Schnapsglas-Rennen

07.11.1980

Nur keine Experimente, heißt es auch in dern Datenverarbeitung. Die meisten Anwender wollen ihre wohlverdiente Ruhe - und Software-Kompatibilität, for ever. Das ist verständlich. Nur sollte man auch wissen, was dies impliziert: Man schließt die Augen vor der Realität.

Ist die Prognose, wie das "Computersystem 1984" aussehen wird, deshalb unmöglich, weil in die Zukunft gerichtet? Einige Branchen-Analytiker zumindest haben klare Vorstellungen davon, was in der DV in einigen Jahren "State of the art" sein wird. Mehr und mehr setzt sich die Ansicht durch, daß mit der heutigen Rechner-Technologie alle Möglichkeiten ausgereizt sind. Und Rechner-Technologie ist in dieser Betrachtungsweise nicht gleichbedeutend mit Taktzeit und Speicherdichte.

Es geht vielmehr um die Architektur. Das heißt: Mit neuen Rechnern auf der Basis bestehender Serien können die immer komplexer werdenden Online-Aufgaben - etwa im Datenbank-Feld nicht mehr bewältigt werden.

Bei der System-Architektur, so die These der Analytiker, führt der Weg weg von der klassischen Kombination "Prozessor, Speicher, Kontroll-Einheit, Ein-/Ausgabe-Subsysteme" und hin zu aufgabenspezifischen Prozessoren, die sich um große hierarchische Speichersysteme bilden.

Erste Ansätze des neuen Konzeptes sind beispielsweise in der dedizierten Datenbank-Maschine der Software AG erkennbar, die die DB-Last vom Zentralrechner nimmt.

Nun sind die Adabas-Leute in der glücklichen Lage, keine Rücksicht auf Systemkunden nehmen zu müssen wie IBM und die anderen Mainframer. Gleichwohl böte sich auch den großen Computer-Herstellern eine Lösung des Design-Problems, das "Kompatibilitäts-Beschränkung" heißt. Wer sagt denn, daß es sich bei einer Doppel-Ankündigung nur um eine Schnapsidee handeln kann? Warum bringen die Computer-Produzenten nicht stets zwei Versionen auf den Markt, eine mit Kompatibilitäts-Bremse für sparbewußte Anhänger der Emulations-Philosophie, die andere im Future-Look für wagemutige Formel 1-Piloten unter den Anwendern? Sage niemand, die gäbs nicht.