Sapphire 2010

SAP stellt sein Geschäft neu auf

18.05.2010
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Die Konkurrenz

SAP bietet den Sybase-Aktionären 65 Dollar je Papier. Das bedeutet einen Aufschlag von 56 Prozent auf den Schlusskurs der Aktie am Vortag der Übernahme-Ankündigung und eine Prämie von 44 Prozent auf den Durchschnittskurs der vergangenen drei Monate. Die Urteile der Finanzexperten zur Höhe des Preises reichen von "großzügig" bis "überteuert". Insider mutmaßen indes, dass die SAP-Verantwortlichen mit dem relativ hohen Gebot möglichen Konkurrenten, die einen Bieterstreit hätten anzetteln können, von vornherein den Wind aus den Segeln nehmen wollten.

Experten spekulieren bereits darüber, dass ein anderes IT-Schwergewicht SAP noch einen Strich durch die Rechnung machen könnte. Mögliche Kandidaten wären Hewlett-Packard und Erzrivale Oracle. HP hat erst kürzlich mit der Übernahme von Palm seine Ambitionen im Mobility-Sektor unterstrichen und muss aus Sicht vieler Analysten dringend etwas gegen seine Schwäche im Softwarebereich unternehmen, um sich gegen Konkurrenten wie IBM behaupten zu können. Big Blue konzentriert sich wegen der attraktiven Gewinnmargen schon seit Jahren verstärkt auf das Software-Business. Mit Barreserven von über zwölf Milliarden Dollar verfügt der US-Konzern außerdem über die notwendigen finanziellen Mittel für weitere großvolumige Übernahmen.

Oracle könnte sich indes als Spielverderber positionieren. Unternehmenschef Lawrence Ellison ließ in der Vergangenheit kaum eine Gelegenheit ungenutzt, um dem ungeliebten Wettbewerber Knüppel zwischen die Beine zu werfen. So grätschte der Datenbank-Primus den deutschen 2005 bei dem Versuch dazwischen, Retek zu übernehmen, einen Spezialisten für Business-Applikationen für den Handel. Im darauf folgenden Bieterwettstreit zog SAP den Kürzeren. Man müsse seinen Aktionären gegenüber verantwortungsbewusst handeln und könne ihnen keinen Preiskampf zumuten, begründete der damalige SAP-Chef Henning Kagermann den Rückzug.

Das Objekt der Begierde

Wer ist Sybase?

Sybase wurde im Jahr 1984 unter dem Namen Systemware gegründet. Ende der neunziger Jahre geriet der auf Datenbanken spezialisierte Softwarehersteller in Schwierigkeiten. Andere Anbieter wie Oracle, IBM und Microsoft bereinigten den Markt und zogen davon. Nachdem viele Experten den Softwareanbieter schon abgeschrieben hatten, schaffte er ein Comeback in neuen Geschäftsbereichen wie Business Intelligence und mobilen Infrastrukturplattformen. Im Geschäftsjahr 2009 erwirtschaftete Sybase einen Umsatz von knapp 1,2 Milliarden Dollar sowie einen Profit von etwa 164 Millionen Dollar.

Allerdings hinterließen der scharfe Wettbewerb und die Wirtschaftskrise zuletzt auch bei Sybase Spuren. Die Verantwortlichen hatten in ihrem jüngsten Jahresbericht durchklingen lassen, dass die Lizenzeinnahmen zurückgehen könnten, sollte es nicht gelingen, die Beziehungen zu Partnern verbessern. Partnerschaften mit Applikationsanbietern sei der einzige Weg für Sybase gewesen, sich im Wettbewerb behaupten zu können, sagt Forrester-Analyst Stefan Ried. Die Übernahme durch SAP sei eine logische Folge dieser Strategie gewesen.

SAPs Übernahmestrategie der vergangenen Jahre war vor allem von kleineren Akquisitionen geprägt, die das eigene Softwareportfolio in erster Linie technisch ergänzen sollten. Einziger Mega-Deal war der Kauf von Business Objects. Co-CEO Hageman Snabe versicherte auf der Sapphire, es gehe SAP nicht darum, Marktanteile zu kaufen. Die Übernahmen von Business Objects und Sybase dienten in erster Linie dazu, die Produkte von SAP weiter voranzubringen.

SAP hat laut dem Finanzdienstleister Thomson Reuters in den zurückliegenden 17 Jahren lediglich 13,4 Milliarden Dollar für Firmenzukäufe ausgegeben. Konkurrent Oracle dagegen wandte allein in der vergangenen Dekade über 42 Milliarden Dollar für Übernahmen auf und schluckte mehr als 60 Unternehmen, darunter IT-Größen wie Peoplesoft, Siebel, Bea Systems und zuletzt Sun Microsystems.

IBM-Chef Samuel Palmisano erklärte erst vor wenigen Tagen anlässlich eines Analystentreffens in New York, er habe seit seinem Amtsantritt im Jahr 2002 etwa 20 Milliarden Dollar für Akquisitionen ausgegeben. Die gleiche Summe will Big Blue in den kommenden fünf Jahren noch einmal in weitere Firmenzukäufe investieren, kündigte der Konzernchef an.