Schlanke IBM-lästiger PC

11.09.1992

Hiner der Bezeichnung "Lean" in Verbindung mit "Production" oder "Management" verbirgt sich häufig die alte Leier: Da wird von "Weight Watching" (Der Speck muß weg) als Ausdruck eines neuen Schlankheitsbewußtseins gesprochen, in Wahrheit ist Schmalhans Küchenmeister. Für die etablierten DV-Hersteller, sonst eher zurückhaltend mit Diätvorschlägen für ihre Kunden (Stichwort: Downsizing), trifft dies zu - ohne Wenn und Aber. Neu ist, daß IBM keine Ausnahme mehr darstellt, in erster Linie natürlich in bezug auf den PC-Bereich. Dort hat Big Blue Marktanteile und die Reputation als Trendsetter verloren. Jetzt soll diese Abwärtsbewegung gestoppt werden. Eine selbständige Business-Unit entsteht in den USA: die "IBM Personal Computer Company" (Seite 5). Die Absicht ist klar: Die Konzernspitze verlangt von der neuen Einheit, daß sie sich im PC-Massenmarkt behauptet. Dort herrscht bei den Produzenten Chaos, bei den Distributoren Unsicherheit- denkbar schlechte Voraussetzungen für den Start der blauen Personal Computer Company.

Die Bedingungen, unter denen erfolgreiche, das heißt gewinnbringende, PC-Vermarktung möglich wäre, können weder die Strategen in Armonk noch die Mannen um den neuen PC-Chef Robert Corrigan voraussehen. Zunächst einmal muß sich Corrigan mit internen Problemen herumschlagen. Von der Umstrukturierung sind rund 10 000 Mitarbeiter der bisherigen Entry Systems Division betroffen, die den Stamm der neuen PC-Firma bilden sollen. Weitere 6000 trifft es härter: Sie müssen sich nach einem neuen Job umsehen. Dieser Freisetzungseffekt ist gewollt, das Ergebnis - Verbesserung der Kostensituation - absehbar.

Ob die Kur wirklich anschlägt, entscheidet sich jedoch bei anderen Problemzonen. Eine neue Organisationsform allein bietet ja noch keine Erfolgsgarantie. Die Handels- und Softwarepartner der IBM, vor allem aber die Großkunden werden darüber wachen, wie ernst es Armonk mit dem PC-Business ist. Nach dem Eiertanz um die OS/2-Positionierung ist das Mißtrauen bei denjenigen besonders ausgeprägt, die Client-Server-Lösungen implementieren wollen. Sie können sich durchaus vorstellen, daß man auf "Normal-PCs" bei der IBM nicht mehr in der ersten Reihe sitzt. Ähnlichkeiten mit den Schreibmaschinen und den Druckern (Lexmark) wären nicht zufällig: aus IBM-Sicht keine strategischen Produkte mehr.

Daß von OS/2 im Zusammenhang mit der PC-Tochter nur am Rande die Rede ist, dürfte die Skepsis nicht verringern. Leichtfertig wäre es, das Ganze als Marketing-Trick abzutun. Die IBM muß sich von Geschäftsfeldern trennen, die sie ihrer Natur nach - und die IBM ist ein Lösungsanbieter nicht kostendeckend bedienen kann. Die Ausgründung der PC-Company könnte ein Hinweis sein.