SAP verstärkt sich mit Triversity im Handel

20.09.2005
Der Kauf soll die Scharte der gescheiterten Retek-Übernahme auswetzen.

Die SAP-Verantwortlichen sind bei ihrer Suche nach einem Ersatz für den im März vom Konkurrenten Oracle weggeschnappten Retail-Spezialisten Retek fündig geworden. Das deutsche Softwarehaus gab die Übernahme des kanadischen Anbieters Triversity Inc. bekannt. Der in Toronto ansässige Hersteller befindet sich in Privatbesitz und hat sich auf Lösungen für klassische Point-of-Sale-Systeme (POS), Filialbestandsführung, Kundenbeziehungs-Management sowie Kundenservicelösungen für Filial- und Multi-Channel-Prozesse spezialisiert.

Die Kanadier versorgen rund 250 Handelsunternehmen in 32 Ländern mit ihrer Softwarelösung. Weltweit arbeiten etwa 228 Mitarbeiter für das Softwarehaus. Die Übernahme von Tri- versity will SAP bereits im Oktober dieses Jahres abschließen. Über die finanziellen Details des Deals vereinbarten beide Seiten Stillschweigen. Auch zu Umsatz und Ertrag des kanadischen Anbieters liegen keine Informationen vor.

"Die Übernahme von Triversity bestätigt unsere Strategie, Unternehmen zu kaufen, die unser Lösungsangebot ergänzen und unsere führende Position in Schlüsselbranchen stärken", sagte Bill McDermott, Präsident und CEO von SAP America. "Unsere Strategie ist es nicht, durch Firmenübernahmen Neukunden zu akquirieren, sondern unsere vorhandene Klientel besser zu bedienen." Mit der Point-of-Sale-Lösung von Triversity werde das Lösungsangebot "SAP for Retail" ergänzt. Kunden erhielten damit eine umfassende Handelslösung, die alle Daten vom ersten Kundenkontakt in der Filiale über die Beschaffungskette des Handels bis in die Zentrale verbinde.

Revanche für Retek-Deal

Branchenbeobachter spekulierten bereits seit längerem über einen Zukauf SAPs im Retail-Sektor. Im März dieses Jahres hatte Oracle den Walldorfern den amerikanischen Softwareanbieter Retek Inc. vor der Nase weggeschnappt. Der Datenbankspezialist gewann den kurzen, aber heftigen Schlagabtausch mit einem Gebot von insgesamt 670 Millionen Dollar. SAP-Chef Henning Kagermann wollte damals nach eigenen Angaben aus Rücksicht auf die Aktionäre den Bieterstreit nicht auf die Spitze treiben.

Auch nach dem verlorenen Kampf um Retek, hatte die SAP-Führung wiederholt ihre Bemühungen um den Retail-Sektor bekräftigt. Die Übernahme von Triversity passe zu diesen Plänen, erläutert Scott Langdoc, Analyst von AMR Research. Mit dem kanadischen Anbieter erhalte SAP eine solide Technik, die sich nahtlos in die SAP-Architektur einbinden lasse und mit deren Hilfe Einzelhändler unterschiedlicher Größe adressiert werden könnten. Die Triversity-Übernahme dürfte allerdings nur der erste Schritt SAPs gewesen sein, um die Lösungen für den Handelssektor weiter auszubauen, mutmaßt Langdoc.

Auf SAPs Kundenliste stehen nach eigenen Angaben 2700 Einzelhändler. Jedoch setzen nur 400 von diesen Firmen auch die Branchenlösung SAP for Retail ein. Diesen Anteil wollen die Walldorfer weiter ausbauen. (mb/ba)