Als Hardwarebasis dient Bull-System DPS 7000

Scheller Cosmetics verläßt sich bei PPS auf das eigene Know-how

12.10.1990

Im Gegensatz zum Hardwarebereich, wo sich die Dr. Scheller Cosmetics GmbH aus Eislingen mit der DPS 7000 und Micral-PCs erneut für Bull entschied, ging das schwäbische Familienunternehmen in Hinblick auf die geplante Produktionsplanung weitgehend eigene Wege.

Die Organisationsstruktur ließ in der Fertigung keine Lösung aus einem Guß zu. Zur Chargenabwicklung dient den Eislingern heute die selbstgestrickte PPS-Software Foplas. Der Zugriff auf dieses System vom Außendienst aus erfolgt über Handterminals.

Dem heutigen System DPS 7000 sind bei dem württembergischen Betrieb, der unter anderem die Marken-Zahnpasta DuroDont, Manhattan- und Fairgirl-Kosmetik-Programme sowie die Apotheker-Scheller-Naturkosmetik anbietet, bereits eine Reihe anderer Bull-Computer vorausgegangen. Auf die Tabelliermaschine gegen Ende der 50er Jahre folgten nach dem Einsatz der legendären "Gamma 10" mehrere Bull-Systeme, angefangen von der Serie GE-100 über das System 64 der Baureihe 60 bis hin zur DPS 7.

Heute setzt die Cosmetiks GmbH ein System DPS 7000 ein, das mit acht Megabyte Hauptspeicher und insgesamt vier Gigabyte Magnetplattenkapazität ausgestattet ist. Zwei Magnetbandeinheiten dienen vorrangig der Datensicherung und dem Datenträgeraustausch. Der autorisierte Benutzer kann über 50 Bildschirmterminals Verbindung mit dem Rechner aufnehmen. An die DPS 7000 wurden außerdem drei Micral-45-PCs in Serie geschaltet. Sie dienen der Erfassung sämtlicher Auftragsdaten, die der Außendienst mittels Barcode in mobile Handterminals übernimmt und nach Eislingen meldet. Bevor allerdings etwas verkauft werden kann, muß es produziert werden. Möglichst schnell und möglichst wirtschaftlich. Was lag also näher, als sich um ein Produktionsplanungs- und -steuerungssystem (PPS) zu kümmern. Bull führte sein bewährtes Miacs ins Feld, das bei Dr. Scheller durchaus offene Ohren fand. Es wären jedoch umfassende Änderungen und Erweiterungen für die Chargenfertigung erforderlich geworden.

In Eislingen begann ein Rechenexempel: Miacs unter dem

Einsatz externer Manpower "aufbohren" oder selbst ein für das Unternehmen maßgeschneidertes PPS programmieren. Die Entscheidung fiel zugunsten eines eigenen Produktionsplanungs-Systems. Dabei kam dem EDV-Team zugute, daß bereits 1980 sämtliche Dateien anläßlich der Umstellung auf Dialogverkehr in einer einzigen umfassenden Datenbank, nämlich IDS II, zusammengeführt wurden. Der Umstieg, der nach Meinung von Organisationsleiter Bernhard Kothe "einem gewaltigen Kraftakt" glich, hat sich mittlerweile als richtig herausgestellt. Seit dem ersten Oktober 1981 arbeiten sämtliche Programme unter IDS und im Dialogverkehr. Es gab keine Umstellung einzelner, überwiegend in Assembler geschriebener Software und auch keinen einzigen Tag Parallel-Lauf bestimmter Anwendungen. Zur Vorbereitung der Umstellung standen dem Unternehmen zwei Jahre zur Verfügung; während dieses Zeitraums wurden alle bestehenden, das heißt etwa fünfhundert DV-Jobs neu programmiert.

Jüngst eingeführt wurde auch das eigene PPS namens Foplas; die Abkürzung steht für Fertigungsorientiertes Planungssystem. Bevor man die Entscheidung traf, die Software selbst zu programmieren, hat sich Scheller intensiv mit Miacs befaßt und es testweise installiert. Aufgrund einer Reihe von erforderlichen Änderungen folgte dann jedoch keine endgültige Programmierung. Seit knapp einem halben Jahr ist nun Foplas

für die Chargenabwicklung im Einsatz.

