinere Wettbewerber - manche mit Microsoft-Verbindungen - nur zu gern Munition liefern. Zudem ist mit Facebook ein mächtiger Rivale aufgestiegen, der das Kerngeschäft Internet-Suche mit einem eigenen Ansatz angreifen will. Die Vorlieben und Informationen der Freunde eines Nutzers seien für ihn relevanter als Treffer, die ein Suchmaschinen-Algorithmus ausspuckt, sagt Facebook-Gründer Mark Zuckerberg immer wieder. Deswegen setzte sein Online-Netzwerk auf eine neue, "soziale Suche". Der Partner dabei: Microsoft. (dpa/tc)