SAP R/3-Migration: Die Qual der Wahl

27.10.2005
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany

Wenige wollen noch auf R/3 4.7

Nach den Erfahrungen von Michael Jacob, Leiter des SAP Competence Center bei der IBM-Tochter Sercon, treffen Kunden wegen ihrer individuellen Ausgangssituationen auch sehr unterschiedliche Entscheidungen bezüglich des Upgrades von R/3. Viele Firmen, die R/3 4.6C nutzen, überlegen derzeit, wo sie hinwollen: 4.7 oder ECC. Der Flughafen München zähle da eher zur Minderheit, denn nur wenige erwägten den Umstieg auf Mysap ERP mit einem Zwischenstop über R/3 4.7, sondern wechselten lieber gleich auf die aktuelle ERP-Technik. Unter den Zögerlichen sind solche die - wenn auch unbegründet - eine gewisse Angst haben vor der neuen Technik aus Walldorf.

Die meisten der von Jacob beratenen Kunden sind klassische R/3-Anwender. Viele fahren logisch getrennte Systeme für Branchenanwendungen, ERP sowie das Personalwesen. Statt alle diese SAP-Umgebungen gleichzeitig zu aktualisieren, würden einige Firmen beispielsweise zunächst die HR-Lösung von R/3 auf Mysap ERP 2004 migrieren und die restlichen Applikationen später nachziehen. Jacob zufolge bedeutet eine solche Migration in den allermeisten Fällen ein Eins-zu-Eins-Upgrade von R/3 auf die ECC, wie ihn Melitta vollzogen hat.

Zehn Stunden Downtime

Die technische Migration auf ECC bereitete Melitta keine großen Schwierigkeiten. Deges zufolge betrug die Nichtverfügbarkeit des ERP-Systems ("Downtime") zehn Stunden und fiel damit kürzer aus als erwartet. "Für den Umstieg hatten wir absichtlich das lange Pfingstwochenende gewählt, ein normales Wochenende hätte aber ausgereicht." Dem Systemwechsel ging eine umfangreiche Planung voraus, da zahlreiche Landesgesellschaften des Konzerns sowie deren Anwender einbezogen werden mussten. Darüber hinaus musste Deges und sein Team quasi parallel ein neues Berechtigungskonzept aufsetzen, was ebenfalls den ERP-Umstieg beeinflusste. "Es hätte keinen Sinn gehabt, das Berechtigungskonzept auf dem Altsystem umzustellen." Dieser Schritt wurde erst im Juli vollzogen, als die neue Software bereits lief.

ERP-Umgebung Melitta
  • Zentrales ERP-System am Hauptsitz in Minden;

  • Beteiligung am Ramp-Up von Mysap ERP 2004;

  • Migration von R/3 4.5B auf die ECC.

Beim Flughafen München nimmt das hauseigene Customer Competence Center (CCC) die Release-Wechsel vor. Schwierigkeiten gab es bei der Einführung des neuen SEM nicht.

Den Support seitens SAP lobt Hieke. Auch der obligatorische "Ramp-Up-Coach", den SAP stellt, habe gut mit dem Team zusammengearbeitet. Auf diesen Coach konnte man bei Melitta verzichten: "Die Funktion und die konkreten Aufgaben der Ramp-Up-Coaches waren für uns nicht transparent gewesen, so dass wir nach Gesprächen mit SAP und unserem IT-Dienstleister das Coaching nicht in Anspruch nehmen mussten", so Deges. Grundsätzlich war der IT-Manager mit dem SAP-Support während des Migrationsprojektes zufrieden. Die Zusammenarbeit mit Walldorf habe gut funktioniert, das Gros der Probleme wurde schnell behoben. Allerdings würde Melitta nicht unbedingt wieder an einem Ramp-Up-Verfahren teilnehmen.

ERP-Umgebung Flughafen München
  • R/3 4.7

  • BW 3.5;

  • SEM 4.0

  • Mysap SRM

  • "Netweaver Mobile Infrastructure".

Kunden, die lediglich ein Eins-zu-Eins-Upgrade von R/3 auf ECC fahren, passen allerdings gar nicht in das Bild, das die SAP von Mysap ERP 2004 zeichnet. Der R/3-Nachfolger soll nämlich der erste Schritt in Richtung der "Enterprise Services Architecture" sein und den Anwendern zudem die Ablauf- und Integrationsumgebung "Netweaver" näher bringen. Doch wenn überhaupt, dann nutzen Firmen nur ganz bestimmte Netweaver-Bestandteile, zum Beispiel das "Netweaver Portal" (vormals "Enterprise Portal").

ilid_48Auch der Entschluss der R/3-Kunden, einen Mysap-Vertrag abzuschließen, begründet sich nicht unbedingt immer in der Funktionsvielfalt des neuen Produkts. "Manche R/3-Kunden entscheiden sich jetzt für Mysap ERP, weil dort zum Beispiel die Lizenzen für das Business Information Warehouse enthalten sind", hat Jacob festgestellt. Das Lizenz-Bundling sei gefragt, weil R/3-Nutzer unter anderem das Netweaver Portal und BW erwerben müssten. Diese Lizenzen sind bei Mysap ERP bereits enthalten. "Rund die Hälfte unserer Kunden schließt Mysap-ERP-Verträge ab, weil sie so günstiger an Netweaver-Bestandteile kommen."