Nachfolger von Vishal Sikka

SAP-Vorstand Leukert hält HANA- und Cloud-Kurs

13.05.2014
SAPs neuer Technik-Vorstand Bernd Leukert hält am bisherigen Kurs fest: HANA soll zur zentralen Plattform für den effizienten Cloud-Betrieb weiterentwickelt werden. Seine Aufgabe ist es, die technische Basis dafür zu schaffen.
Bernd Leukert, SAP-Vorstand Technik: "Ich bin pragmatisch und orientiere mich in meiner Arbeit eng am Kunden."
Bernd Leukert, SAP-Vorstand Technik: "Ich bin pragmatisch und orientiere mich in meiner Arbeit eng am Kunden."
Foto: SAP

In einem ersten Pressegespräch in seiner neuen Funktion als SAP-Technik-Vorstand betonte Bernd Leukert die Gültigkeit der bisherigen SAP-Strategie. Nachdem der bisherige Technikchef Vishal Sikka in der vergangenen Woche überraschend zurückgetreten war, stellte sein Nachfolger nun unmissverständlich klar, dass zum einen die in-Memory-Datenbank HANA weiter im Zentrum der Weiterentwicklung steht, und zum anderen das strategische Ziel weiterhin auf das Cloud Computing ausgerichtet bleibt. Technik und Betriebsmodell zusammenzubringen, wird die vornehmliche Aufgabe seiner knapp 20.000 Köpfe umfassenden, weltweiten Entwicklungsmannschaft sein.

"HANA liefert einen essentiellen Beitrag, um eine Cloud-Umgebung zu vereinfachen. Damit können wir - anders als andere Anbieter - die Cloud profitabel betreiben", sagte der neue SAP-Technik-Vorstand.

Defizite in der Mehrmandantenfähigkeit werden angegangen

Dazu werden die Entwickler daran arbeiten, nach und nach die Datenbank HANA in eine Cloud-Plattform zu überführen. Schwierigkeiten auf dem Weg bereitet derzeit noch die Multimandantenfähigkeit, die es Cloud-Anbietern erlaubt, Ressourcen effektiver einzusetzen, indem sich Kunden Computing- oder Speicherressourcen teilen. "Ja", räumte Leukert ein, "wir haben noch einige Hausaufgaben im Bereich Multitenancy zu erledigen." Die aktuellen Defizite gingen aber nicht zu Lasten der Cloud-Kunden, sondern von SAP selbst, weil man mehr Hardware benötige. Dennoch erlaube HANA einen effizienteren Betrieb, indem an anderen Stellen etwa bei der redundanten Datenhaltung deutliche Vorteile erzielbar seien, versprach Leukert.

Einige wesentliche Meilensteine im lang angelegten HANA-Projekt sieht er bereits erledigt: So habe man schon mit ersten portierten Applikationen den Mehrwert einer in-Memory-Datenbank gegenüber einer relationalen Datenbank nachweisen könne. Mit dem "Business Information Warehouse" wurden die ersten analytischen Applikationen auf den Markt gebracht, die auf HANA-Basis laufen. Last, but not least wurde die Business Suite portiert und so optimiert, dass sie die Möglichkeiten der schnellen Datenbank-Technik ausschöpfen kann.

HANA bleibt eine offene Plattform - auch für Wettbewerber

"Vorausblickend werden wir nicht nur das komplette bestehende Produktportfolio auf HANA zur Verfügung zu stellen, sondern die Plattform um neue Fähigkeiten ergänzen, indem wir viele funktionale Libraries etwa im Bereich Predictive- und Textanalyse hinzufügen. Damit können wir unsere bestehenden Anwendungen anreichern und vereinfachen", zählte Leukert die kommenden Aufgaben auf.

Dennoch soll die Plattform nicht als reine SAP-Technik positioniert, sondern technische Basis für jegliche Art von Applikationen werden. HANA sei offen für alle Anbieter und werde offen bleiben, so der Manager. Das gilt auch für die Applikationen, deren Nutzung nicht zwingend HANA voraussetzen wird. "Sollten Wettbewerber eine konkurrenzfähige, innovative Plattform zur Verfügung stellen, werden wir dem Kunden die Wahl zwischen der SAP-Technik und einem Wettbewerbsprodukt lassen", sagte Leukert.

An die eigene Entwicklungsmannschaft richtete der Manager den Appell zur Zusammenarbeit: "Wir funktionieren als Team und haben die Aufgabe, die SAP gemeinsam nach vorn zu bringen." Dafür sei jeder Mitarbeiter gefordert, seine Kompetenzen und Fähigkeiten einzubringen, die eigenen Wünsche aber dem gemeinsamen Ziel unterzuordnen.

Design Thinking wird Entwicklungsstandard

Bis Jahresende werde er in der ganzen Entwicklungsorganisation die "Design-Thinking"- Methode als Standard einführen. Damit soll die künftige Produktentwicklung näher an den Bedürfnissen der Kunden ausgerichtet werden, so dass Ideen und Anregung schon in einer frühen Phase der Entstehung in eine Software eingearbeitet werden können.

Hinter allen Bestrebungen steht die Annahme, dass die künftige Welt noch viel enger vernetzt sein wird als bislang. Trends wie Machine to Machine (M2M) und das Internet der Dinge werden neue Datenströme, Analyseanforderungen und Geschäftsmodelle entstehen lassen. Leukert betonte mehrfach bevorstehende Veränderungen durch die Industrie 4.0, die in den produzierenden Unternehmen neue Möglichkeiten mit Dienstleistungen schaffen. Im Zentrum aller Neuerungen stehe der Endkunde, an seinen Bedürfnissen müssten sich sämtliche Angebote ausrichten. Hier sieht Leukert die SAP mit der Übernahme des E-Commerce-Anbieters Hybris im Übrigen sehr gut aufgestellt.

Sikka = Visionär; Leukert = Pragmatiker

Leukert strebt im Grunde an, die von Vishal Sikka angestoßenen Arbeiten weiterzuführen. Das kommt nicht überraschend, immerhin hat er als Leiter der Entwicklung der "Business Suite" und "Business One" maßgeblich an der Strategie mitgearbeitet. Im Detail mögen sich Änderungen einstellen: "Vishal ist ein genialer Visionär, der es auf spielerische Art versteht, technische und philosophisch Aspekte zusammenzubringen und zu vermitteln", charakterisierte Leukert seinen Vorgänger. "Ich bin eher pragmatisch und orientiere mich in meiner Arbeit eng am Kunden."