Datensicherung fängt bei der Hardwareumgebung an:

Saurer Regen bringt die DV zum Erliegen

03.09.1982

Die Umweltverschmutzung macht auch vor Computern nicht halt. Horst Henschel, Leiter der Gruppe Schadenverhütung und Risikoforschung bei der Tela Versicherung AG, München, schildert anhand eines jüngst abgewickelten Schadenfalls einige typische Probleme, die durch eine falsch eingestellte Klimaanlage bei der Hardware entstanden, sowie deren Behebung.

Die DV-Anlage einer Großbank lief seit der Installation - bis auf den täglichen Kleinärger - recht zufriedenstellend. Vor einem Vierteljahr allerdings nahmen die Hardwarestörungen zu und die Zufriedenheit des Anwenders ab. Die Techniker bemühten sich nach Kräften - jedes Mal jedoch, wenn sie dem Fehler dicht auf den Fersen waren, war er plötzlich weg und tauchte an anderer Stelle wieder auf. Zur Prophylaxe wurden schließlich ganze Baugruppen reihenweise ausgetauscht.

Zu den sporadischen Störungen gesellten sich außerdem Schreib-/Lesefehler bei den Magnetbändern und Kopflandungen bei den Plattenlaufwerken. Das Verhältnis zwischen Anwender und Hardwarelieferanten konnte als gespannt bezeichnet werden.

Durch die eingereichten Schadenrechnungen mit nur unklaren Angaben zur Ursache aufmerksam geworden, wurde das Schadensforschungslabor der Tela eingeschaltet. Vor Ort wurden zunächst Klimaanlage und Stromversorgung inspiziert, Wartungstechniker und Operatoren nach der Art und Weise der Hardwarefehler befragt, bei den Putzfrauen nach Art und Menge des verwendeten Putzmittels geforscht und vieles mehr.

Erste Verdachtsmomente kamen noch vor Abschluß der Untersuchungen auf. Zur Verifizierung wurden einige "Hardwareinnereien" wie Baugruppen aus der CPU, Rollenlager aus dem optischen Belegleser, Schreib-/Leseköpfe aus den Plattenlaufwerken, Spulmotoren aus den Bandgeräten und Hammermoduln aus den Druckern mitgenommen und im Labor untersucht.

Einer der Verdachtsmomente für die Ursachen der sporadischen Störungen war die hohe Luftfeuchte der Gerätekühlluft. Die vor Ort durchgeführten Messungen ergaben, daß die Gerätekühlluft mit etwa 70 bis 80 Prozent viel zu feucht war. Die vom Hersteller zugelassenen Werte lagen zwischen 40 und 65 Prozent. Erste Labortests zeigten das Resultat: Sulfatablagerungen an sehr vielen Stellen. Diese Sulfate entstehen aus Schwefelverbindungen und verursachen in Verbindung mit Wasser oder hoher Luftfeuchtigkeit an unedlen oder halbedlen Metallteilen Korrosionen.

Im zweiten Schritt mußten die Herkunft der Schwefelverbindungen und die Ursachen für die viel zu hohe Luftfeuchtigkeit erforscht werden. Erneute Untersuchungen vor Ort und Gespräche mit dem Haustechniker des Betreibers, dem Hersteller der Klimaanlage und dem Errichter der Klimaregelungsanlage ergaben, daß Konzeptionsfehler in der Regelung und Dimensionierungsfehler bei der Klimaanlage die wichtigsten Ursachen dafür waren.

Durch weitere chemische Analysen von Teilen der Klimaanlage - insbesondere der Luftfilter - konnte festgestellt werden, daß die schwefelhaltigen Verbindungen über die angesaugte "Frischluft" ins Rechenzentrum geschleppt wurden. Nachdem auch hier die Ursachen entdeckt worden waren, konnten mit geringer zeitlicher Verzögerung entsprechen de Abhilfemaßnahmen eingeleitet werden. Diese bestanden im wesentlichen aus

1) einer Änderung an der Regelanlage (Zugluft- statt Raumregelung),

2) Umbauarbeiten an der Klimaanlage (Vergrößerung der Zugluftmenge) sowie

3) dem Einbau eines Gasabsorptionsfilters in die Frischluftansaugung der Klimaanlage zur Ausfilterung des Schwefeldioxids ("Saurer Regen").

Damit waren nun zwar die Schadensursachen beseitigt nicht aber die sporadischen Ausfälle der Hardware. Zu diesem Zweck mußte die gesamte DV saniert, das heißt alle Korrosionen und chemischen Beaufschlagungen beseitigt werden. Diese Arbeit erforderte eine enge Zusammenarbeit von Anwender, EDV-Hersteller, Spezialunternehmen für die Sanierung und Versicherer.

Die Hardware wurde vor Ort in den betriebsfreien Zeiten - also an den Wochenenden - stückweise zerlegt, gereinigt, zusammengebaut und getestet, damit der normale Betrieb am Wochenanfang wieder gefahren werden konnte.

Die Aufwendungen für die Sanierung beliefen sich auf eine halbe Million. Ursprünglich hatte ein Austausch der gesamten Hardware im Wert von zehn Millionen Mark zur Debatte gestanden.