SAP R/3-Migration: Die Qual der Wahl

27.10.2005
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany

Vorteile wenig bekannt

Doch einigen Anwendern sind die Vorzüge des neuen ERP-Produkts schlicht nicht präsent. Speziell bei der Vermarktung von Mysap ERP hat der SAP-Vertrieb nach den Worten von Berater Jacob zum Teil Erklärungsprobleme. Beispielsweise wollte ein IT-Leiter seinen Vorstand vom Mysap-Vertrag überzeugen, konnte aber den betriebswirtschaftlichen Mehrwert nicht darlegen. Das Unternehmen halte nun am alten R/3-System fest, und nimmt höhere Wartungsgebühren in Kauf.

Michael Jacob, Sercon, Coburg  Foto: Joachim Wendler
Michael Jacob, Sercon, Coburg  Foto: Joachim Wendler

Andere hätten den Vertrag für die Mysap Business Suite letztes Jahr nur deshalb unterschrieben, um so höhere Anrechnungen ihrer bestehenden R/3-Investitionen ausschöpfen zu können. Je später sie einen Mysap- oder Mysap-ERP-Vertrag abschließen, desto geringer fällt der Anrechnungsbetrag aus. Sind die Mysap-Lizenzen einmal erworben, versäumen es viele Käufer, den tatsächlichen Nutzen daraus zu ziehen. "Die haben den Vertrag in der Schublade, ohne genau zu wissen, was sie damit tun sollen", so Jacob. "Hier gilt es mit den SAP-Anwendern zusammen zu analysieren, welche Funktionen sinnvoll sind."

XI-Einsatz kostet (zu) viel

Auch die Plattform Netweaver kommt nicht bei allen Kunden so an, wie es SAP gern hätte. Firmen hätten durchaus Interesse, zum Beispiel ihre Integrationsprobleme mit dem Netweaver-Bestandteil "Exchange Infrastructure" (XI) zu lösen. Allerdings schreckten viele dann vor den Preisen zurück. Langfristige Kostenvorteile durch schnellere Entwicklungs- und Anpassungszyklen, sowie geringere Pflegekosten der Schnittstellen, unterlägen hier häufig dem Aufwand für die ersten Investitionen in XI. Kunden nutzten daher oft während eines Übergangszeitraums XI für interne Schnittstellen und blieben bei älteren SAP-Techniken, wenn es um externe Anbindungen geht. Als kurzfristige Investitionsentscheidung sei dies zu verstehen, bringe aber mittel- und langfristig Nachteile, da Investitionen in Technik und Know-how lediglich verschoben würden. Die Umstellung müsse dann zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Die Kostenproblematik kann Hieke vom Flughafen München bestätigen. Da die derzeitige Nutzung des Business Connectors kostenlos erfolge, sei nicht nachzuvollziehen, warum der Datentransfer mittels XI kostenpflichtig sein solle. "An den Preisen für XI muss sich etwas ändern", fordert Hieke.

Wollen Unternehmen XI dafür einsetzen, Schnittstellen zu Drittsystemen zu realisieren, kassiert SAP Geld. Eine reine SAP-zu-SAP-Integration kostet hingegen nichts. Laut Hieke verhält es sich mit dem Netweaver-Element "Master Data Management" zur Stammdatenverwaltung und -harmonisierung ähnlich: "Das Interesse ist da, doch der Preis ist nicht akzeptabel."