SAP startet nächstes Jahr mit CRM-Hosting

07.12.2005
SAP will im kommenden Jahr in den Markt für On-Demand-CRM (Customer Relationship Management) einsteigen.

Allerdings hat sich die Anpassung der gehosteten Softwarelösung nach Aussagen von Produktvorstand Shai Agassi beim US-Analystentag des Walldorfer Konzerns in Las Vegas als kompliziert erwiesen. Testprojekte liefen seit geraumer Zeit. Das Unternehmen wolle sich aber die Zeit nehmen, sein Angebot zu perfektionieren und es in einem "Quiet Launch" herausbringen, sobald es ausgereift sei.

"Wir werden keine Ankündigung im Stil von Siebel machen", erklärte Agassi mit Blick auf den CRM-Wettbewerber, der seinen Einstieg in den Hosting-Markt im Jahr 2003 unter großem Presserummel herausposaunt hatte. Der damalige CEO Tom Siebel hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt und erklärt, seine Firma werde innerhalb eines Jahres den On-Demand-Markt dominieren. Stattdessen läuft Siebel weiterhin dem Pionier Salesforce.com hinterher, der 350.000 Abonnenten für seine Lösung hat; Siebel kommt gerade einmal auf 44.000.

Aufgrund des Erfolgs von Salesforce.com geraten auch die großen ERP-Anbieter (Enterprise Resource Planning) SAP und Oracle zunehmend unter Druck, gehostete CRM-Lösungen als Managed Service zu offerieren - interessant gerade für kleine und mittlere Anwender, die damit ihren IT-Aufwand verringern können. Siebels "OnDemand"-Service geht mit Abschluss der geplanten Übernahme in den Besitz von Oracle über. Auch Microsoft bietet seinen Partnern eine spezielle Lizenz für den Fall an, dass diese sein "Dynamics CRM" als Service anbieten wollen.

Gerüchte um einen Einstieg von SAP in den Markt für gehostete Lösungen waren bereits im Vorfeld der diesjährigen Hausmesse Sapphire aufgekommen, eine Ankündigung gab es dann aber doch nicht. Manager der Walldorfer bestätigten später, das Unternehmen arbeite an einem gehosteten Produkt noch für dieses Jahr. Agassi zufolge ist aber 2006 der wahrscheinlichere Starttermin. "Wir gehen dann an den Markt, wenn wir ein Produkt haben, das den Bedürfnissen kleiner Firmen entspricht. Wir werden unsere Pläne erläutern, wenn wir so weit sind."

Mit dem 2002 zugekauften "Business One" bietet SAP bereits eine Midmarket-Lösung an. Allerdings ist diese preislich so hoch angesiedelt, dass sie für wirklich kleine Unternehmen uninteressant ist. Das Unternehmen sieht unterhalb von Business One noch einen Markt für eine Vertriebs-, Service- und Marketing-Lösung für Kunden mit wenig oder keinem IT-Support, die ein intuitives und leicht zu verwaltendes Produkt suchen - und daran wird gearbeitet.

"Wir sind noch nicht so weit. Ich denke, es gibt immer noch eine Menge Dinge, die wir aus dem Produkt herausnehmen können", so Agassi. "Wenn man darüber nachdenkt, kann man Produkte vereinfachen. Jedermann hat früher gesagt, der iPod sei das einfachstmögliche Produkt, aber dann kam jemand und meinte: 'Wir können den Bildschirm rausnehmen'. Und dann bekommt man den iPod shuffle, der zum Bestseller wird."

Hosting wird für SAPs neues CRM-Angebot eine Option, ist aber aus Sicht des Herstellers nicht die Geheimwaffe, um die Komplexität zu reduzieren. Salesforce.com ist zwar im Bereich Vertriebsunterstützung erfolgreich, aber es ist deutlich riskanter, das gesamte ERP-Spektrum als Service anzubieten. Manche Firmen, auch kleinere, würden laut Agassi niemals ihre operativen Kernprozesse einem externen Dienstleister überlassen.

Wenn ein CRM-Hoster ausfalle, könne ein Unternehmen zur Not ein paar Tage auch ohne Zugriff auf die Vertriebssysteme überleben. Fatal sei aber beispielsweise ein Ausfall von Systemen für die Buchhaltung oder die Auftragsbearbeitung. "Die Leute werden bei Edge-Prozessen eher ein Risiko eingehen als bei Kernprozessen", so Agassi weiter.

Im Markt für gehostete betriebswirtschaftliche Standardsoftware gibt es bereits einige Anbieter mit kompletten ERP-Lösungen - zum Beispiel Netsuite, das rund 8000 Firmen bedient. Der Dienstleister hat kurze, angekündigte Wartungsfenster für seine Systemwartung, aber laut CEO Zack Nelson bislang keine größeren Ausfälle. "In den letzten zwölf Monaten haben wir mit 99,9 Prozent Verfügbarkeit ausgeliefert", erklärte Nelson. "Unsere Anwendungen sind weit besser erreichbar als intern betriebene." (tc)