Die strategische Herausforderung

SAP - Quo vadis? (Teil 1)

28.08.2014
Von 
Michael Fuchs ist promovierter Wirtschaftsinformatiker. Sein beruflicher Werdegang ist durch SAP geprägt. In 25 Jahren sammelte er vielschichtige Erfahrungen zunächst als SAP-Anwender in Konzernen wie der AEG oder FAG Kugelfischer. Danach arbeitete er als SAP-Partner und –Konkurrent bei der IDS Scheer und Accenture. Schließlich war er bei der SAP selbst in verschiedenen Rollen sowohl für das Software-Geschäft als auch das Consulting verantwortlich. Zuletzt verantwortete er das gesamte SAP-Consulting-Geschäft in DACH.

Zurückblickend muss man sagen: 2008/2009 war nichts von einem Aufbruch zu spüren. Die Produktstrategie war nicht mehr erfolgversprechend, die Release-Strategie zu komplex, eine Plattformstrategie war nicht mehr erkennbar - und in Summe war keine nachhaltige Wachstumsstrategie für das Unternehmen in Sicht. Das drückte merklich auf die interne und Stimmung und auf die von Partnern und Kunden. Es musste etwas geschehen.

Und es geschah etwas. Hasso Plattner selbst kündigte im Frühjahr 2010 SAP-HANA als neue Datenbanktechnologie der SAP an. Mit diesem Paukenschlag schaffte es die SAP, sich vom Image eines in die Jahre gekommenen Softwareherstellers für betriebswirtschaftliche Anwendungen zu lösen und zum Vorreiter für zukunftsorientierte In-memory-Lösungen zu werden - und das in beeindruckend kurzer Zeit. Damit brachte sie sich in Position, um den Markt mit dem gut eingeführten Kundenstamm (aktuell über 250.000 Bestandskunden) neu aufzumischen. Das war nötig, weil der adressierbare Markt an Neukunden durch den hohen Verbreitungsgrad von SAP immer kleiner wurde.

In diesem Frühjahr 2010 ging ein richtiger Ruck durch die Firma - endlich. HANA war in aller Munde und weitere darauf basierende Ideen wurden geboren. Doch damit nicht genug: Die Unternehmensstory wurde wieder rund. Exogene Business-Trends wurden validiert und konsequent in eine globale Strategie überführt. Beispielsweise war schnell klar, dass die SAP als globales Unternehmen das Thema Cloud Computing bedienen musste, ob sie nun wollte oder nicht. Auch wenn deutsche Anwender dem Thema sehr kritisch gegenüber standen, so war es doch international gesetzt, vor allem in Nordamerika und Asien.

Heute basiert die Unternehmens-Story auf fünf wesentlichen Pfeilern, SAP bezeichnet sie als Marktkategorien: Anwendungen, Analytics, Mobility, Cloud sowie Datenbanken & Technologie mit der SAP HANA als Plattform.

Eine gelungene Neuausrichtung

SAP baut damit auf seinen traditionellen Stärken, den betriebswirtschaftlichen Anwendungen und der Expertise in Analytics auf. Kein anderes Unternehmen der Softwareindustrie, hat so umfassendes betriebswirtschaftliches Prozess-Know-how. Dabei wurde früh erkannt, dass sich durch die Möglichkeiten der Mobiltechnologie die Art und Weise wie Anwender mit Software arbeiten und damit auf ihre Prozesse zugreifen grundsätzlich ändert. Prozesse können jederzeit und überall mit Daten gefüttert und analysiert werden. Entscheidungen fallen unabhängig vom physischen Arbeitsplatz oder der Arbeitszeit. Daher passt dies strategisch hervorragend, um die Bearbeitung von Prozessen "alltags- und zukunftstauglich" zu machen.

SAP hat früh erkannt, dass sich durch die Möglichkeiten der Mobiltechnologie die Art und Weise, wie Anwender mit Software arbeiten, grundsätzlich ändert.
SAP hat früh erkannt, dass sich durch die Möglichkeiten der Mobiltechnologie die Art und Weise, wie Anwender mit Software arbeiten, grundsätzlich ändert.
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Mit der In-memory-Technologie HANA verfügt die SAP über ein Werkzeug, das die bis dato voneinander künstlich separierten transaktionalen und analytischen Welten, also die Prozessschritte mit ihren Inhalten und deren Analyse, vereint. Damit können zum einen IT-Architekturen erheblich vereinfacht werden, da viele Business-Warehouse-Konstrukte zur Aggregation von Daten überflüssig werden. Vor allem aber werden nun Auswertungen gigantischer Datenvolumina in nahezu Echtzeit möglich. Dadurch können für Unternehmen wieder echte Mehrwerte entstehen - und zwar dort, wo Auswertungszeit Geld bedeutet. Damit ist nicht das Sparen von Rechenzeit und -kosten gemeint, sondern die Chance, Business-Entscheidungen aufgrund augenblicklicher Verfügbarkeit von entscheidungsrelevanten Informationen zu fällen. Komplettiert wird die Unternehmens-Story durch das Cloud-Konzept: SAP hat angekündigt, sein Portfolio nach und nach aus der Cloud heraus anzubieten. Das verspricht dem Kunden einfachere und schnellere Implementierungsprojekte, reduzierbare Aufwände für Wartung und Betrieb sowie darüber hinaus mehr Flexibilität in der Lizenzpolitik.

Zu schön, um wahr zu sein?

Auf den ersten Blick erscheinen die Zukunftsaussichten also für SAP und seine Kunden wieder rosig. Doch wir alle wissen, dass ein guter Plan nur die halbe Miete ist. Grund genug also, sich die Herausforderungen und mögliche Stolpersteine im nächsten Teil unserer Analyse genauer anzusehen. Schließlich geht es hier nicht nur um SAP, sondern um ein ganzes Ökosystem an Partnern - und um Anwender rund um den Globus. (bw)