SAP spürt heißen Atem von US-Konkurrent Oracle im Nacken

12.01.2007
Die gute Laune von SAP-Chef Henning Kagermann hielt nicht lange an.

Nur zwei Tage nach der Ankündigung seiner Vertragsverlängerung musste der erfolgsverwöhnte Vorstandsvorsitzende der Walldorfer Softwareschmiede eine herbe Schlappe einstecken. Während Hauptkonkurrent Oracle Quartal für Quartal starke Zahlen vorlegt, verfehlte der Weltmarktführer bei Unternehmenssoftware sein Wachstumsziel für das Jahr 2006 deutlich. Eine entscheidende Ursache für das schwache Abschneiden beim Verkauf von Softwarelizenzen ist ein Einbruch des Geschäfts in Amerika - dem Heimatmarkt des US-Konzerns Oracle.

Kagermann hatte sich bereits im Laufe des Jahres von einem neuen Rekordergebnis für das DAX-Schwergewicht verabschiedet und war beim Ausblick spürbar zurückgerudert. Das Ziel, den Softwarelizenzumsatz um 15 bis 17 Prozent auszubauen, werde zwar erreicht, versicherte der Chef des Softwarehauses bei der Veröffentlichung der Ergebnisse für das dritte Quartal. Die Wachstumsrate werde aber voraussichtlich nur am unteren Ende der Spanne liegen. Unter dem Strich erzielte SAP im abgelaufenen Geschäftsjahr aber lediglich ein Plus von elf Prozent auf 3,1 Milliarden Euro.

Mit dieser Entwicklung stellt sich nun die Frage, ob die Strategie von SAP im Kampf um die Marktführerschaft bei Unternehmenssoftware richtig ist. Während Oracle-Boss Larry Ellison durch eine aggressive Einkaufspolitik und die Übernahme der direkten Konkurrenten PeopleSoft und Siebel Kunden und Marktanteile gewinnen will, setzt der deutsche Konzern bewusst auf organisches Wachstum und vor allem neue Produkte.

Bis zum Jahr 2010 soll die Angebotspalette nahezu komplett erneuert werden. Speziell durch die neu entwickelte Prozessplattform "NetWeaver" verspricht sich SAP einen Innovationsvorsprung vor dem US-Unternehmen. Die bisherige Auffassung der Walldorfer Softwareentwickler war, dass Oracle durch seine viele Akquisitionen in Höhe knapp 20 Milliarden Dollar (rund 15,5 Milliarden Euro) zwar kräftig wächst. Das Unternehmen werde aber Schwierigkeiten haben, die unterschiedlichen Systeme der Firmen zu einem optimalen Produkt zu verschmelzen.

Diese Rechnung scheint nicht aufzugehen: Erst Ende des Jahres legte Oracle-Chef Larry Ellison einen Quartalsbericht mit einem Anstieg der Softwarelizenzumsätze um 23 Prozent auf 3,2 Milliarden Dollar vor. Die Lizenzumsätze sind für die Softwarehäuser eine entscheidende Größe, weil der Verkauf neuer Software Umsätze mit Wartung, Service und Beratung nach sich zieht.

Nach dem geringsten Wachstum seit Anfang 2004 ist SAP nun auch in der Gunst der Analysten gesunken. "Wir erwarten auch ein schwaches Jahr 2007", teilten die Experten der US-Großbank J.P. Morgan mit. SAP sei zwar nach wie stark aufgestellt, erklärten die Analysten von Goldman Sachs. Es sei jedoch fraglich, ob Europas größter Softwarehersteller das Wachstumstempo der vergangenen Jahre halten wird.

Zweifel wurden auch an der Profitabilität der Softwareschmiede laut. Seitdem SAP-Vordenker Kagermann im Herbst die Margenprognose für 2007 zurücknahm, entwickelt sich die Aktie deutlich schlechter als die Vergleichsindizes. Am Freitag sank der Marktwert des DAX-Unternehmens vor allem wegen der Zweifel über das künftige Wachstumstempo zeitweise um mehr als neun Prozent oder rund fünf Milliarden Euro. (dpa/tc)