Bar-Code-Systeme decken europäischen Ford-Montagebereich ab:

Scannereinsatz verkürzt Fahrzeugauslieferung

01.02.1985

KÖLN - Zur Anschaffung von Bar-Code-Systemen für die Identifizierung von Fahrzeugen entschloß sich 1983 der Automobilhersteller Ford in Köln. Emmerich Christiansen, Leiter Rechnungsschreibung, Verbuchung und lokale Systeme sieht Zinssenkungen durch verkürzte Laufzeiten bei der Autoauslieferung und Personaleinsparungen als die wesentlichsten Vorteile des Scannereinsatzes an.

Die Ford-Werke beschäftigen sich seit Ende der 70er Jahre mit der Bar-Code-Technik und haben bereits mehrere einschlägige Projekte in verschiedenen Abteilungen realisiert. Während am Anfang die Einführung von Systemen zur Kennzeichnung von Produktionsmaterial im Vordergrund stand, hielt inzwischen auch die automatische Identifizierung von Fahrzeugen bei Ford Einzug.

Relativ frühzeitig erkannte man hier die Notwendigkeit einer standardisierten Verschlüsselung und entschloß sich darum für die durchgängige Verwendung des Bar-Codes drei aus neun, der inzwischen als Quasi-Industriestandard gilt.

Scanner gewinnen auch Daten für die Statistik

Bar-Code-Systeme zur Fahrzeugkennzeichnung kommen in insgesamt acht Endmontagewerken zum Einsatz, weil von dort die Auslieferung der neuen Automobile erfolgt. Die meisten Wagen werden dabei nicht direkt zu dem bestellenden Händler, sondern zunächst per Schiff oder per Bahn an Verteilungsstützpunkte geliefert und von dort aus per LKW zu den Händlern transportiert.

Die Fahrzeugauslieferung - sie beginnt in der Fertigungshalle und endet beim bestellenden Händler - ist begleitet von einer Datenerfassung an allen Ruhepunkten. Dabei fließen die gewonnenen Daten in begleitende Prozesse, die die Auslieferung erst ermöglichen, sie unterstützen beziehungsweise beschleunigen oder Abrechnungen ermöglichen. Zusätzlich werden durch die auf diesem Wege gewonnenen Daten administrative Prozesse und Statistiken angestoßen.

Durch die Einführung eines Bar-Code-Systems kann der administrative Aufwand wesentlich gesenkt werden. Beispielsweise wird über die gesamte Transportzeit die Fahrzeugbewegung bis zu elfmal erfaßt. Dabei ist das Identifikationskriterium immer die Fahrgestellnummer, ein international genormter Begriff aus 17 alphanumerischen Zeichen. Mußte man während eines Transports derartige Angaben über eine Tastatur erfassen, so entstünden höhere Personalkosten.

System-Infrastruktur deckt europäische Montage ab

Die Mechanisierung der Fahrzeugauslieferung in Europa wird in zwei Ebenen vollzogen. Auf der Ebene der acht Montagewerke in Europa werden acht unabhängige Auslieferungssysteme betrieben, die die Arbeitsabläufe in den Werken mechanisieren, Daten mit den zentralen europäischen Datenbanken austauschen und mit der darüberliegenden Ebene eines europäischen Auslieferungs- und Transportsystems kommunizieren. Dieses System ermöglicht den Informationsfluß außerhalb der Montagewerke zu den Transporteuren, Stützpunkten und nationalen Ford-Gesellschaften.

Die Auslieferungsanlagen in den Werken, die sogenannten Car Despatch Systems (CDM), sind direkt mit den jeweiligen Produktionssystemen und den zentralen Datenbanken verbunden. Das europäische Auslieferungs- und Transportsystem (Vehicle Monitoring and Action Control System, VMACS) ist über die zentralen Datenbanken an die lokalen Auslieferungssysteme angeschlossen. Ein CDM/VMACS Supervisor steuert die Applikationen über das Europäische Packet Switching Network.

Duplex-System gewährleistet Non-Stop-Betrieb

Das Car Despatch System (CDM) in den Auslieferungswerken ist ein Duplex Minicomputer System VAX-11/730. Es erstellt während des Produktionsprozesses für ablaufende Fahrzeuge auf dem Produktionsband das mit einem Bar-Code versehene Auslieferungsdokument, auch Bar Code Label genannt.

Da es sich bei der Erstellung des Bar Code Labels um ein On-site Drucken handelt, ist ein Non-stop Betrieb des Computer-Systems erforderlich, um die sofortige Zuordnung des Bar Code Labels zum Fahrzeug zu ermöglichen.

Zwei Rechnersysteme VAX-11/730, die jeweils unabhängig voneinander den Betrieb aufrecht erhalten können, sind über eine DMR-beziehungsweise Ethernet-Verbindung miteinander gekoppelt. Um einen Non-Stop Betrieb zu gewährleisten, werden alle Transaktionen ausgetauscht und zwei unabhängige Datenbanken geführt. Bei der Peripherie wurde zwischen kritischen und unkritischen Stationen unterschieden. Alle für den Betrieb kritischen Stationen sind doppelt vorhanden und greifen auf jeweils ein System zu, während die unkritischen Stationen nur einfach vorhanden und entweder an den einen oder den anderen Rechner geschaltet sind. Im Vergleich zu einem strengen Duplex-Konzept wird eine bessere Auslastung der Computer-Ressource im Normalbetrieb erreicht, bei gleichzeitiger Vermeidung einer Überladung im Ausnahmefall.

Wegen des hohen Volumens von 1300 Labels pro Tag war die Installation von Zeilendruckern in der Produktionshalle erforderlich, in unserem Fall Printronixdrucker P300 mit der Emulator Box QMS von Magnum. Diese Box erlaubt Drucken in verschiedenen Größen, senkrechtes Drucken und Linien-Drucken.

