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SAP sieht sich trotz roter Zahlen als Gewinner

19.07.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Trotz rückläufiger Lizenzeinnahmen sieht sich der Walldorfer Softwarekonzern SAP besser positioniert als die Konkurrenz. "Wir haben im ersten Halbjahr 2002 Marktanteile hinzugewonnen", erklärte Vorstandssprecher Hasso Plattner, ohne dies jedoch mit Zahlen zu belegen. Plattner zeigte sich zuversichtlich, das sein Unternehmen diesen positiven Trend fortsetzen werde.

Andere Tendenzen sind auf den ersten Blick jedoch gar nicht so positiv zu sehen - wenn man die jüngsten Schlappen der Konkurrenten Siebel und i2 einmal außer Acht lässt: Die Einnahmen aus dem margenträchtigen Lizenzverkauf gingen im vergangenen zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 23 Prozent von 646 Millionen auf 496 Millionen Euro zurück. Dabei brach vor allem der Umsatz mit Lizenzen für SCM-Software (Supply Chain Management) um 31 Prozent auf 104 Millionen Euro ein. Mit den Lizenzeinnahmen bei "mySAP CRM" (Customer Relationship Management) lagen die Walldorfer mit 101 Millionen Euro dagegen fast noch auf Vorjahresniveau (104 Millionen Euro). Im weniger lukrativen Beratungsgeschäft konnte der Konzern den Umsatz von 529 Millionen auf 545 Millionen Euro steigern.

Insgesamt verzeichnete SAP im zweiten Quartal einen Umsatzrückgang um vier Prozent auf 1,78 Milliarden Euro. Wenig überraschend kam der entstandene Nettoverlust von 232 Millionen Euro, nachdem der Konzern bereits in der vergangenen Woche vorläufige Zahlen bekanntgegeben hatte (Computerwoche online berichtete). Grund waren Abschreibungen für Akquisitionen und Wertberichtigungen, die das Ergebnis mit insgesamt 409 Millionen Euro belasteten. Allein für Wertminderungen bei der rund 20-prozentigen Beteiligung an Commerce One wies das Unternehmen Abschreibungen von 315 Millionen Euro aus. Diese Einmaleffekte unberücksichtigt erzielte SAP einen Konzerngewinn von 175 Millionen Euro oder 56 Cent pro Aktie. Im Vorjahresquartal hatten die Walldorfer noch einen Nettoprofit von 233 Millionen Euro beziehungsweise 75 Cent je Anteil erwirtschaftet. Das operative Ergebnis ohne

Berücksichtigung von Mitarbeiter-Boni und Akquisitionskosten belief sich auf 324 Millionen Euro - 100 Millionen weniger als im Vorjahresquartal. Die operative Marge sank von 23 auf 18 Prozent.

In der ersten Jahreshälfte kletterte der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um zwei Prozent auf 3,44 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis verringerte sich von 657 auf 561 Millionen Euro. Unter dem Strich verbuchte der Walldorfer Softwarekonzern einen Verlust von 167 Millionen Euro.

Für das laufende Jahr bestätigte SAP die vor einer Woche reduzierte Wachstumsprognose von fünf bis zehn Prozent (bei leichter Markterholung). Zuvor hatten die Walldorfer noch einen Zuwachs von 15 Prozent in Aussicht gestellt. Angesichts des schwachen Softwaregeschäfts halten Analysten auch dieses neu formulierte Wachstumsziel für zu optimistisch (Computerwoche online berichtete). Außerdem bezweifeln viele Experten, dass SAP die prognostizierte Gewinnmarge von 21 Prozent ohne drastischen Stellenabbau erreichen kann. Das Softwarehaus will bis Jahresende lediglich freiwerdende Arbeitsplätze nicht neu besetzen und damit rund 600 Jobs einsparen. Ende Juni beschäftigte der Konzern weltweit 29.354 Mitarbeiter. (mb)