Portfolio für Business Intelligence gewinnt Konturen

SAS will Analysetechnik allgegenwärtig machen

11.07.2003
WIEN (as) - Mit einem modernisierten und erweiterten Portfolio für Business Intelligence (BI) rüstet sich SAS Institute für den wachsenden Wettbewerb. Ziel ist es, eine durchgängige BI-Infrastruktur stellen zu können, sowie sich mit analytischen Anwendungen neue Einsatzgebiete zu erschließen.

Mit über 100 Produkten verfügt SAS Institute über das zahlenmäßig umfassendste Portfolio für den Aufbau von BI-Lösungen. Doch die Vielfalt der lange als proprietär und teuer kritisierten Techniken und immer wieder umbenannten Tools machten es schwer, eine nachvollziehbare Produktstrategie zu vermitteln. Hinzu kommt die Konkurrenz durch BI-, Datenbank- , ERP- und CRM-Hersteller, die ihr Portfolio ebenfalls laufend erweitern und modernisieren. SAS treibt deshalb die Entwicklung neuer Lösungen sowie den Aufbau einer durchgängigen und offenen Infrastruktur von der Datenintegration bis zur Präsentationsschicht voran. Diese soll auch den eigenen Kunden, die offiziell fast 40000 Sites betreiben und SAS zuletzt einen Jahresumsatz von rund 1,3 Milliarden Dollar bescherten, neue Optionen bieten.

Intelligence Value Chain

Auf der diesjährigen SAS European Users'' Conference International (Seugi) in Wien, die mit rund 1800 Teilnehmern einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr verbuchen musste, warb das SAS-Marketing daher gegenüber Kunden aus Europa, Asien und Afrika für seine Gesamtstrategie und Alleinstellungsmerkmale. Helfen dabei soll das Konzept der "SAS Intelligence Value Chain", die sich aus den Gliedern "Planung", "ETL" (Extraktion, Transformation und Laden), "Intelligent Storage", "Business Intelligence" sowie "Analytic Intelligence" zusammensetzt.

Alle Komponenten sind Teil der Produkt-Suite "SAS 9", die im letzten Jahr vorgestellt wurde und laut Hersteller das wichtigste Release in der 27-jährigen Firmengeschichte darstellt. Sie verspricht neue oder überarbeitete grafisch orientierende Tools und eine leistungsfähigere, skalierbare und offene Server-Architektur für Data Warehousing. Basierte das SAS-System auf einer eigenen objektorientierten Sprache, so wird die Client- und Anwendungsentwicklung künftig über Java-Programmierschnittstellen fortgesetzt. Allerdings ist Version 9 bisher weder vollständig noch allgemein verfügbar, sondern nur bei ausgewählten Kunden im Test. Auch setzen die meisten Anwender immer noch Version 6 ein. Erst die zum Herbst 2003 angekündigte Version 9.1 soll das neue Portfolio komplettieren.

Im Einzelnen umfasst "Planung" praxiserprobte Methoden für Data Warehousing und Data Mining, Daten- und Datenzugriffsmodelle, fach- und branchenspezifische Modelle, Consulting sowie Best Practices. Die Implementierung erfolgt mit Hilfe der zweiten Komponente des Konzepts, dem neuen "SAS Enterprise ETL Server, einer grafischen Arbeitsumgebung zur Datenmodellierung und -integration. Mit ihr lassen sich Mappings vornehmen, Transformationen aus einer Prozess- oder Jobsicht verfolgen und kommunizieren sowie per "Impact Analyse" nach fehlerhaften Abläufen suchen. Mitgeliefert werden laut SAS rund 2000, zum Teil statistische Transformationsregeln. Der Zugriff auf Datenquellen erfolgt über erweiterbare Addin-Schnittstellen sowie alle gängigen Standard-APIs für Datenbanken, Standardsoftware sowie MDX-Adapter für BI-Clients. Der neue "Data Quality Server" soll zudem im ETL-Prozess die Datenqualität verbessern helfen. Geboten werden Funktionen wie Cluster, Dublettenreinigung, die Prüfung von Listbox-Einträgen und Formaten oder das Matchen von Datenbeständen.

Neu ist auch eine einheitliche Metadatenverwaltung, die von Experten seit Jahren für die unternehmensweite Implementierung und Verwaltung von BI-Lösungen gefordert wird. SAS kündigte nun einen Metadaten-Server an, der künftig mit allen BI-Komponenten für ETL, Olap, Reporting und Analyse des Herstellers entsprechende Informationen und Modelle austauschen soll und den XML-Standard für Data Warehousing "Common Warehouse Metamodel" nutzt. Ebenfalls neu ist das Produkt "SAS Intelligent Storage", mit dem sich laut Hersteller eine datenbankunabhängige, an Metadaten orientierte Datenzugriffsschicht implementieren lässt, die Informationen gemäß den speziellen Anforderungen für BI und Analyse in diversen Formaten speichert. So lassen sich beispielsweise für Data Mining die oft benötigte hohe Spaltenzahl bereitstellen oder Tabellen und Cubes aus verschiedenen Quellen kombinieren.