Bereits bei Verlassen der Produktionshalle, dem sogenannten I.O-Punkt, wird das Bar Code Label gelesen und die Transaktion "I.O.-Status" an das CDM-System gegeben. Dazu ist hier, wie an den anderen Meßpunkten, ein stationärer Laserscanner P3000 der Firma Kontron installiert.

Der Laserscanner liest mit einer Rate von 150 Versuchen in der Sekunde. Die Erfahrungen der bisherigen Installationen bestätigen, daß in 99 Prozent der Leseversuche das Ergebnis in weniger als einer Sekunde vorliegt. In Abhängigkeit von den innerbetrieblichen Netzen ist der Laserscanner entweder über eine V.24 oder 20mA Schnittstelle (XON-XOFF Protokoll) angeschlossen. Der Laserscanner hat außerdem einen direkten Anschluß an ein Datensichtgerät, auf dem das Leseergebnis und eventuelle Zusatzinformationen ausgegeben werden.

Zwei weitere innerbetriebliche Stationen sind über Laserscanner an das

CDM-System angeschlossen, das heißt die Stationen "Auslieferung" und "Abtransport " .

In der Regel werden alle Fahrzeuge einen Tag nach der Produktion ausgeliefert. Der Werkschutz prüft dazu das Fahrzeug anhand der auf das Bar Code Label gedruckten Spezifikation und liest dann das Label in das CDM-System ein. Eventuelle Auslieferungssperren werden zur Information auf dem angeschlossenen Bildschirm angezeigt.

Nach der Auslieferung erfolgt die Einteilung für den Transport und damit ein erneutes Einlesen. Dabei werden alle endgültigen Transporteinheiten miterfaßt, um die erforderlichen Transport- und Zolldokumente automatisch drucken zu können.

Neben der Erfassung von Stationsmeldungen und dem Ausdruck aller Transportdokumente umfaßt der CDM-System zwei weitere wesentliche Elemente. Zum einen sind die Finanz- und Verkaufsabteilungen online mit den europäischen Auslieferungssystemen verbunden. Sie steuern Auslieferungssperren und Umdispositionen, klären etwaige Differenzen und über online-Zugriffe Fragen über Fahrzeuge, die zur Auslieferung anstehen.

Zum anderen erlaubt CDM die Vorabinformation der beauftragten Transporteure, aber auch der angeschlossenen Stützpunkte und aller nationalen Verkaufsorganisationen in Europa über Fahrzeuge, die zum Transport bereitstehen beziehungsweise an den Transport übergeben werden. Dazu werden regelmäßig Teletex-Informationen automatisch aus dem System erstellt.

Monitoring System verfolgt Fahrzeugtransport

Wenn ein Bar Code Label in jedem ausgelieferten Fahrzeug vorhanden ist - es wird von innen an eine Fensterscheibe geklebt - ist die wichtigste Voraussetzung für ein Monitoring des Fahrzeugtransportes gegeben. Ausgänge aus dem Werk, Eingänge in und Ausgänge aus Verteilstützpunkten, Seehäfen und Grenzstützpunkten und Eingänge in den Händlerbetrieb können mit Bar Code Lesegeräten erfaßt und an ein Monitoring System übergeben werden. Im Rahmen eines Pilotprojektes wurden bei Ford einige Teststrecken eingerichtet, nämlich nach Oslo in Norwegen, Thurku in Finnland und für den Export nach Großbritannien und in die USA.

Dabei werden tragbare Mikrocomputer sowohl mit Lesestift als auch mit Laserscanner eingesetzt.

Das eigentliche Ziel des Systems ist natürlich nicht das Monitoring selbst, sondern das Verfügbarmachen von Vorabinformationen über alle Transitstrecken in Euoropa an die Transporteure. Diese erhalten die Möglichkeit, ihre Kapazitäten besser einzuteilen und reduzieren damit die Lieferzeit für die Fahrzeuge insgesamt.

Scanner und Barcodes im Überblick

1. Barcode-Typen

- EAN-Code zur Darstellung numerischer Daten

- Code drei aus neun zur Abbildung alphanumerischer Zeichen: Jedes Zeichen wird durch neun Striche und Zwischenräume abgebildet, wobei drei der Elemente breit sind. Weitere Charakteristika: 43 Zeichen, selbstprüfend, kann von rechts nach links als auch von links nach rechts gelesen werden.

- Code zwei aus fünf für die Verschlüsselung numerischer Daten. Charakteristika: zwei breite und drei schmale Elemente.

2. Lesegeräte

- "Einfache" Lesestifte senden einen Lichtstrahl aus, empfangen das reflektierte Licht und müssen zum Lesen über den Barcode bewegt werden.

- Tragbare Laserscanner lenken einen Laserstrahl so ab, daß er bis zu sechzigmal in der Sekunde einen Barcode abtastet. Der portable Laserscanner ist wesentlich teurer als ein Lesestift des ersten Typs, erbringt dafür aber ein deutlich besseres Leseergebnis. Außerdem liest er über einen gewissen Abstand hinweg und erkennt ein Objekt auch dann, wenn es sich hinter einer Glasscheibe befindet.

- Stationäre Laserscanner lesen einen Code mehrere hundertmal in der Sekunde. Dadurch wird das Leseergebnis weiter verbessert. Diese Geräte werden normalerweise in einem konstanten Abstand zu dem lesenden Barcode installiert.

3. Barcode-Druck

- Beim Off-site-Printing werden die Barcodes unabhängig von etwaigen Produktionsprozessen erstellt und während des Produktionsprozesses an das Produkt gebracht.

- Unter On-site-Printing versteht man den Barcode-Druck während des Produktionsprozesses.