SBS: Warten auf Profit

05.08.2005
Die zuletzt gewonnenen Outsourcing-Deals sollen der Siemens-Servicesparte aus der Misere helfen. Sie werfen aber erst nach zwei Jahren Gewinne ab.
Von einer Profitmarge zwischen fünf und sechs Prozent, so wie von Siemens-Chef Klaus Kleinfeld gefordert, ist SBS weit entfernt. Zuletzt ist der Wert tief in den roten Bereich abgesackt.
Von einer Profitmarge zwischen fünf und sechs Prozent, so wie von Siemens-Chef Klaus Kleinfeld gefordert, ist SBS weit entfernt. Zuletzt ist der Wert tief in den roten Bereich abgesackt.

Der hauseigene IT-Dienstleister Siemens Business Services (SBS) verpatzte das Siemens-Ergebnis des dritten Geschäftsquartals. Das Konzernergebnis belief sich auf 389 Millionen Dollar und blieb damit deutlich hinter den Erwartungen zurück. Zwar schrieben drei von zwölf Sparten rote Zahlen, doch das dickste Ei legte dem neuen Siemens-Chef Klaus Kleinfeld SBS ins Nest. Der Fehlbetrag der IT-Tochter belief sich auf 109 Millionen Euro. "Inakzeptabel", fand Kleinfeld das Ergebnis und beraumte sofort Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern an: Entlassungen sind nun wahrscheinlich.

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• wie SBS der aktuellen Krise Herr werden will;

• welche Ansprüche der Siemens-Konzern stellt;

• wie eng Siemens und SBS miteinander verflochten sind.

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www.computerwoche.de/go/

*79513: Das komplette Interview mit Christian Oecking;

*79114: IG Metall erwartet Kündigungen bei SBS;

*78914: Siemens bricht der Gewinn weg;

Überraschend kommen die möglichen Einschnitte beim Personal nicht, denn seit Adrian von Hammerstein das Zepter bei SBS übernommen hat, weht dort ein anderer Wind. Anders als Vorgänger Paul Stodden, der Kündigungen mit flexiblen Arbeitszeitmodellen zu verhindern suchte, scheut Hammerstein keinen Stellenabbau. 1000 SBS-Angestellte erfuhren bereits im Februar von ihrer Ausstellung. Zuvor erhielten 600 Mitarbeiter der SBS-Tochter Sinitec ihre Kündigung, im März wurde das gesamte Geschäft an A&O verkauft.

Auch den Weg, Lowend-Dienste auszusortieren, wird SBS weiterverfolgen. Kleinfeld kündigte entsprechende Maßnahmen an, konnte sich aber nicht zu einem kompletten Verkauf des SBS-Geschäftsbereichs Product Related Services durchringen. "Wir werden die Leistung gemeinsam mit internationalen Partnern bereitstellen", erläutert Christian Oecking, Leiter der weltweiten Outsourcing-Sparte bei SBS, die Pläne (das komplette Interview finden Sie unter www.computerwoche.de/go/*79513). "Wir haben diese Services also weiterhin im Portfolio, die Wertschöpfungskette bleibt erhalten."

Mit produktnahen Diensten nahm SBS zuletzt 1,2 Milliarden Euro ein, ein Teilverkauf wird diese Summe schmelzen lassen. Das dürfte SBS verschmerzen, weil der Umsatzverlauf derzeit keinen Grund zur Klage bietet. Im Gegenteil: Die SBS-Einnahmen legten im dritten Geschäftsquartal um 17 Prozent auf 1,33 Milliarden Euro zu, weil das Outsoucing-Geschäft boomt: "Unser Umsatz wächst kräftig", lobt Oecking seine Vertriebsmannschaft. Mittlerweile verantwortet sein Geschäftsbereich deutlich über 50 Prozent der SBS-Einnahmen. Zum Ende des Geschäftsjahres 2004 waren es 47 Prozent.

