SATIRE

Schmier oder stirb!

28.05.1993

... der werfe den ersten Stein. Wer wuerde angesichts der zahlreichen Amigo-Affaeren in unserem Postwirtschaftswunderland nicht an dieses Bibelwort erinnert. Trauerwein kann nicht kuehl bleiben bei dem Gedanken an Putzfrauen, Privatjets und Insidertips, die bei den juengsten Vorfaellen eine Rolle gespielt haben. Wo bleibt die Moral? Die Aussage, die in dieser Frage steckt, wird nicht dadurch falsch, dass Redakteure und Siemens- Manager sie nicht allzu laut stellen sollten. Ein Problem bleibt freilich ungeloest: Alle Amigos koennen nicht zuruecktreten, selbst wenn sie guten Willens waeren. Kohl faellt es bekanntlich schon jetzt schwer, Ministerposten neu zu besetzen. Keine Aufmerksamkeit findet naemlich in der Oeffentlichkeit die entscheidende Frage, wie

sich das Ergebnis einer Demissionswelle in unserem politischen und wirtschaftlichen System auswirken wuerde. Jede Geschaeftstaetigkeit kaeme doch zum Erliegen. Man stelle sich vor, Ethik

wuerde wieder zum Massstab des Handelns. Der Einwand, die "anderen" Italiener haetten doch mit ihrer Aktion "Saubere Haende" erste Erfolge zu verzeichnen, kann leicht entkraeftet werden: Italienische Verhaeltnisse haben wir bei uns Gott sei Dank noch nicht - und man sieht ja am Beispiel des Olivetti-Chefs Carlo de Benedetti, wohin Bekennermut fuehren kann. Nein, nach wie vor gilt in Abwandlung eines gefluegelten Wortes aus der Medienbranche: Schmier oder stirb! Man darf sich nur nicht erwischen lassen. Ob damit demnaechst noch geworben wird?