Software-Lizenzierung

Schlachtfeld IT-Einkauf

06.06.2008
Von 
Fernando Fernandez hat NUM3RUS im Jahr 2010 gegründet. Die zehnjährige Tätigkeit des Experten in verschiedenen Funktionen in Vertrieb, als CFC Director, und in Consulting & Benchmarking bei Gartner beendete er im Bereich Consulting & Benchmarking. Das Tätigkeitsfeld der NUM3RUS GmbH umfasst FAct Based IT Sourcing sowie Projekte mit einer Schnittstelle zwischen IT-Strategie, IT-Operations und IT Procurement mit dem dazugehörigen Demand Management und im Kundenauftrag durchgeführte RFP's.
Die Software-Lizenzierung ist ein zähes Ringen zwischen Anwender und Anbieter. Fairness, Transparenz und Vergleichbarkeit könnten den Verhandlungen die Schärfe nehmen.

Schlagwörter wie Software as a Services (SaaS), Storage as a Service, Capacity on Demand, Subscribtion, Mietmodelle, Managed Services etc. bestimmen derzeit die Diskussionen im IT-Einkauf. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen, denn das Marketing der Lieferanten läuft auf Hochtouren. Alle Modelle versprechen niedrigere Kosten und höhere Flexibilität für die IT. Doch stimmt das? Die Antwort lautet Nein. Sind die Modelle daher obsolet? Die Antwort lautet ebenfalls Nein.

Was sollten Anwender also tun? Sie müssen zunächst einmal die Modelle kritisch prüfen - und hier beginnt das Problem:

In den IT-Fachbereichen der Unternehmen fehlen allerorten Ressourcen ebenso wie im IT-Einkauf und im Lieferanten-Management. Daher bleibt kaum Zeit, die notwendigen Informationen zu beschaffen, die Preise konsequent zu vergleichen, die Komplexität gründlich zu durchdringen und die Risiken zu bewerten. Demgegenüber stehen sehr gut strukturierte und organisierte Lieferanten, die die Kundenorganisation oft besser kennen als deren Manager. Vor diesem Hintergrund kann von Verhandlungen auf Augenhöhe keine Rede sein.

So fordern zum Beispiel die Lieferanten Rechte ein, um Lizenzaudits zu betreiben, und die eine Überprüfung auf den Systemen des Kunden zulassen. Fällt eine Unterlizenzierung auf, kommen auf den Anwender Nachforderungen zu, die oft unverhältnismäßig hoch und nicht gerechtfertigt sind. Merkwürdigerweise kommt das Thema zu einem Zeitpunkt auf die Tagesordnung, an dem die Partner gerade zäh miteinander verhandeln. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Die Rechte der Kunden sind faktisch außer Kraft gesetzt. Prüft ein Anwender der Lizenzierung selbst und kommt zum Schluss, dass er zu viele Gebühren gezahlt hat, kann er zwar die überschüssigen Lizenzen von der Wartung befreien lassen. Sollen die ungebrauchten Lizenzen jedoch irgendwann reaktiviert werden, fallen die Wartung rückwirkend an. Zurecht fühlen sich Anwender ungerecht behandelt. Der Grund für diese Praxis liegt in den Provisionszahlungen an den Vertrieb, der jährliche Wachstumsziele für die von ihm betreuten Kunden erfüllen muss. Doch es gibt die auch die andere Seite der Medaille, denn viele Kunden springen nicht gerade zimperlich mit den Lieferanten um.

Eine tragbare Lösung für beide Seite wäre mehr Transparenz, mehr Fairness und ein unabhängiges Auditierungsrecht (Reverse Audit), sowie unabhängige Vergleichsmöglichkeiten für die Kunden. Was ist darunter zu verstehen?

  1. Transparenz: Seit langem unterbinden Lieferanten mit kaum nachvollziehbaren Vertraulichkeitsvereinbarungen die Kommunikation der Kunden untereinander. Anwender sollten sich hüten, eine solche Vereinbarung zu unterzeichnen.

  2. Fairness: Lieferanten sollten nur dann zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden, wenn die Produkte und Leistungen tatsächlich in Frage kommen. Es ist schlichtweg unfair, durch Scheinanfragen den Stammlieferanten preislich "in die Knie zu zwingen", und eben dies kommt im Mittelstand nicht selten vor. Der faire Umgang mit Lieferanten gewährleistet, dass sie Arbeit in eine Zusammenarbeit investieren.

  3. Reverse Audits: Das Recht der Lieferanten bei Unterlizenzierung Nachforderungen zu stellen muss immer gelten. Demgegenüber dürfen für nicht genutzte Lizenzen keine Wartungsgebühren verlangt werden. Anwender sollten darauf bestehen, dass sie nicht genutzten Lizenzen zurückgeben und verrechnen können.

  4. Vergleichsmöglichkeiten: Tatsächlich existieren nie zwei identische Verträge eines Lieferanten, sobald eine gewisse Komplexität überschritten wird. Was bedeutet also Vergleichbarkeit? Zwei 100-prozentig identische Verträge zu finden, um sie gegenüberzustellen, ist kaum möglich. Ein Vergleich der gewährten Discountlevels ist aber ebenso wenig geeignet. Schlussendlich wird ein neutraler Vergleich beide Seiten und der Partnerschaft zugute kommen.

Es gibt sie also doch, sinnvolle und umsetzbare Vorgehensweisen um beide Parteien gleichermaßen zufrieden zu stellen, sie müssen nur verstanden und umgesetzt werden. (jha)

Zur Person

Foto: Fernando Fernandez

Fernando Fernandez ist seit Mai 2008 Executive Advisor bei der Experton Group. Zuvor war er zehn Jahre bei Gartner CFC (Computer Financial Consultants) und der Gartner Deutschland GmbH als Associate Director tätig. Herr Fernandez verfügt über mehr als 14 Jahre Berufserfahrung im IT-Bereich und hat sich in den vergangenen sieben Jahren mit der Strukturierung und Verhandlung von Verträgen mit IT-Lieferanten und allen korrespondierenden Themen in zahlreichen europäischen Ländern beschäftigt.