Das Umsatzwachstum ist Lohn der aggressiven Verkaufspolitik des vergangenen Jahres. Gegen bedeutende Konkurrenten konnte SBS große Abschlüsse mit Unternehmen wie Hochtief, der Stadt Wiesbaden, dem RAG-Konzern und der Rundfunkanstalt BBC sowie viele kleine Aufträge zuletzt etwa mit dem britischen Office for National Statistics, der Bremer BLG Logistics Gruppe und TUI Suisse gewinnen. "Siemens Business Services hat eine sehr gute Serie hingelegt", freut sich Oecking über den Zuspruch.

Die Kehrseite der Medaille

Die Medaille hat allerdings auch eine Kehrseite. Outsourcing-Aufträge erfordern Startinvestitionen, und je aggressiver die Preise kalkuliert werden, desto riskanter wird das Geschäft. "EDS beispielsweise hat aus dem verlustreichen Navy-Deal die Lehre gezogen, nur noch Verträge abzuschließen, die schnellen Profit versprechen", schildert Andreas Burau, Research Director bei der Meton Group. "EDS hat nicht mehr die Geduld, ein Projekt zunächst zu übernehmen und in der Folge das Geschäft mit dem gewonnenen Kunden zu entwickeln und auszubauen." Genauso kalkuliert aber SBS, und Oecking ist sich sicher, das Vorgehen im Griff zu haben: "Wir machen das Geschäft schon sehr lange und erfolgreich, wir verfügen also über ausreichend Erfahrung und Leute, um es zu verstehen."

Dennoch bleibt die Motivation für das schnelle Wachstum unklar. Siemens-Chef Kleinfeld fordert Profitmargen zwischen fünf und sechs Prozent, das Umsatzplus ist ihm zweitrangig. Die von SBS gewonnenen Auslagerungs-Deals bringen zwar Mehreinnahmen, belasten aber zurzeit das Ergebnis. Gewöhnlich erreichen Outsourcing-Aufträge laut Oecking nach zwei bis drei Jahren die Gewinnschwelle. Das hieße demnach, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis SBS das von Kleinfeld gesteckte Margenziel von fünf bis sechs Prozent im Jahr 2007 erreicht. Meton-Experte Burau mahnt jedenfalls zur Geduld: "SBS ist ein wichtiger Dienstleister für Siemens, der über sehr viel internes Know-how verfügt."

Die Verflechtungen zwischen Siemens und der eigenen IT-Tochter werden sogar noch enger, seit der Konzernvorstand sämtliche zwölf Unternehmenssparten dazu verpflichtet hat, IT-Infrastruktur-Dienste von SBS zu beziehen. Drei Verträge mit den Geschäftsbereichen Logistics and Assembly, Transportation Systems und VDO sind unter Dach und Fach, die Abkommen mit weiteren Sparten werden Schritt für Schritt folgen. Der interne Deal beschert SBS mehrere Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Er ist der größte Auftrag in der SBS-Geschichte, umfangreicher noch als der mit 2,7 Milliarden Euro dotierte BBC-Deal.

Zudem fördert die Konzernleitung derzeit die spartenübergreifende Zusammenarbeit, indem sie branchenorientierte Sector Development Boards einrichtet, deren Vorsitz jeweils eine Sparte bestückt. Mehr als ein Dutzend dieser Kompetenzzentren gibt es (etwa Automotive Pharma, Logistik), die Bereiche Finanzdienstleistungen und öffentliche Hand leitet SBS.

All das sind Indizien, aber kein Garant für den Verbleib von SBS im Siemens-Konzern. Streng genommen lässt sich sogar die interne Vergabe der IT an SBS als Hinweis für einen Verkauf werten. In bisherigen Veräußerungen von IT-Töchtern haben sich die Käufer nahezu ausschließlich von der Aussicht auf umfangreiche Outsourcing-Aufträge mit der Muttergesellschaft locken lassen. Den externen Umsatz verschmähen die potenziellen Interessenten hingegen. Der Siemens-Vorstand lässt die Zukunft der IT-Tochter indes offen. "Eins ist klar", warnte Kleinfeld die Belegschaft, "SBS muss dieselben Profitansprüche erfüllen wie jeder andere Bereich im Haus. Auch hier bestimmt der Markt die Mitarbeiterkapazität."