Analysten vermissen langfristige Strategie

SAP-Wachstum verlangsamt sich

16.10.1998

Trotz der anhaltenden Asienkrise und negativer Währungseinflüsse habe sich im dritten Quartal der Umsatz um 43 Prozent auf rund zwei Milliarden Mark erhöht. Der prozentuale Anstieg der Kosten inklusive des Mitarbeiter-Beteiligungsprogramms "Star" sowie die Ergebnisse vor Steuern liegen leicht über dem Umsatzwachstum, teilten die Walldorfer weiter mit. Die abschließenden Zahlen werden am 20. Oktober veröffentlicht.

Einen Sturz der SAP-Aktie hatte vor wenigen Wochen eine Studie der Julius Bär Bank ausgelöst. Die Frankfurter hatten das Vorzugspapier von "Halten" auf "Verkaufen" zurückgestuft. Die Begründung der Bär-Analysten: Das zweite Halbjahr werde für den Softwarehersteller "deutlich schlechter als das erste Halbjahr und schlechter als vom Markt erwartet" ausfallen. Dieser Trend werde sich bis in das Jahr 1999 fortsetzen.

Dieser Prophezeiung konnte SAP mit den jüngsten Ergebnissen erst einmal entgegentreten. Für Jochen Klusmann, Analyst bei Julius Bär, ist dies jedoch kein Grund zur Entwarnung: "Die neuesten Zahlen können nicht darüber hinwegtäuschen, daß die SAP eine Strategie vorlegen muß, wie sie langfristig wachsen will", erklärt er. Bevor er seine Einschätzung "Underperformer/ high risk" ändere, müßten die Walldorfer Zahlen über die Zunahme bei Neukunden und über die Aufteilung der Einnahmen nach Produkten, Beratung und Service vorlegen.

Im zweiten Halbjahr 1997 wuchs die Zahl der SAP-Neukunden weltweit über 90 Prozent. Im ersten Halbjahr dieses Jahres waren es gerademal 2,6 Prozent, teilt Klusmann mit. Selbst die Ankündigung neuer Produkte zum Lieferketten-Management oder der Vertriebsautomatisierung werde den Umsatzrückgang im ERP-Umfeld nicht wettmachen. "Der Markt für die neuen Lösungen ist insgesamt kleiner, und SAP trifft dort auf harten Mitbewerb durch Spezialanbieter."

Für das Gesamtgeschäftsjahr 1998 hält der SAP-Vorstand wie in zahlreichen früheren Äußerungen an dem Zuwachs der Einnahmen um 40 Prozent fest. 1997 konnten die Walldorfer um über 60 Prozent zulegen. Der Gewinn vor Steuern soll im laufenden Geschäftsjahr um zirka 30 bis 35 Prozent steigen.