"Wir sind auch heute noch nicht sicher", so Bernhard Kothe, "ob Miacs, das sich in mehrstufigen Verarbeitungen wohl bestens bewährt hat, wirklich das eine oder andere Manko aufweist, das ihm seinerzeit angekreidet wurde. Wenn aber Mitarbeiter seit Jahren an bestimmte Listenformen oder Daten gewohnt sind, kann man ihnen nur schwer klarmachen, daß sie auch ohne diese Gewohnheiten oder mit anderen Formen der Darstellung arbeiten können."

Scheller Cosmetics realisierte eine einstufige Fertigung. Was anderswo Stückliste heißt, sind in Eislingen die Rezepturen. Hergestellt wird überwiegend ein fertiges Produkt, das zwar in anderen weiter- und wiederverwendet wird, doch greifen die einzelnen Fertigungsphasen nicht derart ineinander wie beispielsweise im Maschinenbau. Diese betrieblichen Besonderheiten galt es, mit der DPS 7000 optimal abzuwickeln.

"Für uns wäre es wahrscheinlich relativ schwierig geworden, Miacs in die bestehende Organisation einzupassen, fügt Hans Riesebieter, seines Zeichens RZ-Leiter bei Dr. Scheller, hinzu. Dies gelte sowohl in Hinblick auf die chaotische Lagerverwaltung im Versand, das eigene Hochregallager, die mobile Datenerfassung im Feld und die über Jahre systematisierte Auftrags- und Versandabwicklung. Der Integrationsaufwand sei daher als zu hoch eingestuft worden.

Bestimmte Module von Miacs hat das DV-Team zwar nicht übernommen, doch bot die Bull-Software in einigen Fällen den Leitfaden.

Mit der Einführung von Foplas, in das auch Individualsoftware integriert werden konnte, ist die Übersichtlichkeit der Fertigung wie auch die betriebliche Flexibilität deutlich gestiegen. So läßt sich jederzeit der Status bei Materialien und Produkten ebenso ablesen wie die Auslastung des Maschinenparks. Man kennt den Bestelleingang und kann die Fertigungskapazitäten entsprechend koordinieren.

Ein Fertigungsauftrag kann heute von der Fachabteilung unmittelbar initiiert werden. Das System Foplas prüft die Materialbestände und Maschinenkapazitäten. Sind beide ausreichend vorhanden, werden direkt am eingebenden Arbeitsplatz, der natürlich entsprechend autorisiert sein muß, der Fertigungsauftrag und die Materialentnahmescheine geschrieben.

Deckungsgleichheit bei 99 Prozent

Parallel zur Einführung von Foplas war "Erziehungsarbeit im Betrieb erforderlich. Etwa dergestalt, daß keinerlei Material ohne Entnahmeschein aus dem Lager ging. Man wollte und mußte es auch erreichen, daß Buch- und Ist-Bestände weitestgehend übereinstimmen, um den Computereinsatz nicht ad absurdum zu führen. "Zwar haben wir noch keine 100 Prozent Deckungsgleichheit erreicht"; freut sich Bernhard Kothe, "doch liegen wir bei immerhin 99 Prozent."

Das Stichwort ist bereits gefallen: Mobile Datenerfassung. Dazu hat das Kosmetikhaus den Außendienst mit Handterminals ausgerüstet, mit denen die Kundenbestellungen vor Ort erfaßt und abends dann die Bestelldaten per Telefon auf drei Micral-PCs übertragen werden, die erste Formalprüfungen und Plausibilitätskontrollen durchführen.

Bei Fehlerfreiheit sämtlicher Daten stehen bereits am folgenden Morgen Kommissionierscheine und die dazugehörigen Lieferdokumente ausgedruckt bereit. Zweifelhafte, nicht eindeutige Bestellungen werden den Sachbearbeitern an den Bildschirmen zur Korrektur oder Klärung vorgehalten.

Seit dem Einsatz des Bull-Magnetdrucksystems erübrigt sich jeglicher Papierwechsel, denn verschiedene Firmenlogos man fakturiert teilweise im Namen von Grossisten - sind im Rechner gespeichert und werden entsprechend individuell in Lieferpapiere und Rechnungen eingefügt.

Abschließend noch zwei Sätze zur Laufstabilität und Zuverlässingkeit der Bull-Hardware: Bis auf einen einzigen Magnetplattenfehler kurz nach der Installation arbeitet das System rund um die Uhr einwandfrei. "Den Technischen Außendienst", meint Hans Riesebieter, "sehen wir hier höchst selten."

*Heinz Bernutz ist freier EDV-Fachjournalist.