Mit den übrigen Komponenten der Prozesskette verbunden ist der im März angekündigte "SAS Business Intelligence Server", der die wesentliche Neuerung im Release 9.1 des SAS System bildet. Dieser stellt eine Java-basierende Umgebung, mit der sich Portaloberflächen aufbauen lassen, die über einen Web-Server mit SAS-Content (Packages) versorgt und über den Metadaten-Server verwaltet werden. Obwohl SAS bereits BI-Frontends bietet, fehlte es offenbar an entsprechender Thin-Client-Technik. Künftig möchte der Hersteller nur noch sein Portal als universelle Benutzeroberfläche vermarkten und Berichte und Analysefunktionen der übrigen Tools für Reporting, Finanzen und Analyse als Portlets einbinden.

Basierend auf der skizzierten Infrastruktur versammelt SAS unter "Analytic Intelligence" vorgefertigte Standardlösungen für Customer-Relationship-Management (CRM), Supply-Chain-Management, Enter-prise-Performance-Management oder für Finanzabteilungen. Sie enthalten angepasste Datenmodelle und Kennzahlen sowie Analysetechnik und Verfahren wie Data Mining, Text Mining, Statistik, Forecasting, Optimierung und Projektplanung. Typische Anwendungen sind die Kundenanalyse, Einkaufsoptimierung und Risikomodellierung.

Analysen im Marketing

Auf der Seugi wurde zudem die Software "SAS Marketing Optimization" vorgestellt. Sie soll im Marketing die Kommunikation über alle Kanäle verbessern helfen, indem sich beispielsweise Kampagnen detaillierter planen und auswerten lassen. Gilt es Vertriebsaktivitäten zeitnah zu bewerten und abwanderungsgefährdete Kunden rasch zu entdecken, kann zusätzlich das Produkt "SAS Interaction Management 1.1" zum Einsatz kommen. Für die Umsetzung von Kampagnen steht zudem Version 3.1 von "SAS Marketing Automation" bereit. Sie enthält unter anderem Wizards, mit denen Marketing-Experten Zielsegmente und Kundenprofile erstellen können. Als angeblich einzige Lösung ist es möglich, dynamische Kundenprofile zu erstellen, die sich automatisch anpassen lassen, wobei jede Veränderung dokumentiert wird.

Zukäufe stärken Portfolio

Ebenfalls neu ist Version 6.0 der Finanzlösung "SAS Activity-Based Management", die auf den Produkten des im letzten Jahr zugekauften Anbieters ABC Technologies basiert. Die Software soll Unternehmen helfen, in ihren Geschäftsprozessen zu identifizieren, welche Produkte und Dienstleistungen welche Kosten verursachen, um so eine höhere Transparenz und Genauigkeit in der Kosten- und Leistungsrechnung zu gewinnen. Außerdem kündigt der Hersteller die Übernahme des US-amerikanischen Anbieters Oprisk Analytics an, der Software für operationelles Risiko-Management entwickelt hat.

Weitere analytischen Anwendungen will SAS künftig als "Industry Intelligence Solutions" vermarkten. Sie zeichnen sich vor allem durch ein branchenspezifisches Daten- und Analysemodell aus und bauen sich aus aufgabenspezifischen Modulen etwa für CRM auf. Angebote gibt es momentan für die TK-Industrie, Versicherer und Banken. Enthaltene Funktionen beziehen sich etwa auf die Kundenbindung und -profitabilität sowie Risikoabschätzung mit Hinblick auf die Basel-II-Kriterien oder Kredit-Scoring. Laut David Hartley, Director Industry Intelligence Solutions, will SAS laufend neue Module hinzufügen und stellte Pakete für den Handel, Fertigung und die öffentliche Verwaltung in Aussicht.

Komplexität verbergen

Allerdings muss SAS einen Weg finden, wie sich die komplexe Analysetechnik auch von weniger geübten Anwendern sinnvoll einsetzen lässt. Der Hersteller verwies in Wien darauf, dass die Technik zusehends in die Produkte eingebettet sei und der Benutzer sich dank grafischer Prozesswerkzeuge nicht mit den Algorithmen und Datenmodellen befassen müsse. Mit Hinblick auf gleichlautende Angebote der Konkurrenz hieß es von SAS zudem, dass deren Produkte lediglich die üblichen Auswertungen und Abfragen erlaubten. Wirklich "analytische" Anwendungen entstünden aber erst mit Techniken wie Data- oder Text-Mining. Anders als propagiert finden sich aber schon heute Hersteller wie SPSS, Epiphany, IBM, Oracle oder Microstrategy, die sehr wohl Mining-Technik einsetzen.